Propionsäure fördert Schutz und Regeneration von Nervenzellen
Propionat ist das Salz einer kurzkettigen Fettsäure, das natürlicherweise im Darm beim Abbau von Ballaststoffen entsteht. Ein deutsches Forschungsteam fand nun heraus, dass Propionsäure für die Behandlung von Autoimmunerkrankungen nützlich sein könnte, da sie zum Schutz von Nervenzellen sowie zu deren Regeneration beiträgt.
Eine Arbeitsgruppe des St. Josef Hospital Bochum hat im Rahmen einer aktuellen Studie gezeigt, dass Propionat Nerven schützen und bei ihrer Regeneration helfen kann. Dies könnte zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen eingesetzt werden. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „PNAS“ publiziert.
Propionsäure könnte bei Multipler Sklerose helfen…
Bereits in früheren Untersuchungen hatte das selbe Forschungsteam nachgewiesen, dass Betroffene mit Multipler Sklerose (MS) einen Mangel an Propionat aufweisen. Die Forschenden konnten ebenfalls zeigen, dass Patientinnen und Patienten mit MS von einer zusätzlichen Propionat-Einnahme profitieren können.
… sowie bei CIDP
Die aktuelle Arbeit legt nahe, dass die Substanz auch bei einer chronisch entzündlichen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) helfen könnte. Typisch für diese autoimmunologische Nervenkrankheit sind Symptome wie Gefühlsstörungen, Muskelschwäche und chronische Schmerzen.
Bei CIPD wird die Ummantelung der Nervenzellen abgebaut
Die Ursachen der Erkrankung gelten als nicht ausreichend verstanden. Bekannt ist jedoch, dass das Immunsystem der Betroffenen die Nerven in Armen und Beinen angreift. Dabei wird die isolierende Ummantelung der Nervenzellen, die sogenannte Nervenscheide, zunehmend abgebaut bis die Zellen letztlich absterben.
„Aktuell verfügbare Medikamente sind sehr teuer und wirken vor allem auf das Immunsystem“, erläutert Dr. Thomas Grüter, der zusammen mit Dr. Kalliopi Pitarokoili die Studie leitete. Nervenschützende und regenerative Therapie stehen Grüter zufolge bislang nicht zur Verfügung.
Propionat trägt zum Schutz von Nervenzellen bei
Das könnte sich jedoch bald ändern. Wie das Team in Zellkulturen sowie in Tierversuchen belegen konnte, sterben Nervenzellen durch die Gabe von Propionat weniger häufig ab und wachsen schneller nach. Insgesamt waren die Nervenzellen durch das Propionat besser vor den Auswirkungen von oxidativen Schäden geschützt.
Durch die Experimente erlangte die Arbeitsgruppe auch neue Einblicke in die zugrundeliegenden Wirkmechanismen von Propionat. Die Substanz bindet an einen Rezeptor, der als FFAR3 bezeichnet wird. Dieser befindet sich unter anderem auf der Oberfläche von Nervenzellen.
Durch die Bindung wird die Produktion von Enzymen und Eiweißstoffen angeregt, die der Zelle helfen, sich zu regenerieren und vor schädlichen Einflüssen zu schützen. Wie sich Propionat tatsächlich auf Betroffene mit CIDP auswirkt, muss jedoch erst noch in einer klinischen Studie getestet werden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Klinikum Bochum: Propionsäure im Darm schützt die Nervenzellen (veröffentlicht: 23.01.2023), klinikum-bochum.de
- Thomas Grüter et al.: Propionate exerts neuroprotective and neuroregenerative effects in the peripheral nervous system; in: PNAS (2023), DOI: 10.1073/pnas.2216941120, pnas.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.