Bestimmte Chemikalien mit erhöhtem Hypertonie-Risiko verbunden
Frauen mittleren Alters, die im Blut höhere Konzentrationen von häufig vorkommenden synthetischen Chemikalien (PFAS) aufweisen, haben laut einer aktuellen Studie ein höheres Bluthochdruck-Risiko als Gleichaltrige mit geringeren Werten solcher Substanzen.
Forschende der University of Michigan School of Public Health haben eine Verbindung zwischen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen und einem erhöhten Risiko für Hypertonie bei Frauen im mittleren Alter nachgewiesen. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Hypertension“ vorgestellt.
Was sind PFAS?
Sie sind in Wasser, Boden, Luft, Futtermitteln sowie in Bedarfsgegenständen nachweisbar und gelangen mitunter auch in Lebensmittel wie Fisch und Milchprodukte. Die Rede ist von sogenannten Per- und Polyfluoralkylsubstanzen oder kurz PFAS.
Dabei handelt es sich um eine Klasse synthetischer Chemikalien, die für alltägliche Haushaltsgegenstände verwendet werden, darunter
- Shampoo,
- Zahnseide,
- Kosmetika,
- Kochgeschirr,
- Lebensmittelverpackungen,
- Düngemittel,
- fleckenabweisende Beschichtungen für Teppiche, Polster und Kleidung.
PFAS werden überwiegend zur Herstellung von Oberflächenbeschichtungen mit wasser-, fett- und schmutzabweisenden Eigenschaften verwendet. Die Substanzen zeichnen sich durch besondere Stabilität aus. Gelangen sie in die Umwelt, können sie lange überdauern und beispielsweise über das Wasser weite Distanzen überwinden.
Wenn Milchkühe Kontakt zu Böden haben, die mit PFAS-Düngemittel behandelt wurden oder wenn Fische in Gewässern leben, in das PFAS-reiches Abwasser geleitet wurde, gelangen die Chemikalien beispielsweise über kontaminierte Fisch- und Milchprodukte auch in Lebensmittel.
Die „ewigen Chemikalien“
Die PFAS werden in Amerika auch als „ewige Chemikalien“ bezeichnet, da sie in der Umwelt so gut wie nicht abgebaut werden können und so zunehmend Trinkwasser, Böden und Luft kontaminieren.
Daten aus der „National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES)“ haben im Vorfeld gezeigt, dass die Exposition gegenüber PFAS in Amerika extrem weit verbreitet ist. Bei nahezu jeder untersuchten Person konnte mindestens eine Chemikalie aus der PFAS-Gruppe im Blut nachgewiesen werden.
„Eine Studie schätzt, dass zwei der am häufigsten vorkommenden ‘ewigen Chemikalien’ in den meisten Haushalten im Trinkwasser zu finden sind und von mehr als zwei Dritteln der Amerikaner konsumiert werden“, bestätigt Studienerstautorin Ning Ding von der University of Michigan School of Public Health.
Mögliche Gesundheitsrisiken durch PFAS
Frühere Forschungsarbeiten haben bereits nahegelegt, dass PFAS im Organismus hohe Halbwertzeiten aufweisen und bereits bei geringen Konzentrationen gesundheitsschädliche Auswirkungen haben können.
Die möglichen gesundheitlichen Schäden durch PFAS reichen von erhöhten kardiovaskulären Risiken über endotheliale Dysfunktionen und oxidativen Stress bis hin zu erhöhten Cholesterinspiegeln.
Schädliche Auswirkungen erstmals konkret nachgewiesen
Nun untersuchte ein amerikanisches Forschungsteam erstmals, wie sich PFAS-Konzentrationen im Blut von Frauen mittleren Alters auf das Risiko für Bluthochdruck auswirken.
Über 1.000 Frauen im Alter von 45 bis 56 Jahren wurden vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2017 im Rahmen einer Langzeitstudie beobachtet. Alle Teilnehmerinnen hatten zu Beginn der Studie einen normalen Blutdruck.
