Fachgesellschaft gibt Auskunft über Bluthochdruck-Arzneien
Kürzlich zeigte eine britische Studie, dass ACE-Hemmer gegen Bluthochdruck mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Lungenkrebs verbunden sein könnten. Da es aber einige Unstimmigkeiten in der Studie gab, haben Experten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie kurze Zeit später eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie dazu raten, die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten. Dennoch verbleiben viele Herzpatienten in Unsicherheit. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (DGN) klärt über den richtigen Umgang auf.
Millionen von Patienten mit Herzkrankheiten profitieren in Deutschland von Arzneien, die ACE-Hemmer beinhalten. Nach Angaben des DGN-Herzexperten Professor Dr. Ulrich Laufs werden etwa 45 Prozent aller Bluthochdruck-Patienten mit ACE-Hemmern behandelt. Bei Herzschwäche und nach einem Herzinfarkt erhalten nahezu alle Patienten den Wirkstoff. „Dass diese Therapie lebensverlängernd wirkt und die Beschwerden verbessert, ist durch zahlreiche Studien gesichert“, erklärt Laufs in einer Pressemitteilung. Das Sterberisiko könne durch die Einnahme von ACE-Hemmern um 25 bis 30 Prozent gesenkt werden.
Lösen ACE-Hemmer Lungenkrebs aus?
Die DGN-Experten fassen den Sachverhalt der Studie zusammen: ACE-Hemmer können zu Lungenkrebs führen, stellten britische Wissenschaftler kürzlich in einer Studienarbeit fest. Den Forschungsergebnissen zufolge wiesen Patienten, die mit ACE-Hemmern versorgt wurden, ein um 14 Prozent erhöhtes Risiko auf, ein Bronchialkarzinom zu entwickeln, gegenüber denjenigen, die AT1-Antagonisten einnahmen, und ein sechs Prozent höheres Risiko gegenüber Patienten, die mit anderen blutdrucksenkenden Mitteln ohne ACE-Hemmer versorgt wurden.
Wie lautet die DGN-Einschätzung zu dieser Studie
„Eine ganz wesentliche Schwäche der Studie ist, dass diverse beeinflussende Faktoren nicht berücksichtigt werden konnten, weil keine Informationen dazu vorlagen“, erläutert DGN-Pharmakologe Professor Dr. Ulrich Kintscher. Da bei der Entwicklung eines Bronchialkarzinoms viele Faktoren zusammenkämen, sei die Kontrolle über beeinflussende Faktoren bei solchen Studien besonders wichtig. Diese Kontrolle fand den DGN-Experten zufolge nicht statt. Es handele sich lediglich um eine Beobachtungsstudie, die zwar mögliche Zusammenhänge erkennen, aber keine Aussage über Ursache und Wirkung treffen kann.
Viele Faktoren blieben unbeachtet
„Nicht mit in die Untersuchung einbezogen wurden beispielsweise der sozioökonomische Status, die Ernährungsgewohnheiten der Patienten und die familiäre Vorbelastungen für Lungenkrebs“, betont Kintscher. Auch die Dauer und Intensität des Tabakkonsums der rauchenden Teilnehmenden sei nicht berücksichtigt worden – ein entscheidender Risikofaktor für Lungenkrebs und Bluthochdruck. Dennoch müsse man die Studienergebnisse ernst nehmen und einen möglichen Zusammenhang in Betracht ziehen.
Nutzen und Risiko abwägen
„Es gilt allerdings, stets sorgfältig zwischen dem Nutzen, den Patienten aus der Therapie zu ziehen, und den Risiken abzuwägen“, raten die DGN-Experten. Die Professoren Laufs und Kintscher kommen beide zu dem Schluss, dass zunächst kein Anlass dazu besteht, ACE-Hemmer durch andere Medikamente zu ersetzen, wenn diese von den Betroffenen gut vertragen werden.
Unregelmäßige Einnahme birgt größere Risiken
„Viel mehr Sorgen sollten die häufig zu niedrig angesetzte Dosierung der Medikamente durch die Ärzte und die oft mangelnde Einnahmetreue der Patienten bereiten“, gibt Laufs zu Bedenken. Laut den Experten sollte man auf keinen Fall auf die Idee kommen, die Präparate eigenmächtig abzusetzen.
Für wen kommt ein Medikationswechsel in Betracht?
„Bei bestimmten Patienten, beispielsweise mit erhöhtem Risiko für oder bereits bestehenden Lungenkrebserkrankungen, kann der Ersatz des ACE-Hemmers erwogen werden“, empfiehlt Kintscher. Wer sich durch die Studie stark verunsichert fühlt, der solle mit seinem behandelnden Arzt offen über die Bedenken sprechen, um eine mögliche Lösung zu finden, so der Rat der Fachgesellschaft. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.