Den meisten Menschen ist bekannt, dass bestimmte Faktoren wie Bewegungsmangel, Übergewicht, eine ungesunde Ernährung, Stress und erhöhter Alkoholkonsum zu hohem Blutdruck führen können. Doch ein Risikofaktor für Bluthochdruck wird häufig unterschätzt.
Ein gestörter Schlaf kann Bluthochdruck (Hypertonie) verursachen. Doch dieser Risikofaktor wird oft unterschätzt. Darauf weist die Deutsche Hockdruckliga in einer Mitteilung hin.
Schlafstörungen: Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Schlafstörungen sind belastend und senken das Wohlbefinden sowie die Leistungsfähigkeit und sie sind ein relevanter Risikofaktor für die Entwicklung einer Bluthochdruckerkrankung.
Daher wurden Schlafstörungen vor wenigen Monaten als neuer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in die Hypertonie-Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Bluthochdruck aufgenommen.
Laut zwei in den Jahren 2011 und 2007 veröffentlichten Studien haben Menschen mit einem gestörten Schlaf ein 1,5 bis 3-fach höheres Risiko für eine Bluthochdruckerkrankung.
„10% der Bevölkerung in Deutschland leidet unter Ein- und Durchschlafstörungen“, sagt der Internist, Pneumologe, Kardiologe, Somnologe und Intensivmediziner Prof. Dr. med. Bernd Sanner, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Medizinischen Klinik des Agaplesion Bethesda Krankenhauses Wuppertal und Sprecher der Sektion Hochdruckdiagnostik der Hochdruckliga.
„Daher trifft das Risiko, einen Bluthochdruck zu entwickeln, auf eine nicht unerhebliche Anzahl von Menschen zu.“ Sichere Auskunft darüber, ob die Schlafstörungen eine organische Ursache haben, oder ob der Blutdruck bereits krankhaft erhöht ist, können die ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung und die Schlafdiagnostik geben.
„Deshalb ist die regelmäßige Blutdruckmessung, auch zu Hause, für alle ratsam, die mit Schlafstörungen zu kämpfen haben. Ist der Blutdruck erhöht, kann anschließend eine gesicherte Diagnose durch Ärztinnen und Ärzte erfolgen“, so Prof. Sanner.
Lebenswichtiger Schlaf
Im Schlaf regeneriert sich der Körper. Dazu werden Wachstumshormone ausgeschüttet, die Energiespeicher werden aufgefüllt, das Immunsystem bildet Abwehrstoffe und das Gehirn verarbeitet und speichert Informationen. Im Zuge dieser Aktivitäten sinken der Herzschlag sowie der Blutdruck in der Nacht.
„Ein gestörter Schlaf verhindert diese wichtige Absenkung, das sogenannte Dipping. Liegt ein sogenanntes Non-Dipping vor, ist die Rate von zukünftigen Herz- und Kreislaufproblemen bereits erhöht. Auf Dauer kann auch ein Bluthochdruck am Tage entstehen“, erläutert Prof. Sanner.
Faktoren, die den Schlaf negativ beeinflussen können, sind unter anderem psychischer und emotionaler Stress, Schnarchen, Schlafapnoe, nächtliche periodische Beinbewegungen, sogenannte „exogene“ Faktoren wie Lärm und zu hohe Umgebungstemperaturen oder Helligkeit während des Schlafes oder auch soziale Faktoren, wie zum Beispiel selbst gewählter Schlafmangel.
Schlafbezogene Atemstörungen lassen den Blutdruck steigen
Hypertonie und schlafbezogene Atemstörungen bedingen sich gegenseitig. Die Hälfte aller Betroffenen mit einer Schlafapnoe leidet auch unter Bluthochdruck und umgekehrt sind 30 bis 40 Prozent aller Bluthochdruckerkrankten von einer Schlafapnoe betroffen.
Wenn eine therapieresistente Hypertonie vorliegt, d. h. lässt sich der Bluthochdruck auch mit Medikamenten nicht einstellen, ist besonders oft parallel eine Schlafapnoe vorhanden.
Bei der häufigsten Form, der obstruktiven Schlafapnoe (OSA), erschlaffen die Halsmuskeln im Schlaf, Zunge und Gaumensegel entspannen sich, fallen nach hinten und blockieren die oberen Atemwege und damit die Sauerstoffversorgung. Die Atmung setzt dann wieder mit einem Schnarchen und einer damit verbundenen unbewussten Weckreaktion ein.
