Blutdruck-Apps mitunter genauer als „Tagebücher“
Zwar sind auf dem Markt mittlerweile immer mehr Apps erhältlich, die der Gesundheit dienen sollen, doch nur wenige davon sind Experten zufolge wirklich sinnvoll. Im Fall von Bluthochdruck können sie von Vorteil sein, wenn die gemessenen Daten automatisch an den Arzt übermittelt werden.
Manche digitale Gesundheitshelfer sind durchaus sinnvoll
Auf dem Markt sind mittlerweile immer mehr Apps erhältlich, die der Gesundheit dienen sollen. Manche messen Herzfrequenz und Stoffwechsel, andere dienen als Blutdruckmesser, Schmerztagebuch, Pillenwecker oder Ernährungsratgeber. Der Boom wird von vielen Menschen sehr kritisch gesehen. Experten bemängeln, dass es nur wenige sinnvolle Gesundheits-Apps gibt. Lediglich ein kleiner Teil habe einen echten diagnostischen und therapeutischen Anspruch. Die riesige Auswahl mache es Bürgern und Medizinern nicht einfach, gute Angebote zwischen den vielen schlechten zu identifizieren. Daher hatte die Bundesregierung kürzlich vor möglichen Risiken durch Medizin-Apps gewarnt. Doch manche der digitalen Gesundheitshelfer machen durchaus Sinn. So sei die Aussagekraft von regelmäßig mit Apps gemessenem Blutdruck viel stärker als die einmalige Messung beim Arzt.
Wenn die gemessenen Daten automatisch an den Arzt weitergeleitet werden
Immer mehr Handy-Apps sollen dazu beitragen, den Betroffenen das Leben zu erleichtern. Im Fall von Bluthochdruck sind Health-Apps aber nur von Vorteil, wenn sie die vom Patienten gemessenen Werte selbstständig an einen Arzt weiterleiten. Sonst sei eher Vorsicht geboten, hieß es am Montag bei einer Pressekonferenz der Deutschen Hochdruckliga in Berlin aus Anlass des bevorstehenden Welt-Hypertonie-Tages (17. Mai), der unter dem Motto „Blutdruck in Bewegung“ stattfinden wird. Einer Meldung der Nachrichtenagentur APA zufolge sagte Egbert Schulz vom Blutdruckinstitut Göttingen: „Diese telemedizinische Übermittlung von Blutdruckwerten oder anderer Vitaldaten in die Arztpraxis ist der Patientenselbstdokumentation weit überlegen.“ Im Gegensatz zum Blutdrucktagebuch, in das der Blutdruck nur zu 30 bis 70 Prozent korrekt eingetragen werde, liefere sie dem Arzt fast hundertprozentig realistische Werte.
Selbstmessung über einen längeren Zeitraum
Positiv könnten sich Apps auswirken, welche die Patienten zum Beispiel an die Einnahme von Blutdruckmitteln erinnern oder registrieren, wie viel sich eine Person pro Tag bewegt. Doch darüber hinaus gehende Funktionen wie die automatisierte Blutdruck-Interpretation mit Ampelsystemen oder ähnlichen seien laut dem Experten sehr kritisch zu sehen. Die Apps würden dann nämlich zu Medizinprodukten, die auch einer Kontrolle und Zulassung unterzogen werden müssten. Wichtig ist die Selbstmessung des Blutdrucks aber auf jeden Fall. „Die selbst gemessenen Werte der Patienten zeigen dem Arzt, wie sich der Blutdruck über einen längeren Zeitraum verhält. Voraussetzung dafür sind zuverlässige Messwerte“ schreibt die Deutsche Hochdruckliga auf ihrer Webseite. Es sind jedoch einige „Anforderungen an digitale Gesundheitshelfer“ zu stellen, wie die Experten in einer Stellungnahme berichten. So sollte zum Beispiel ein App-Anbieter vor dem Download darlegen, ob Messdaten oder Bewegungsprofile weiterverkauft werden.
120 statt 140 als neues Blutdruck-Ziel
Wie es in der APA-Meldung weiter heißt, gilt als Bluthochdruck, wenn beim Arzt mehrfach höhere Werte als 140/90 mmHg gemessen werden. Die Aussagekraft von regelmäßig selbst gemessenen Blutdruckwerten ist allerdings höher. Sie betragen zumeist um die fünf mmHg systolisch und diastolisch weniger als beim Arzt, da dann der „Weißkittel-Effekt“ wegfällt. Es ist seit Jahren umstritten, auf welche Werte Hypertoniker medikamentös am besten eingestellt werden sollten. Manchen Experten zufolge soll 120 statt 140 das neue Blutdruck-Ziel sein.
Deutliche Verringerung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Im Rahmen der sogenannten SPRINT-Studie waren 9.361 Blutdruckpatienten in den USA zur Hälfte auf sehr niedrige Werte unter 120 mmHg systolisch eingestellt worden. Bei den Probanden handelte es sich um Hochrisikopatienten mit bereits diagnostizierter Herz-Kreislauf-Erkrankung. In der intensiven Therapiegruppe der vorzeitig abgebrochenen Studie war eine 25-prozentige Verringerung des Risikos für Herzinfarkt, Schlaganfall, chronische Herzschwäche oder Tod durch eine Herz-Kreislauferkrankung beobachtet worden. Zudem kam es zu um 38 Prozent weniger Fällen von chronischer Herzschwäche, zu 43 Prozent weniger Herz-Kreislauf-Todesfällen und zu einer Abnahme der Gesamtsterblichkeit um 27 Prozent. Beobachtet wurden jedoch auch mehr Nebenwirkungen wie vermehrte Nierenfunktionsstörungen und Episoden von viel zu niedrigem Blutdruck. Patienten sollten daher bei einer derart intensiven Therapie engmaschig überwacht werden. Doch für Hochrisikopatienten dürfte ein solches Vorgehen Vorteile bieten. (ad)
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Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.