Bluthochdruck (Hypertonie) ist das weltweit am meisten verbreitete Herz-Kreislauf-Problem. Bei vielen Betroffenen kommen Medikamente zum Einsatz. Häufig lässt sich hoher Blutdruck aber auch natürlich senken, etwa durch eine Umstellung des Lebensstils oder mit Hausmitteln. Nun gibt es neue Empfehlungen für die nicht medikamentöse Behandlung.
Nicht medikamentöse Maßnahmen sind eine wichtige Säule der Therapie von Bluthochdruck. Nun wurden in den Leitlinien der European Society of Hypertension (ESH) neue Maßnahmen der Lebensstilinterventionen zur Prävention und Behandlung von Hypertonie aufgenommen, berichtet die Deutsche Hochdruckliga in einer aktuellen Mitteilung.
Spektrum der empfohlenen Lebensstilinterventionen erweitert
Ein Kapitel der „2023 ESH Guidelines for the Management of Arterial Hypertension“, die in der Fachzeitschrift „Journal of Hypertension“ veröffentlicht wurden, widmet sich den Möglichkeiten der Lebensstilinterventionen zur Prävention und Behandlung von Bluthochdruck.
„Diese nicht medikamentösen Maßnahmen stellen nach wie vor eine essenzielle Säule der Hypertonietherapie dar“, sagt Prof. Markus van der Giet, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga.
Das Spektrum der empfohlenen Lebensstilinterventionen wurde in den neuen Leitlinien jetzt um zwei Maßnahmen erweitert.
Stressreduktion und höhere Kaliumaufnahme
Zu den klassischen Lebensstilinterventionen, die zu einer signifikanten Senkung der Blutdruckwerte führen können, zählen Abnehmen, die Restriktion der Kochsalzzufuhr, regelmäßige körperliche Aktivität, Reduktion des Alkoholkonsums, Nichtrauchen sowie eine gesunde, pflanzenbetonte Kost.
Neu in den ESH-Leitlinien sind die Empfehlungen zu einer höheren (diätetischen) Kaliumaufnahme sowie Maßnahmen zur Stressreduktion.
„Dass Stress, Ärger oder auch traumatische Ereignisse die Blutdruckwerte in die Höhe treiben, ist seit Langem bekannt. Relativ neu sind aber Daten, die zeigen, dass Antistresstraining, insbesondere Atemübungen, Yoga und Meditation, den Blutdruck positiv beeinflussen kann“, erklärt Prof. Markus van der Giet.
“Auch wenn das Ausmaß der dadurch erzielten Blutdrucksenkung geringer als das der bereits bekannten Lebensstilfaktoren und der Evidenzgrad noch gering ist, haben die Leitlinienautorinnen und -autoren diese Maßnahmen in die Empfehlungen implementiert und damit ein klares Zeichen gesetzt“, so der Experte.
„Ärztinnen und Ärzte sollten besonders dann an diese Maßnahme denken, wenn die Betroffenen keine der ,klassischen‘ Hypertonierisikofaktoren wie Übergewicht, Bewegungsarmut, ungesunde Ernährungsgewohnheiten, Rauchen oder einen erhöhten Alkoholkonsum aufweisen.“
Insbesondere die nächtliche Hypertonie ist häufig stressbedingt. Maßnahmen zum Stressabbau können somit bei sehr vielen Patientinnen und Patienten eine sinnvolle Zusatzmaßnahme darstellen.
Medikamentöse Behandlung bei höheren Werten
„Eine medikamentöse Therapie muss aber nach wie vor immer eingeleitet werden, wenn die Blutdruckwerte über 140/90 mmHg liegen. An dieser Schwelle hat sich in der neuen Leitlinie nichts geändert. Ab 140/90 mmHg besteht die klare Indikation für die Gabe von Antihypertensiva, bei kardiovaskulär Vorerkrankten bereits bei Werten über 130/80 mmHg“, betont Prof. van der Giet.
„Nur bei hoch-normalen bzw. leicht erhöhten Blutdruckwerten kann zunächst ein Versuch unternommen werden, die Blutdruckwerte durch die Änderung des Lebensstils in den Normbereich zu bringen.“
Täglich vier bis fünf Portionen Obst und Gemüse
Neben dem Stressmanagement wurde ein weiterer neuer Baustein in das Maßnahmenpaket der Lebensstilinterventionen aufgenommen: eine höhere Kaliumzufuhr.
Wissenschaftliche Studien hatten gezeigt, dass Kalium den Blutdruck senken kann, wobei allerdings ein Kaliumexzess vermieden werden muss, denn eine Hyperkaliämie (Kaliumüberschuss) kann zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen und Bradykardien führen.
Daher sprechen sich die Leitlinien vornehmlich für die diätetische Kaliumaufnahme aus, weil eine Kaliumaufnahme von bis zu 3.000 mg allein durch vier bis fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag erreicht werden kann.
Aber es gibt eine wichtige Einschränkung: Die Empfehlung zur erhöhten Kaliumaufnahme gilt nicht für Menschen mit einer fortgeschrittenen chronischen Nierenkrankheit (CKD).
Konsequent bleiben
„Die größte Herausforderung bei allen Lebensstilinterventionen ist, ähnlich wie bei der medikamentösen Therapie, die Adhärenz der Patientinnen und Patienten. Anfangs krempeln die Betroffenen begeistert ihr Leben um, treiben Sport, ernähren sich gesund, doch häufig fallen sie dann schon nach kurzer Zeit in ihre alten Gewohnheiten zurück“, mahnt der Experte.
„Wir Ärztinnen und Ärzte haben die Aufgabe, hier immer wieder zu motivieren und die positiven Effekte dieser Maßnahmen zu erklären. Nahezu alle Krankenkassen bieten hilfreiche Programme an, sei es zur Gewichtsreduktion, zur Raucherentwöhnung oder zum Stressmanagement. Wir sollten unsere Patientinnen und Patienten darauf aufmerksam machen und sie zum Mitmachen ermuntern“, so das Fazit des Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Hochdruckliga. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Hochdruckliga: Neue ESH-Leitlinie zu Bluthochdruck empfiehlt zwei neue Maßnahmen der nicht medikamentösen Therapie, (Abruf: 16.07.2023), Deutsche Hochdruckliga
- Mancia(Chairperson), Giuseppe, et al.: 2023 ESH Guidelines for the management of arterial hypertension The Task Force for the management of arterial hypertension of the European Society of Hypertension Endorsed by the European Renal Association (ERA) and the International Society of Hypertension (ISH); in: Journal of Hypertension, (veröffentlicht: 24.06.2023), Journal of Hypertension
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.