Lässt Übergewicht das Gehirn schneller altern?
Übergewicht hat Folgen für den gesamten Organismus. Hiervon ist auch das Gehirn nicht ausgenommen. So zeigen übergewichtige und fettleibige Menschen im mittlere Alter einen deutlichen Rückgang des Volumens der sogenannten Weißen Substanz in ihrem Gehirn. Dies haben Wissenschaftler der Universitäten Cambridge und Yale in einer aktuellen Untersuchung herausgefunden. Das Gehirn von Menschen mit Adipositas zeigt laut Aussage der Forscher Veränderungen, wie sie bei Normalgewichtigen erst zehn Jahre später auftreten.
Das Volumen der Weißen Substanz geht mit dem Alter natürlicherweise zurück. Doch haben sich in den vergangenen Jahren die Hinweise darauf verdichtet, dass auch Übergewicht einen Einfluss auf diesen Prozess haben könnte, so die Mitteilung der University of Cambridge. Fettleibigkeit, die bereits eindeutig mit einem erhöhten Risiko für Diabetes, Krebs und Herzkreislauf-Krankheiten in Zusammenhang gebracht wurde, könnte demnach den Rückgang der Weißen Substanz beschleunigen Die britischen Wissenschaftler haben dies nun in ihrer aktuellen Studie überprüft. Ihre Ergebnisse wurden in dem Fachmagazin „Neurobiology of Aging“ veröffentlicht.
Auffallende Unterschiede im Volumen der Weißen Substanz
Das Forscherteam untersuchte anhand von 473 Personen im Alter zwischen 20 und 87 Jahren mögliche Auswirkungen der Fettleibigkeit auf die Struktur des Gehirns. Die Wissenschaftler teilten die Probanden anhand des Body-Mass-Index (BMI) in eine normalgewichtige Kontrollgruppe (246 Personen), Übergewichtige (150 Personen) und Adipositas-Patienten (77 Personen) auf und überprüften deren Gehirnstruktur mittels MRT-Aufnahmen. Bei den übergewichtigen und fettleibigen Studienteilnehmern waren hier im Vergleich zu den Normalgewichtigen „auffallende Unterschiede im Volumen der weißen Substanz“ festzustellen, berichten die Forscher.
Abweichungen im mittleren Alter besonders groß
Übergewichtige und fettleibige Personen zeigten laut Aussage der Wissenschaftler eine weit verbreitete Reduktion in der Weißen Substanz im Vergleich zu der Kontrollgruppe. Weiße Substanz ist das Gewebe, welches die Bereiche des Gehirns miteinander verbindet und die Informationsübermittlung zwischen den Regionen ermöglicht, erläutern die Forscher weiter. Diese gehe mit dem Lebensalter natürlicherweise zurück.
Bei Menschen mit Übergewicht jedoch offensichtlich etwas schneller. Die Unterschiede beim Volumen der Weißen Substanz seien zwischen den Untersuchungsgruppen im mittleren Alter besonders drastisch ausgefallen, was darauf hindeute, „dass unser Gehirn besonders während dieser Zeit des Alterns anfällig sein kann“, erläutert Studienautor Professor Paul Fletcher von der Cambridge University.
Auswirkung der veränderten Gehirnstrukturen unklar
Die Forscher berichten, dass übergewichtige Personen im Alter von 50 Jahren bei den Untersuchungen ein vergleichbares Volumen der weißen Substanz aufwiesen, wie schlanke Person im Alter von 60 Jahren. Allerdings stellten die Wissenschaftler, trotz der deutlichen Unterschiede im Volumen der weißen Substanz zwischen schlanken und übergewichtigen Personen, keinen Zusammenhang zwischen Übergewicht oder Fettleibigkeit und den kognitiven Fähigkeiten der Studienteilnehmer fest. Welche Folgen die Unterschiede haben, bleibt demnach offen.
Zusammenhang zwischen Gehirnstrukturen und Übergewicht genauer untersuchen
Wieso „Menschen, die übergewichtig sind, eine größere Verringerung der Menge der weißen Substanz zeigen“, ist laut Co-Studienautorin Dr. Lisa Ronan von der Universität Cambridge „bislang unklar“.
Die Forscher können nach eigenen Angaben nur „darüber spekulieren, ob Fettleibigkeit in irgendeiner Weise diese Veränderungen verursacht oder ob Fettleibigkeit eine Folge der Veränderungen im Gehirn ist.“ Auch stelle sich die Frage, ob die Veränderungen möglicherweise bei einer Gewichtsreduktion reversibel wären. In jedem Fall müsse in weiteren Studien der Zusammenhang zwischen der Gehirnstruktur und Übergewicht beziehungsweise Adipositas genauer untersucht werden. (fp)
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