„Frauen scheinen besonders anfällig zu sein, wenn sie diesen Chemikalien ausgesetzt sind“, erläutert Ding. Die aktuelle Studie ist ihr zufolge die erste, die den Zusammenhang zwischen PFAS und Bluthochdruck bei Frauen im mittleren Alters untersucht.
Laut der Studienautorin könnte es sich hierbei um einen bislang unterschätzten Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Frauen handeln.
Ergebnisse der Studie
Während der Beobachtungszeit entwickelten 470 Frauen Hypertonie. Die Blutanalysen bestätigten, dass diejenigen, die höhere Konzentrationen bestimmter PFAS im Blut aufwiesen, ein höheres Risiko hatten, an Bluthochruck zu erkranken als Probandinnen mit geringeren PFAS-Werten.
42 Prozent höheres Risiko für Bluthochdruck
Die Gruppe mit den höchsten PFAS-Konzentrationen im Blut hatte gegenüber der Gruppe mit den niedrigsten PFAS-Werten ein um 42 Prozent höheres Risiko für Bluthochdruck. Eine kleine Untergruppe, bei der hohe Konzentrationen von sieben verschiedenen PFAS entdeckt wurde, hatte sogar ein 71 Prozent erhöhtes Risiko Bluthochdruck zu entwickeln.
Am häufigsten wurden die PFAS-Chemikalien Perfluoroctansulfonsäure (PFOS), Perfluoroctansäure (PFOA) und 2-(N-Ethyl-perfluoroctansulfonamido)-Essigsäure (EtFOSAA) im Blut gefunden.
„Es ist wichtig zu erwähnen, dass wir sowohl einzelne PFAS als auch mehrere PFAS zusammen untersucht haben, und wir fanden heraus, dass die kombinierte Exposition gegenüber mehreren PFAS eine stärkere Auswirkung auf den Blutdruck hatte“, ergänzt Studienhauptautor Professor Sung Kyun Park.
„Einige US-Bundesstaaten beginnen damit, die Verwendung von PFAS in Lebensmittelverpackungen sowie Kosmetik- und Körperpflegeprodukten zu verbieten“, betont der Professor. Die vorliegenden Ergebnisse machen ihm zufolge deutlich, dass bessere Strategien zur Begrenzung dieser weit verbreiteten Chemikalien erforderlich sind.
„Wir wissen schon seit einiger Zeit, dass PFAS den Stoffwechsel im Körper stören, aber wir haben nicht erwartet, dass der von uns gefundene Zusammenhang so stark sein würde“, resümiert Professor Park.
Die Forschenden hoffen, dass die Studienergebnisse dazu beitragen werden, auf PFAS aufmerksam zu machen und die Chemikalien als wichtigen potenziellen Risikofaktor für Bluthochdruck anzuerkennen.
Wahrscheinlich nicht nur für Frauen mittleren Alters relevant
An der Studie waren nur Frauen mittleren Alters beteiligt. Die Ergebnisse können daher möglicherweise nicht genau auf Männer oder Frauen anderer Altersgruppen übertragen werden.
Dennoch halten es die Forschenden für wahrscheinlich, dass die PFAS bei allen Menschen gesundheitsschädlich wirken. Dies soll in kommenden Studien näher untersucht werden. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ning Ding, Carrie A. Karvonen-Gutierrez, Sung Kyun Park, et al.: Per- and Polyfluoroalkyl Substances and Incident Hypertension in Multi-Racial/Ethnic Women: The Study of Women's Health Across the Nation; in: Hyertension (2022), ahajournals.org
- American Heart Association: Forever chemicals linked to hypertension in middle-aged women (veröffentlicht: 13.06.2022), newsroom.heart.org
- Umweltbundesamt: Per- und Polyfluoralkylsubstanzen als persistente organische Kontaminanten in der Lebensmittelkette (PDF, Stand Januar 2018), umweltbundesamt.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.