Können Bakterien im Mund Bluthochdruck auslösen?
Die Zusammensetzung der Bakterien im Mund (Mundflora) scheint einen erheblichen Einfluss auf den Blutdruck zu haben. Bestimmte orale Bakterien begünstigen dabei offenbar die Entwicklung von Bluthochdruck.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten der American Heart Association (AHA) wurde festgestellt, dass einige orale Bakterien mit der Entwicklung von Bluthochdruck verbunden sind, zumindest bei postmenopausalen Frauen. Die Ergebnisse wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Journal of the American Heart Association “ veröffentlicht.
9,4 Millionen Tote als Folge von Hypertonie
Bluthochdruck (Hypertonie) kann unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Niereninsuffizienz mit potenziell tödlichen Folgen führen. So versterben laut dem Robert Koch-Institut (RKI) jedes Jahr weltweit etwa 9,4 Millionen Menschen an Todesursachen, welche auf erhöhten Blutdruck zurückzuführen sind.
Als die wichtigsten Risikofaktoren für einen erhöhten Blutdruck gelten mangelnde Bewegung, Übergewicht, ungesunde Ernährung, Stress und ein erhöhter Alkoholkonsum. In der neuen Studie wird nun deutlich, dass bei postmenopausalen Frauen auch bei die Zusammensetzung der Bakterien im Mund das Risiko für Bluthochdruck signifikant erhöhen kann.
Daten von 1.215 Frauen ausgewertet
In der Studie wurden die Daten von 1.215 postmenopausalen Frauen der sogenannten Buffalo Osteoporosis and Periodontal Disease Study analysiert. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmerinnen lag bei Eintritt in die Untersuchung bei 63 Jahren.
Bei Aufnahme in die Studie wurde einerseits der Blutdruck erfasst und andererseits wurden Proben von vorhandenem oralen Zahnbelag unterhalb des Zahnfleischsaums genommen, berichten die Forschenden.
Zusätzlich wurde auch die Einnahme von Arzneimitteln und die medizinische und lebensgeschichtliche Vorgeschichte erfasst. Ziel war es, einen möglichen Zusammenhang zwischen Mundbakterien und Bluthochdruck zu überprüfen.
40 Prozent der Teilnehmerinnen hatten Bluthochdruck
Zu Beginn der Studie hatten etwa 35 Prozent (429) der Frauen einen normalen Blutdruck, also Messwerte unter 120/80 mm Hg. Diese Teilnehmerinnen nahmen keine Medikamente für ihren Blutdruck ein.
Dagegen litten knapp 24 Prozent (306) der Frauen unter einen erhöhten Blutdruck mit Werte über 120/80 mm Hg. Auch diese Teilnehmerinnen nahmen keine Blutdruckmedikamente ein.
Dann gab es noch eine Gruppe von Frauen, die etwa 40 Prozent (480) ausmachte, welche als Personen mit behandeltem Bluthochdruck eingestuft wurden. Mit anderen Worten: Sie litten unter Bluthochdruck und nahmen bereits Medikamente zur Behandlung ein.
245 Bakterienstämme in Plaque identifiziert
In der Studie wurden insgesamt 245 einzigartige Bakterienstämme in den Plaqueproben identifiziert. Zusätzlich zeigte sich, dass bei knapp einem Drittel der Teilnehmerinnen während des Nachbeobachtungszeitraums von durchschnittlich zehn Jahren Bluthochdruck diagnostiziert wurde.
Diese Frauen hatten zu Beginn der Studie noch keinen Bluthochdruck und wurden zuvor auch nicht deswegen mit Medikamenten behandelt.
Zehn Bakterienarten erhöhen Risiko massiv
Schließlich stellte sich heraus, dass es zehn Bakterien gibt, welche mit einem um zehn bis 16 Prozent höheren Risiko für die Entwicklung von Bluthochdruck verbunden sind, so das Team.
Außerdem wurden noch fünf Bakterienarten identifiziert, die mit einem um neun bis 18 Prozent niedrigeren Bluthochdruckrisiko in Verbindung stehen, fügen die Fachleute hinzu. Diese Ergebnisse blieben auch nach der Berücksichtigung von verschiedenen Risikofaktoren konsistent.
In Untergruppen wurde dann die potenziellen Assoziationen zwischen den 15 Bakterien und dem Risiko für Bluthochdruck untersucht. Dabei wurden beispielsweise Frauen unter 65 Jahren mit Frauen über 65 Jahren, Raucherinnen mit Nichtraucherinnen und Frauen mit normalem oder erhöhtem Blutdruck zu Beginn der Studie verglichen.
Es zeigte sich, dass die Ergebnisse in allen der verglichenen Untergruppen gleich ausfielen, berichten die Fachleute. Da die Prävalenz von Bluthochdruck bei älteren Frauen höher ausfällt als bei älteren Männern, sind die Ergebnisse laut Studienautor Dr. Michael J. LaMonte von der University at Buffalo besonders relevant für Frauen nach der Menopause.
Verbindung hoher Blutdruck und Parodontalerkrankungen
Laut dem Team gab es bereits zuvor Untersuchungen, welche Hinweise dafür geliefert hatten, dass der Blutdruck bei Menschen mit bestehender Parodontalerkrankung tendenziell höher ausfällt, als bei Personen ohne diese Erkrankungen.
Die aktuelle Studie sei aber die erste Forschungsarbeit, in der ein möglicher Zusammenhang zwischen oralen Bakterien und der Entwicklung von Bluthochdruck prospektiv untersucht wurde.
Es sei deutlich geworden, dass einige Bakterien helfen, das Zahnfleisch und die Zahnstrukturen gesund zu halten. Aber es gibt auch Bakterien, die dem Zahnfleisch schaden und Parodontalerkrankungen verursachen, erläutert Studienautor Dr. LaMonte.
„Wir wissen inzwischen besser, dass die Gesundheit von mehr als nur den traditionellen Risikofaktoren beeinflusst wird, die wir als so wichtig erachten“, ergänzt Dr. Willie Lawrence von der American Heart Association in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen.
Der entdeckte Zusammenhang zwischen Bakterien im Mund und dem Risiko für Bluthochdruck lasse vermuten, dass eine verstärkte, gezielte Mundpflege möglicherweise auch die Bluthochdruckprävention verbessern kann, resümiert Studienautor Dr. LaMonte. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- American Heart Association: Some oral bacteria linked with hypertension in older women (veröffentlicht 02.03.2022), AHA
- Michael J. LaMonte, Joshua H. Gordon, Patricia Diaz‐Moreno, Christopher A. Andrews, Daichi Shimbo, Kathleen M. Hovey, Michael J. Buck, J. Wactawski‐Wende: Oral Microbiome Is Associated With Incident Hypertension Among Postmenopausal Women; in: Journal of the American Heart Association (veröffentlicht 02.03.2022), ahajournals.org
- Robert Koch-Institut: Hypertonie (abgefragt 18.07.2023), RKI
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.