Helfen Betablocker gegen Rassismus?
Einige Betablocker sollen Xenophobie abbauen und Toleranz gegenüber Fremden fördern. Kaum zu glauben, aber Ergebnis einer hochwissenschaftlichen Untersuchung von Forschern des Zentrums für Neuroethik der Universität Oxford. Normalerweise werden die Medikamente bei Herzerkrankungen verschrieben. Bekamen die Probanden Betablocker mit dem Wirkstoff Propranolol verringerten sich gleichzeitig ihre rassistischen Vorurteilen. Allerdings war der Studienaufbau mit nur 36 Herzpatienten als Probanden eher begrenzt Aussagefähig. Dennoch soll weiter geforscht werden.
Die Wissenschaftler um Professor Julian Savulescu von der Universität Oxford haben die Auswirkungen des Wirkstoffs Propranolol auf die unterschwelligen Denk- und Verhaltensweisen bei 36 weißen Probanden untersucht. Dabei stellten sie fest, dass die gegen Bluthochdruck eingesetzten Präparate auch eine Reduzierung rassistischer Tendenzen bei den Patienten mit sich brachten. Angesichts der Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit und Rassismus eine durchaus interessante Entdeckung.
Test ermittelt unterschwelligen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Zwar ist die Aussagekraft der aktuellen Studie aufgrund der geringen Teilnehmerzahl relativ begrenzt, doch das Ergebnis überrascht. Die 36 freiwilligen Teilnehmer wurden in zwei Gruppen unterteilt, wobei eine Gruppe mit Placebo-Präparaten und die andere mit dem Betablocker Propranolol versorgt wurden. Zwei Stunden nach der Einnahme mussten die Probanden einen standardisierten Test ausfüllen, bei dem anhand von 140 Bildern und Fragen unterschwellig rassistisches Verhalten festgestellt wurde. Zum Beispiel sollten die Studienteilnehmer den gezeigten Bildern Begrifflichkeiten wie „freundlich“, „böse“, „glücklich“ oder „traurig“ zuordnen.
Waren dunkelhäutige oder schwarze Personen zu sehen, konnten sich die Probanden der Kontrollgruppe durchschnittlich sehr viel langsamer zu einer positiven Stellungnahme durchringen, als die Testpersonen aus der Propranolol-Gruppe, so das Ergebnis von Professor Julian Savulescu und Kollegen. Bei einem Drittel der Propranolol-Patienten waren laut Aussage der Forscher überhaupt keine rassistischen Tendenzen mehr zu erkennen, während in der Placebo-Gruppe sämtliche Teilnehmer unterschwellig fremdenfeindliche und rassistische Züge aufwiesen.
Betablocker-Behandlung bei Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Rassismus?
Der Betablocker Propranolol ist bereits seit Jahrzehnten bekannt und wird vor allem bei der Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt. Aber auch die Koronare Herzkrankheit, Herzschwächen oder Tremor-Erkrankungen werden in der Schulmedizin häufiger mit entsprechenden Betablockern therapiert. Die Forscher des Zentrums für Neuroethik an der Universität Oxford haben nun ein weiteres Einsatzgebiet für die Betablocker aufgezeigt: Die Behandlung von unterbewusstem Rassismus.
Die aktuellen „Resultate liefern neue Anhaltspunkte über die Prozesse im Gehirn, die für das Entstehen von rassistischen Gedanken verantwortlich sind“, erklärte die deutsche Forscherin des Zentrums für Neuroethik, Sylvia Terbeck. Der Studienleiter Professor Julian Savulescu ergänzte, dass die aktuellen Forschungsergebnisse zwar „vielversprechende Möglichkeiten“ verheißen, bei denen unterbewusster „Rassismus mit Hilfe von Pillen“ verändert werden könnte. Doch Propranolol sei „keine Wunderpille, um Menschen von Rassismus zu heilen. Es muss aus ethischen Gründen abgewägt werden, wie man mit dieser Möglichkeit umgeht“, betonte Savulescu.
Betablocker für mehr Toleranz?
Den beobachteten Effekt erklären die Forscher der Universität Oxford mit der blutdrucksenkenden und die Ruheherzfrequenz-reduzierenden Wirkung der Betablocker. Denn auf diese Weise würden die Probanden weniger ängstlich, was zu einer erhöhten Toleranz beitrage. Eine genauere Erklärung für die beobachtete Reduzierung des Rassismus durch die Betablocker konnten die Forscher bislang jedoch nicht liefern. (sb, fp)
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