„Bei der Schlafapnoe kommt es durch die ständigen Kollapse des weichen Gaumens beim Einatmen zu Atemaussetzern und dadurch zu einem Dauerstress während der Nacht“, so Hochdruckliga-Sektionsmitglied PD Dr. Jan Börgel, Internist, Kardiologe, Intensivmediziner und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I des akademischen Lehrkrankenhauses St. Barbara-Klinik in Hamm.
„Dies führt anfangs nachts, aber im Verlauf auch tagsüber zu einer dauerhaften Erhöhung des Blutdrucks.“
Hoher Blutdruck durch zu wenig Schlaf
Bei Schlaflosigkeit (Insomnie) liegen Betroffene dauerhaft mindestens dreimal pro Woche wach und finden keinen Schlaf. Der daraus resultierende Schlafmangel beeinträchtigt nicht nur das Wohlbefinden und führt zu Gereiztheit, Unkonzentriertheit und Gedächtnisproblemen, sondern erhöht das Risiko für einen Bluthochdruck erheblich.
Wie eine Studie zeigte, hat eine Schlafdauer von unter fünf Stunden ein um 50 Prozent erhöhtes Hypertonierisiko zur Folge.
„Weniger als sieben Stunden Schlaf sollten es in der Regel für einen gesunden Blutdruck nicht sein, unabhängig davon, ob die kurze Schlafdauer durch Schlafstörungen bedingt ist, oder durch den Lebensstil selbst gewählt ist. Nur die wenigsten sind echte „Kurzschläfer“, die mit weniger Schlaf auskommen, ohne Schaden zu nehmen oder in ihrer Leistungsfähigkeit beeinträchtigt zu sein“, empfiehlt Prof. Sanner.
Den Schlaf verbessern
Besser Schlafen zu können, lässt sich in den allermeisten Fällen lernen, manchmal sind aber Hilfsmittel erforderlich.
Gegen Stress und andere emotionale Faktoren hilft eine konsequente Schlafhygiene mit zeitigem Zubettgehen, Entspannungsmaßnahmen (Atem-, Meditationsübungen, progressive Muskelentspannung, Yoga), der Vermeidung von Bildschirmaktivität und dem Unterlassen von Alkoholkonsum vor dem Einschlafen.
Gute Effekte zeigen auch entsprechende Apps sowie professionell entwickelte Achtsamkeitsprogramme wie das Mindfulness-Based Stress Reduction Programm (MBSR).
Körperliche Ursachen müssen zunächst über Screening-Untersuchungen zu Hause oder im Schlaflabor ärztlich abgeklärt werden. Häufig ist auch Übergewicht ein begünstigender Faktor für die Schlafapnoe.
Vor allem in Rückenlage kommt es zu den gefährlichen Atemaussetzern. Eine Gewichtsabnahme und der Wechsel der Schlafposition schaffen oft Abhilfe.
In schweren Fällen wird zur Behandlung eine CPAP (Continuous Positive Airway Pressure)-Maske eingesetzt. Die Nasenmaske wird während des Schlafs getragen und verhindert durch eine kontinuierliche Überdruck-Atmung Atemaussetzer. Dadurch kommt der Kreislauf zur Ruhe und die Blutdruckabsenkung wird wiederhergestellt.
Von Schlafmitteln raten die Fachleute übereinstimmend ab: „Schlafmittel sollten wegen Ihres Suchtpotenzials bei einer diagnostizieren Insomnie nur die allerletzte Wahl sein“, so Dr. Börgel. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Hochdruckliga: Unterschätzter Risikofaktor: Ein gestörter Schlaf kann Bluthochdruck verursachen, (Abruf: 19.05.2024), www.hochdruckliga.de
- Mancia G, Kreutz R, Brunström M et al.: 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension: Endorsed by the International Society of Hypertension (ISH) and the European Renal Association (ERA); in: Journal of Hypertension, (veröffentlicht: 26.09.2023), pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
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- Alexandros N Vgontzas, Duanping Liao, Edward O Bixler, George P Chrousos, Antonio Vela-Bueno: Insomnia with objective short sleep duration is associated with a high risk for hypertension; in: Sleep, (veröffentlicht: April 2009), pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
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