„Beweg Dich, Deutschland!“: Bevölkerung ist zweigeteilt – in Aktive und Sportmuffel
Kaum ein Gesundheitsexperte vergisst zu erwähnen, wie wichtig regelmäßige Bewegung ist, um Krankheiten zu vermeiden. Auch beim Abnehmen kann Sport helfen. Und er macht Spaß. Trotzdem können sich offenbar viele Menschen nicht dazu aufraffen. Einer neuen Studie zufolge ist die Hälfte der Bundesbürger sportlich aktiv, die andere hingegen bezeichnet sich selbst als Sportmuffel.
Es geht ein Riss durch die Republik
Wer sich regelmäßig bewegt, trägt damit unter anderem dazu bei, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt zu mindern. Zudem leiden Sportler in der Regel seltener an Übergewicht oder Adipositas. Des Weiteren haben Wissenschaftler vor kurzem berichtet, dass Sport den ständigen Hunger vertreibt und so beim Abnehmen helfen kann. Trotz der vielen Vorteile, die regelmäßige Bewegung mit sich bringt, können sich offenbar nicht alle Menschen gleichermaßen dafür begeistern. Wie die Techniker Krankenkasse (TK) in einer Pressemitteilung berichtet, geht ein Riss durch die Republik, der das Land mittig in Bewegte und Unbewegte teilt.
„Beweg Dich, Deutschland!“
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Beweg Dich, Deutschland!“ 2016, die die TK nun vorgestellt hat. Die Hälfte der Menschen in Deutschland ist demnach sportlich aktiv – in unterschiedlicher Intensität, die andere hingegen bezeichnet sich selbst als Sportmuffel oder Antisportler. Den Experten zufolge bewegen sich Menschen, die sich nicht für Sport begeistern können, auch im Alltag weniger, erledigen selbst kurze Wege mit dem Auto, nehmen den Fahrstuhl statt der Treppe und gehen weniger ins Freie. Der Vorstandsvorsitzende der TK, Dr. Jens Baas, erläuterte: „Dank der Digitalisierung können wir uns viele Wege sparen. Dies führt aber auch dazu, dass der Aktionsradius vieler Menschen immer kleiner wird. Mehr als jeder Dritte bewegt sich im Alltag weniger als eine halbe Stunde. Ein weiteres Drittel bleibt unter einer Stunde. Das ist definitiv zu wenig.“
Viele arbeiten fast immer im Sitzen
Der Bewegungsstudie zufolge sitzen die Bundesbürger ihren Alltag buchstäblich aus. „Vier von zehn Befragten arbeiten fast ausschließlich im Sitzen. Und obwohl sich gut die Hälfte im Alltag gern mehr bewegen würde, verbringen die Menschen auch in ihrer Freizeit durchschnittlich gut drei Stunden täglich sitzend“, sagte der bei der TK für die Umfragen zuständige Peter Wendt. Und langes Sitzen macht krank, wie zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt haben. Erst kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, die zeigte: Langes Sitzen erhöht das Typ-2-Diabtes-Risiko.
Jedem Zweiten fehlt es an Motivation
Der Sportpsychologe Prof. Dr. Jan Mayer von der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement, der unter anderem schon die Fußballprofis der TSG 1899 Hoffenheim betreut hat, meinte in der TK-Meldung: „Den Allermeisten ist schon klar, dass ihnen Sport gut täte. Laut den Befragungsergebnissen fehlt es aber jedem Zweiten an Motivation. Der Anreiz, ein langes gesundes Leben zu führen, scheint abstrakter als der Feierabend, der gerade direkt vor einem liegt und gern auf der Couch verbracht werden möchte.“ Dies belegen auch die Studiendaten. So gaben 40 Prozent der Befragten an, dass sie den Feierabend am liebsten auf der Couch verbringen. Bei den jungen Erwachsenen waren es sogar 55 Prozent.
Ausgleich zum stressigen Alltag
Deshalb sei es wichtig, „die innere Software so zu programmieren, dass man aktiv wird“, so Mayer. „Jede Aufgabe fällt leichter, wenn man für sich einen Sinn darin erkennt“, sagte der Sportpsychologe. Die Motive können dabei ganz unterschiedlich sein: Gesundheit, eine gute Figur oder Ausgleich zum stressigen Alltag. Eine Analyse der Fehlzeiten, die die TK ebenfalls heute vorstellte, zeigt, dass sich „der gesellschaftliche Stillstand“ bereits auf die Gesundheit auswirke. So seien die versicherten Erwerbspersonen der TK 2015 durchschnittlich 15,4 Tage krankgeschrieben gewesen. Das entspricht einem Krankenstand von 4,23 Prozent, dem höchsten seit Beginn der TK-Gesundheitsberichterstattung.
„Zunahme lebensstilbedingter Krankheiten“
Mit drei Tagen pro Kopf entfällt der größte Anteil dabei auf Krankheiten des Bewegungsapparats. „Dieser Begriff scheint angesichts der Zahlen jedoch etwas überholt“, so der TK-Chef. „Zivilisationskrankheiten wie Rückenbeschwerden, Typ2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Beschwerden nehmen zu. Schon bei den 18- bis 39-Jährigen gibt jeder Siebte an, aufgrund einer chronischen Erkrankung in regelmäßiger Behandlung zu sein.“ Baas meinte, „die Zunahme lebensstilbedingter Krankheiten hat Folgen für das Gesundheitswesen und die Gesellschaft, die es finanziert. Und es hat Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Unternehmen, die die steigenden Krankenstände und die damit verbundenen Kosten ebenfalls mitfinanzieren müssen. Darüber müssen wir sprechen.“ (ad)
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