Warum erhöhter Blutdruck im mittleren Alter so gefährlich ist
Ein erhöhter Blutdruck im mittleren Lebensalter ist mit umfangreicheren Hirnschäden bei älteren Menschen verbunden. Insbesondere scheint es einen starken Zusammenhang zwischen dem diastolischen Blutdruck vor dem 50. Lebensjahr und Hirnschäden im späteren Leben zu geben.
Wenn Menschen im mittleren Lebensalter unter einem erhöhten Blutdruck leiden, kann dies im späteren Leben zur Entwicklung von Hirnschäden führen, so das Ergebnis einer Untersuchung unter Beteiligung von Forschenden der international hoch anerkannten University of Oxford. Die Studie wurde in der englischsprachigen Fachzeitschrift „European Heart Journal“ publiziert.
Was sind Hyperintensitäten der weißen Substanz?
Die Forschenden suchten bei ihrer Studie nach Schäden im Gehirn, welche als Hyperintensitäten der weißen Substanz (WMH) bezeichnet werden. Diese zeigen sich auf MRT-Hirnscans als hellere Regionen und weisen auf Schädigungen der kleinen Blutgefäße im Gehirn hin. Diese Schädigungen nehmen mit steigendem Alter und Blutdruck zu.
WMH sind mit einem erhöhten Risiko für Schlaganfall, Demenz, körperliche Behinderungen, Depressionen und einem Rückgang der Denkfähigkeiten verbunden, erläutern die Forschenden.
Nicht alle Menschen entwickeln diese Veränderungen mit zunehmendem Alter, aber sie treten bei mehr als 50 Prozent der Personen im Alter über 65 Jahren und bei den meisten über 80-Jährigen auch ohne Bluthochdruck auf. Allerdings ist es wahrscheinlicher, dass sie sich bei hohem Blutdruck entwickeln und schwerwiegend werden, berichtet das Team.
„Um das Volumen der Hyperintensität der weißen Substanz zwischen den Menschen zu vergleichen und um die Analyse an die Tatsache anzupassen, dass die Gehirne der Menschen in ihrer Größe leicht variieren, haben wir das Volumen der WMH durch das Gesamtvolumen der weißen Substanz im Gehirn geteilt. Auf diese Weise konnten wir die WMH-Belastung analysieren, die das Verhältnis des WMH-Volumens zum Gesamtvolumen der weißen Substanz darstellt”, erklärt Studienautorin Dr. Wartolowska von der University of Oxford in einer Pressemitteilung.
Rolle des diastolischen Blutdrucks im Alter unter 50 Jahren?
Die Forschenden fanden heraus, dass eine höhere WMH-Belastung stark mit dem aktuellen systolischen Blutdruck assoziiert war. Die stärkste Assoziation bestand jedoch mit dem diastolischen Blutdruck in der Vergangenheit, insbesondere im Alter von unter 50 Jahren.
Jeder Anstieg des Blutdrucks, selbst unterhalb der üblichen Behandlungsschwelle von 140 mmHg für den systolischen und unter 90 mmHg für den diastolischen Blutdruck, wurde mit einer erhöhten WMH in Verbindung gebracht, insbesondere wenn die Menschen Medikamente zur Behandlung von Bluthochdruck einnahmen, berichten die Fachleute.
Folgen des Anstiegs des systolischen Blutdrucks?
Bei jedem Anstieg des systolischen Blutdrucks um 10 mmHg über den Normalbereich hinaus stieg der Anteil der WMH-Belastung im Durchschnitt (Median) um das 1,126-fache und bei jedem Anstieg des diastolischen Blutdrucks um 5 mmHg um das 1,106-fache.
Unter den obersten zehn Prozent der Personen mit der größten WMH-Belastung konnten 24 Prozent der Belastung auf einen systolischen Blutdruck über 120 mmHg und sieben Prozent auf einen diastolischen Blutdruck über 70 mmHg zurückgeführt werden, was die Tatsache widerspiegelt, dass bei älteren Patienten häufiger ein erhöhter systolischer als ein diastolischer Blutdruck auftritt, erklärt das Team.
Wie kann Schädigung des Hirngewebes verhindert werden?
Die Studie zeigt, dass der diastolische Blutdruck bei Menschen im Alter zwischen 40 und 60 Jahren erst wesentlich später mit umfangreicheren Hirnschäden assoziiert ist. Das bedeutet, dass nicht nur der systolische Blutdruck, sondern auch der diastolische Blutdruck im mittleren Alter wichtig ist, um eine Schädigung des Hirngewebes zu verhindern, erklärt die Forschungsgruppe.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass wenn Menschen auch mit 70 Jahren noch ein gesundes Gehirn haben möchten, dafür gesorgt werden muss, dass der Blutdruck, einschließlich des diastolischen Blutdrucks, im Alter zwischen 40 und 60 Jahren in einem gesunden Bereich liegt, betonen die Forschenden.
Selbst leicht erhöhter Blutdruck schadet
„Die zweite wichtige Erkenntnis ist, dass jeder Anstieg des Blutdrucks über den normalen Bereich hinaus mit einer höheren Hyperintensität der weißen Substanz verbunden ist. Dies weist darauf hin, dass selbst ein leicht erhöhter Blutdruck, bevor er die Kriterien für die Behandlung der Hypertonie erfüllt, eine schädigende Wirkung auf das Hirngewebe hat“, erläutert Dr. Wartolowska.
„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass zur Gewährleistung der besten Prävention von Hyperintensitäten der weißen Substanz im späteren Leben insbesondere die Kontrolle des diastolischen Blutdrucks in der frühen Lebensmitte erforderlich sein kann, selbst bei einem diastolischen Blutdruck unter 90 mmHg, während die Kontrolle des systolischen Blutdrucks im späten Leben möglicherweise wichtiger ist“, fügt die Expertin hinzu.
Blutdruck sollte langfristig kontrolliert werden
Das lange Zeitintervall zwischen den Auswirkungen des Blutdrucks in der Mitte des Lebens und den Schäden im späten Leben zeige, wie wichtig es ist, den Blutdruck langfristig zu kontrollieren. Hier müsse auch die Forschung angepasst werden, um die sehr langfristigen Auswirkungen der oft asymptomatischen Probleme in der Mitte des Lebens zu berücksichtigen. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Karolina Agnieszka Wartolowska, Alastair John Stewart Webb: Midlife blood pressure is associated with the severity of white matter hyperintensities: analysis of the UK Biobank cohort study, in European Heart Journal (veröffentlicht 26.11.2020), European Heart Journal
- European Society of Cardiology: High blood pressure in midlife is linked to increased brain damage in later life (veröffentlicht 26.11.2020), ESC
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.