Staphylokokken: Können Bakterien die Hautbarriere bei Neurodermitis beeinflussen?
Es ist schon länger bekannt, dass bestimmte Bakterien auf der Haut von Menschen mit Neurodermitis besonders oft vorkommen. Ebenfalls bekannt ist, dass die Barrierefunktion der Haut unter der Krankheit leidet. Wissenschaftler haben nun erforscht, wie das zusammenhängen könnte.
Bestimmte Bakterien bei Menschen mit Neurodermitis besonders häufig
Gesundheitsexperten zufolge leben in Deutschland etwa 3,5 bis 5 Millionen Menschen mit Neurodermitis (atopische Dermatitis, atopisches Ekzem). Dass bestimmte Bakterien auf der Haut von Menschen mit Neurodermitis besonders häufig vorkommen, war schon länger bekannt. Ebenso, dass die Barrierefunktion der Haut unter der chronisch-entzündlichen Hauterkrankung leidet. Forscher des Helmholtz Zentrums München und der Technischen Universität München (TUM) haben nun ermittelt, wie das zusammenhängen könnte.
Bakterienzusammensetzung hat Einfluss auf den Grad der Entzündung
Neurodermitis gehört laut dem Robert Koch-Institut (RKI) „zu den häufigsten Krankheiten im Kindes- und Jugendalter“.
Die Krankheit geht in der Regel mit starkem Juckreiz, trockener, schuppiger und geröteter Haut einher.
Zudem wird sie als Eintrittspforte für die ‚Allergiker-Karriere‘ angesehen. Denn oft entsteht erst durch die Barrierestörung der Haut eine Sensibilisierung und manifeste Allergie, heißt es in einer Mitteilung des Helmholtz Zentrums München.
„Aktuelle Studien haben beispielsweise gezeigt, dass die Bakterienzusammensetzung der Haut Einfluss auf den Grad der Entzündung bei Neurodermitis hat“, erklärte Studien-Co-Autor Dr. Matthias Reiger.
„Darüber hinaus konnte die Forschung zum Zellsystem der Hautbarriere neue Erkenntnisse über die Funktion spezieller Gene für die Aufrechterhaltung einer gesunden Haut liefern.“
Korrelationen zwischen Bakterien und Genen der Hautbarriere
Im nächsten Schritt wollten die Forscher nun herausfinden, ob zwischen Bakterien und Genen der Hautbarriere mögliche Korrelationen bestehen. Dazu sammelten sie Hautproben von gesunden Probanden sowie von Menschen mit Neurodermitis.
Bei letzteren unterschieden sie die Proben je nachdem, ob der Hautbereich entzündet war oder nicht.
„Von den Patienten- und Kontrollproben ermittelten wir sowohl die Zusammensetzung der Hautbakterien, als auch jene Gene, die in der betroffenen Haut besonders aktiv waren“, erläuterte Bioinformatiker Prof. Dr. Avidan Neumann, der ebenfalls an der Arbeit beteiligt war.
Bei der Analyse fiel auf, dass vor allem Staphylokokken auf der Haut von Neurodermitikern dominierten.
Staphylokokken sind Ursache für viele Infektionserkrankungen
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beschreibt auf seiner Webseite, wie gefährlich diese Bakterien sind: „Staphylokokken sind die Ursache für viele Infektionserkrankungen bei Mensch und Tier. Sie können sowohl lebensmittelbedingte Vergiftungen als auch zu Infektionskrankheiten führen.“
Weiter heißt es dort: „Sie rufen häufig eitrige Wundinfektionen und andere eitrige Infektionen beim Menschen“ hervor. So sind die Bakterien beispielsweise oft für Entzündungen in der Nase verantwortlich.
Staphylokokken können aber auch zum sogenannten Toxischen Schocksyndrom führen.
Sorge bereiten Gesundheitsexperten vor allem die multiresistenten Stämme, wie der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), die oft gegen Antibiotika resistent sind.
Andere Staphylokokken werden verdrängt
Wie es in der Mitteilung des Helmholtz Zentrums München heißt, war die Spezies Staphylococcus aureus auf der Haut von Neurodermitikern besonders häufig, unabhängig davon, ob die betroffene Haut entzündet war oder nicht.
„Bei bestimmten entzündeten Proben nahm S. aureus sogar bis zu 99 Prozent der gesamten mikrobiellen Zusammensetzung ein“, sagte Matthias Reiger.
„Zudem scheint S. aureus die anderen Staphylokokken zu verdrängen“, so der Mikrobiologe weiter. „Je öfter wir S. aureus finden, desto unwahrscheinlicher sind andere Spezies präsent.“
Für die Analyse der Genaktivität holten sich die Wissenschaftler Hilfe aus der Schweiz: Die Kooperationspartner am Schweizerischen Institut für Allergie- und Asthmaforschung (SIAF) der Universität Zürich analysierten das gesamte Transkriptom der Hautproben.
Dabei fiel ihnen auf, dass sich manche Gene signifikant veränderten, je nachdem welche bakteriellen Bewohner auf der Haut lebten.
„Besonders ausgeprägt war dieser Effekt für vier Gene, die an der Instandhaltung einer intakten und stabilen Hautbarriere beteiligt sind“, erklärte Avidan Neumann.
Die Ergebnisse der Forscher wurden im Fachmagazin „Journal of Allergy and Clinical Immunology“ veröffentlicht. (ad)
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