Immunmechanismen des Bauernhof-Effekts identifiziert
Zahlreiche Studien haben die übertriebene Hygiene im Alltag bereits mit gesundheitlichen Nachteilen in Zusammenhang gebracht, wobei insbesondere das erhöhte Risiko von Autoimmunerkrankungen beziehungsweise Allergien im Vordergrund stand. Im Gegenzug wurden hier Vorteile des Lebens in landwirtschaftlicher Umgebungen festgestellt, welche auf den vermehrten Kontakt mit mikrobiellen Lebensformen zurückgeführt werden. Wissenschaftler des Universitätshospitals Genf haben nun in einer aktuellen Studie die zugrunde liegenden Immunmechanismen genauer untersucht.
Das Aufwachsen auf dem Bauernhof bietet einen lang anhaltenden Schutz gegenüber Allergien, wobei das Leben im mikrobiellen Umfeld der Nutztiere entscheidend ist, um diese schützende Wirkung zu induzieren, erläutert das Forscherteam um Philippe Eigenmann vom Universitätshospital Genf. Welche Immunmechanismen hierfür verantwortlich sind, bleibe allerdings bislang unklar. Dies haben die Forscher nun anhand eines Mausmodells versucht herauszufinden und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Clinical & Experimental Allergy“ veröffentlicht.
Hygiene als Ursache von Erkrankungen?
Zwar lässt sich durch eine gründliche Hygiene die Übertragung von Infektionskrankheiten minimieren, aber die fehlende Auslastung des Immunsystems hat auch ein erhöhtes Risiko für Autoimmunerkrankungen und Allergien zur Folge, so die Kernaussage der sogenannten Hygiene-Hypothese. Heuschnupfen, Asthma, Neurodermitis und zahlreiche weitere Erkrankungen sind demnach im Zusammenhang mit übertriebener Hygiene zu sehen. Das Leben in landwirtschaftlicher Umgebung hat hier jedoch eine schützende Wirkung, wie sich auch in der aktuellen Studie bestätigt.
Mäuse-Kolonien auf dem Bauernhof und im Labor untersucht
Die Wissenschaftler nutzten ein Mausmodell, um die Effekte des mikrobiellen Umfeldes des landwirtschaftlichen Lebens beziehungsweise die immunologischen Veränderungen im Zusammenhang mit dem Schutz vor Allergien zu untersuchen. So wurde eine Mäuse-Kolonie auf einem Bauernhof mit Kuhstall und eine Kolonie im Labor am Universitätshospital Genf gezüchtet. Die Forscher setzten Mäuse von beiden Standorten einem Kontaktallergen aus und beobachteten die Reaktion. Auch wurden die Blutzellen und die Zellzytokinproduktion in beiden Populationen beurteilt, berichten die Eigenmann und Kollegen. Darüber hinaus sei das Darm-Mikrobiom in verschiedenen Altersstufen charakterisiert worden.
Reduzierte Anfälligkeit gegenüber Allergien
Den Angaben der Forscher zufolge waren die Mäuse, die auf dem Bauernhof geboren wurden, weniger anfällig für Allergien als Mäuse, die im Labor gezüchtet wurden. Auch habe sich eine Verlegung von Mäusen aus dem Labor auf den Bauernhof positiv auf die Allergie-Anfälligkeit ausgewirkt. Insgesamt zeigten die Bauernhof-Mäuse im Vergleich zu den Labormäusen eine frühere „Immunaktivierung mit einer höheren CD4 + -T-Zellpopulation, insbesondere CD4 + CD25 + FoxP3- (aktivierte Zellen)“, schreiben die Genfer Forscher. Auch das Zytokin-Profil von Mäusen auf dem Bauernhof viel deutlich anders aus. Die Unterschiede seien dabei am stärksten innerhalb eines bestimmten Altersfensters zwischen der Geburt und einem Alter von acht Wochen. Ebenso ergab die Mikrobiom-Analyse erhebliche Unterschiede bei den Mäusen vom Land und aus dem Labor.
„Die landwirtschaftliche Umgebung bedingt einen starken, allergie-schützenden IL-22-Stimulus und erzeugt aktivierte CD4 + T-Zellen“, berichten die Wissenschaftler von ihrer Analyse der Immunmechanismen. Die Exposition gegenüber der landwirtschaftlichen Umgebung habe so auch einen besseren Schutz gegenüber Kontaktallergien bedingt. Inwiefern hier virale Ursachen einen Einfluss haben, müsse in weiteren Untersuchungen noch geklärt werden. (fp)
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