Bei unspezifischen Rückenschmerzen sind Patienten gefordert
09.02.2015
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten Volksleiden. Fast jeder hatte schon mindestens einmal in seinem Leben ein unangenehmes Ziehen oder Stechen im Rücken, das sich über mehrere Tage hielt. Selbst junge Menschen leiden zum Teil bereits an Rückenschmerzen. Wenn bei der Diagnose weder ein Bandscheibenvorfall noch eine andere konkrete Erkrankung festgestellt wird, ist vom sogenannten unspezifischen Rückenschmerz die Rede. Von einer Operation raten Ärzte dann im Normalfall ab. Vielmehr sei der Patient gefordert, selbst aktiv zu werden, berichtet der Leipziger Wirbelsäulenspezialist Prof. Christoph Josten im Interview mit der Nachrichtenagentur „dpa“.
Operation bei Rückenschmerzen nicht immer sinnvoll
Rückenschmerzen sind äußerst unangenehm. Häufig treten die Beschwerden bereits bei der kleinsten Bewegung zutage. Während chirurgische Eingriffe lange Zeit als das Allheilmittel gegen die Kreuzschmerzen galten, ist die moderne Medizin mittlerweile etwas zurückhaltender bei Operationen geworden. So werden beispielsweise Bandscheibenvorfälle heute nicht in jedem Fall operiert. Die sogenannte „SCIATICA-Studie“ aus dem Jahr 2007 kam zu dem Ergebnis, dass es Patienten mit einem schwerem Bandenscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule – aufgeteilt in zwei Gruppen: eine wurde konservativ behandelt und die andere zu einem frühen Zeitpunkt operiert – in beiden Gruppen nach einem Jahr größtenteils gleich gut ging. Die operierten Studienteilnehmer hatten sich allerdings vergleichsweise rascher von dem Bandscheibenvorfall erholt und waren schneller schmerzfrei. Da jeder chirurgische Eingriff ein gesundheitliches Risiko birgt – laut Studie kommt es in etwa zwei bis vier Prozent der Fälle zu leichten Komplikationen – muss in jedem Fall individuell entschieden werden, ob eine Operation sinnvoll ist.
Bei unspezifischen Rückenschmerzen findet der Arzt keine konkrete Ursache der Beschwerden
Anders verhält es sich bei sogenannten unspezifischen Rückenscherzen, deren Ursachen vielfältig sind. „Es sind häufig multifaktorielle Ursachen, ohne dass man dann ein Substrat findet. Also: Patienten haben Bewegungsarmut, schwache Muskulatur, eine anlagemäßige leichte Fehlformierung, Übergewicht, üben einseitige Tätigkeiten aus, treiben bestimmte Sportarten. Das kann in der Summe zu Wirbelsäulenbeschwerden führen, ohne dass man etwas in der uns gängigen Diagnostik sieht, also durch Röntgen oder Kernspinuntersuchungen feststellen kann“, erläutert Josten. „An sich ist ein unspezifischer Rückenschmerz von vornherein eine nichtoperative Indikation. Wir können diesen Schmerzen kein Spezifikum zuweisen – und das schließt eine Operation aus.“
Bei unspezifischen Rückenschmerzen können Bewegung, Akkupunktur und Chiropraktik helfen
Der Mediziner rät zu konservativen Therapien wie Bewegung. „Wir pflegen unsere Wirbelsäule nicht genug. Pflegen ist eine aktive Maßnahme. Und das wird leider in unserer Gesellschaft ein bisschen vergessen. Unser Auto wird aktiv gepflegt, indem wir in die Waschstraße fahren. Wir warten auch nicht auf den Regen und sagen, der macht das Auto sauber. Genauso muss die Wirbelsäule aktiv gepflegt werden – mit viel Bewegung, Treppenlaufen, Bauchmuskeltraining – ganz einfache Sachen, die dem unspezifischen Rückenschmerz extrem vorbeugen.“ Sind die Schmerzen aber da, gibt es verschiedene Verfahren, die Linderung verschaffen können. So rät Josten nicht nur zu Spritzen, sondern auch zu alternativen Heilmethoden wie Akupunktur, Osteopathie und chiropraktischen Maßnahmen. „Und der unspezifische Rückenschmerz bedarf einer aktiven Unterstützung des Patienten. Unsere Patienten heutzutage lieben das Passive. Ich lasse mich massieren, ich lasse mich operieren. Häufig gilt die Devise: Die Medizin wird’s schon richten. Aber der Patient ist beim unspezifischen Rückenschmerz sehr gefordert“, betont der Mediziner.
Tai Chi und Yoga gewinnen in diesem Zusammenhang zunehmend an Bedeutung, da man erkannt hat, dass ein ganzheitlicher Ansatz vorteilhaft ist. So sind Rückenschmerzen häufig auf Muskelverspannungen zurückzuführen, die nicht selten eine Folge von Stress sind. Entspannungsübungen bieten daher häufig eine gute Ergänzung zu anderen Therapien. (ag)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.