Wird Glyphosat zur Achillesferse des Arznei-Giganten?
Das Eis wird dünner, auf dem sich der Bayer-Konzern bewegt. Kürzlich wurde das nächste Urteil im Prozess um den Unkrautvernichter Glyphosat verkündet. Das Mittel steht unter Verdacht, krebserregend zu sein. Die US-Jury sah einen Zusammenhang zwischen der Krebserkrankung des Klägers Edwin Hardeman und dem Kontakt des umstrittenen Unkrautvernichters Roundup und verurteilte Bayer zu 80 Millionen Dollar Schadenersatz. Dieser Fall könnte wegweisend für mehr als 760 weitere Verfahren sein.
Bayer wird somit schon zum zweiten Mal für schuldig befunden. Dem Pharma-Giganten wird vorgeworfen, die krebserregende Wirkung von Glyphosat verschleiert zu haben. Bereits Ende des Jahres 2018 forderte der an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Dewayne Johnson von Bayer einem Schadenersatz über 289 Millionen Dollar. Das Gericht sprach dem Kläger schließlich eine Summe von rund 79 Millionen Dollar zu, die er akzeptierte. Bayer zeigte sich nach dem Urteil nicht einsichtig und gab bekannt, dass dies im Widerspruch zu den im Prozess vorgelegten Beweisen stehe. Das Unternehmen beantragte einen neuen Prozess, was von der Richterin aber nicht akzeptiert wurde.
Ist Glyphosat krebserregend?
In einer kürzlich veröffentlichten Studie in dem englischsprachigen Fachjournal „Mutation Research / Reviews in Mutation“ kamen Forschende der University of Washington zu dem Ergebnis, dass der häufige Kontakt mit Glyphosat-Herbiziden das Risiko für Krebs um 41 Prozent erhöht. Bayer stützt sich auf andere Ergebnisse. Auf einer extra dafür eingerichteten Webseite möchte das Unternehmen davon überzeugen, dass Glyphosat bei sachgemäßem Gebrauch ungefährlich ist.
Bayer wehrt sich gegen den Vorwurf
„Glyphosatbasierte Herbizide wurden in den vergangenen 40 Jahren von Aufsichtsbehörden in über 160 Ländern als sicher eingestuft“, schreibt das Unternehmen in einer Stellungsnahme. Die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation WHO stufte aber im Jahr 2015 den Unkrautvernichter Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ für Menschen ein. Bayer relativiert dies mit dem Kommentar: „Die IARC stuft auch rotes Fleisch und heiße Getränke als wahrscheinlich krebserregend ein“.
Ein Riese im Taumel
„Wir empfinden tiefes Mitgefühl für den Kläger, Herrn Johnson, und seine Familie, doch glyphosatbasierte Herbizide sind nicht für seine Krebserkrankung verantwortlich“, schreibt Bayer zu dem ersten Prozess. Dieser Linie scheint das Unternehmen auch nach dem zweiten Prozess treu zu bleiben. Laut den öffentlich rechtlichen Sendern ARD und ZDF teilte Bayer mit, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen. Hinsichtlich der 11.200 Kläger wegen Glyphosat ist dieses Verhalten von Bayer nicht verwunderlich. Der andauernde Rechtsstreit über den Unkrautvernichter hat sich bereits auch schon deutlich auf die Aktie des Unternehmens ausgewirkt, die sich seit Ende 2018 im freien Fall befindet. (vb)
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