Auswirkungen von Bluthochdruck früh im Leben
Wenn bei Menschen im Alter 35 bis 44 Jahren Bluthochdruck diagnostiziert wird, scheint dies mit einem geringeren Volumen des Gehirns und einem höheren Risiko einer Demenzerkrankung verbunden zu sein. So könnten Maßnahmen zur Kontrolle oder Verzögerung des Auftretens von Bluthochdruck im jungen Erwachsenenalter das Demenzrisiko Jahre später reduzieren.
Neuste Forschungsergebnisse zeigen, dass eine Diagnose von Bluthochdruck im Alter von 35 bis 44 Jahren mit einer geringeren Gehirngröße und einem erhöhten Risiko für die Entstehung von Demenz verbunden ist. Die zugehörige Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift der American Heart Association (AHA) „Hypertension“ publiziert.
Fälle von Bluthochdruck im mittleren Alter nehmen zu
„Bluthochdruck ist bei Menschen mittleren Alters (45-64 Jahre) sehr häufig, und ein früh einsetzender Bluthochdruck kommt immer häufiger vor. Obwohl der Zusammenhang zwischen Bluthochdruck, Hirngesundheit und Demenz im späteren Leben bekannt ist, war bisher nicht bekannt, wie das Alter bei Beginn des Bluthochdrucks diesen Zusammenhang beeinflussen könnte“, berichtet Studienautor Professor Dr. Mingguang He von der University of Melbourne in einer Pressemitteilung.
Wenn der Zusammenhang zwischen frühem Bluthochdruck und Demenz belegt ist, „würde das wichtige Argumente für ein früheres Eingreifen liefern, um das Auftreten von Bluthochdruck zu verzögern, was sich wiederum positiv auf die Vorbeugung von Demenz auswirken könnte”, fügt der Experte hinzu.
Daten der UK Biobank ausgewertet
Für die neue Studie wurden Daten von Teilnehmenden der UK Biobank, einer großen Datenbank mit detaillierten anonymen Gesundheitsinformationen ausgewertet. Um Veränderungen im Gehirn festzustellen, verglichen die Forschenden Magnetresonanztomographie-Messungen des Gehirnvolumens zwischen zwei großen Gruppen von erwachsenen Personen aus der Datenbank.
Dabei handelte es sich einerseits um insgesamt 11.399 Teilnehmende mit Bluthochdruck, der in verschiedenen Altersstufen diagnostiziert wurde (jünger als 35 Jahre; 35-44 Jahre und 45-54 Jahre). Andererseits wurden 11.399 Menschen ohne Bluthochdruck in die Untersuchung miteinbezogen, welche hinsichtlich ihres Alters und mehreren gesundheitsbezogenen Variablen abgeglichen wurden. Die Teilnehmenden wurden zwischen dem Jahr 2006 und dem Jahr 2010 in die Datenbank aufgenommen, und zwischen 2014 und 2019 wurden bei ihnen MRT-Gehirnscans durchgeführt, berichtet das Team.
Wie wurde der Bluthochdruck festgestellt?
Bluthochdruck wurde in dieser Studie durch die Angabe einer ärztlichen Diagnose von Bluthochdruck oder durch stationäre Aufzeichnungen unter Verwendung der Codes der internationalen Klassifikation der Krankheiten definiert. Die Blutdruckwerte zum Zeitpunkt der MRT-Untersuchungen wurden in der Analyse berücksichtigt, erläutern die Forschenden.
Mit der Hilfe der ausgewerteten MRT-Scans fanden die Fachleute folgendes heraus:
- In jeder diagnostischen Alterskategorie (von 35 bis 54) war das Gesamtvolumen des Gehirns bei Personen mit diagnostiziertem Bluthochdruck kleiner, und auch das Hirnvolumen mehrerer Regionen war im Vergleich zu den Teilnehmenden ohne Bluthochdruck kleiner.
- Bluthochdruck, der vor dem Alter von 35 Jahren diagnostiziert wurde, war mit der größten Verringerung des Hirnvolumens im Vergleich zu den Kontrollpersonen verbunden.
- Bei Personen mit normalen Blutdruckwerten zum Zeitpunkt ihrer MRT-Scans hatten diejenigen, bei denen zuvor im Alter von unter 35 Jahren Bluthochdruck diagnostiziert worden war, ein geringeres Gesamthirnvolumen im Vergleich zu Personen mit normalem Blutdruck, bei denen nie Bluthochdruck diagnostiziert worden war.
Bluthochdruck mit kleinerem Hirnvolumen verbunden
„Personen, bei denen der Bluthochdruck in jüngeren Jahren diagnostiziert wurde, hatten bei diesen einmaligen Messungen ein kleineres Hirnvolumen. Künftige Untersuchungen, bei denen die Hirnvolumina zu mehreren Zeitpunkten gemessen werden, könnten bestätigen, ob ein in jüngeren Jahren diagnostizierter Bluthochdruck mit einer stärkeren Abnahme des Hirnvolumens im Laufe der Zeit verbunden ist”, so Studienautor Dr. Xianwen Shang.
Wie viele Menschen entwickelten Demenz?
Um die Demenz zu bewerten, untersuchten die Forschenden, wie viele Teilnehmende über einen Nachbeobachtungszeitraum von 11,9 Jahren aus irgendeiner Ursache eine Demenz entwickelten. Dafür verglichen sie 124.053 Personen mit Bluthochdruck mit 124.053 gleichaltrigen Erwachsenen ohne Bluthochdruck.
61 Prozent höheres Demenzrisiko durch Bluthochdruck
Während des Nachbeobachtungszeitraums (Median 11,9 Jahre) entwickelten insgesamt 4.626 Personen eine Form von Demenz. Bei der Analyse des Auftretens von Demenz im Zusammenhang mit der Blutdruckdiagnose stellten die Fachleute dann fest, dass das Risiko, an Demenz zu erkranken, bei Personen mit diagnostiziertem Bluthochdruck im Alter zwischen 35 und 44 Jahren signifikant höher (61 Prozent) ausfiel als bei Teilnehmenden ohne Bluthochdruck.
Weiter war das Risiko einer vaskulären Demenz (eine häufige Form der Demenz, welche durch eine gestörte Durchblutung von Teilen des Gehirns entsteht, wie sie nach einem oder mehreren kleinen Schlaganfällen auftreten kann) bei den Erwachsenen, bei denen Bluthochdruck im Alter von 45 bis 54 Jahren diagnostiziert wurde, um 45 Prozent höher, als bei Teilnehmenden desselben Alters ohne Bluthochdruck. Wurde der Bluthochdruck dagegen bereits im Alter von 35 bis 44 Jahren diagnostiziert, stieg die Risikoerhöhung sogar auf 69 Prozent an, so das Team.
Insgesamt lassen die Studienergebnisse vermuten, dass eine bessere Vorbeugung und Kontrolle von Bluthochdruck im frühen Erwachsenenalter dazu beitragen könnte, Demenz zu verhindern, resümieren die Forschenden. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- American Heart Association: Earlier onset of high blood pressure affects brain structure, may increase dementia risk (veröffentlicht 04.10.2021), AHA
- Xianwen Shang, Edward Hill, Zhuoting Zhu, Jiahao Liu, B. Zongyuan Ge, et al.: The Association of Age at Diagnosis of Hypertension With Brain Structure and Incident Dementia in the UK Biobank; in: Hypertension (veröffentlicht 04.10.2021), Hypertension
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.