LSG Celle verlangt Eintragung im Schwerbehindertenausweis
Blinde können auch ohne eine Störung am Auge oder dem Sehnerv blind sein. Anspruch auf Eintragung des Merkzeichens „Bl“ für „Blind“ im Schwerbehindertenausweis haben Betroffene auch dann, wenn sie allein wegen einer Hirnschädigung Sinneseindrücke nicht richtig verarbeiten können, stellte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag, 18. Dezember 2017, bekanntgegebenen Urteil klar (Az.: L 13 SB 71/17). Die Celler Richter schlossen sich damit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel an.
Im konkreten Fall hatte ein zehnjähriges Mädchen aus dem Landkreis Leer geklagt. Das Kind ist wegen einer Stoffwechselstörung schwerst hirngeschädigt. Infolgedessen kann das Mädchen Sehreize im Gehirn nicht verarbeiten. Auf optische Reize reagiert das Kind nicht und es hält die Augen meist geschlossen. Wenn sie die Augen öffnet, verdreht die Zehnjährige die Pupillen nach oben.
Das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie lehnte die Eintragung des Merkzeichens „Bl“ in den Schwerbehindertenausweis ab. Das Mädchen sei nicht wirklich blind, da keine Störung des Seh-Apparates vorliege. Vielmehr könne nur das Gehirn optische Sinneseindrücke nicht ausreichend erkennen und verarbeiten.
Doch auch dies gilt als „blind“, betonte das LSG in seinem Urteil vom 22. November 2017. Das Gericht verwies dabei auf ein Urteil des BSG vom 11. August 2015 (Az.: B 9 BL 1/14 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Danach ist eine konkrete Sehstörung am Sehapparat nicht mehr Voraussetzung, um als „blind“ anerkannt zu werden. Entscheidend ist laut BSG, dass der Verlust der Sehfähigkeit festgestellt wurde. Damit könnten auch Hirngeschädigte als „blind“ gelten, die Sehreize nicht verarbeiten können.
Hirngeschädigte und „nur“ Blinde müssten nach dem Grundgesetz und der UN-Behindertenrechtskonvention gleichbehandelt werden, mahnten nun auch die Celler Richter. fle/mwo
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