Viele Erkrankungen können sich an den Augen zeigen
Bluthochdruck, Diabetes, Schilddrüsenerkrankung, Borreliose, Tuberkulose, Multiple Sklerose oder Rheuma: Zahlreiche innere Erkrankungen können zuerst an den Augen in Erscheinung treten. Fachleute erklären, auf welche Anzeichen zu achten ist.
Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass manche psychische Störungen im Auge erkennbar sind. Zudem besteht die Möglichkeit, dass eine tödliche Hirnkrankheit durch das Betrachten der Augen erkannt werden kann. Doch nicht nur das: Die Augen können Aufschluss über diverse weitere Krankheiten geben.
Auskunft über den Zustand des Körpers
Das Auge ist eines der wichtigsten Sinnesorgane, ohne Sehfähigkeit können wir uns nicht orientieren. Zugleich ist das Auge aber auch ein Spiegel ins Innere des Körpers und kann Auskunft über seinen Zustand geben.
Ob Bluthochdruck, Diabetes, Schilddrüsenerkrankung, Borreliose, Tuberkulose, Multiple Sklerose oder Rheuma: Viele Erkrankungen können zuerst an den Augen in Erscheinung treten. Auf welche Anzeichen zu achten ist, erklärt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) in einer aktuellen Mitteilung.
„Am Auge können wir Erkrankungen erkennen, die ihre Ursachen an ganz anderen Stellen des Körpersystems haben“, sagt Professor Dr. med. Gerd Geerling, Vizepräsident der DOG. Im Falle eines Bluthochdrucks etwa spüre die Patientin oder der Patient zwar zunächst keine Beschwerden direkt am Auge.
„Aber bei der Untersuchung des Augenhintergrundes finden Augenärzte typische Gefäßveränderungen an der Netzhaut“, erläutert der Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Düsseldorf. „Die Gefäße sind verengt und gestreckt, wir sehen winzige Blutungen und Schwellungen.“
Schwankungen der Sehschärfe
Fehlfunktionen der Schilddrüse können sich ebenfalls schmerzlos am Auge bemerkbar machen. „In diesem Fall zeigt sich die Lederhaut, das ‚Weiße‘ über der Iris unterhalb des Oberlides, an einem oder beiden Augen“, erklärt Geerling. Die Augenärztin oder der Augenarzt kann dies durch bloßen Blick erkennen.
Betroffen sind oft Frauen in der dritten oder vierten Lebensdekade. „Wir empfehlen dann, einen Hormonspezialisten aufzusuchen und die Grunderkrankung zu behandeln“, sagt der DOG-Experte.
Schwankungen der Sehschärfe innerhalb eines Tages wiederum können ein Zeichen für einen unerkannten Diabetes mellitus sein – Ursache dafür ist laut den Fachleuten der steigende Blutzuckerspiegel, der über Wassereinlagerungen die Form der Augenlinse vorübergehend verändert.
Die sogenannte Zuckerkrankheit kann sich aber vor allem auch an der Netzhaut zeigen: „Finden wir an den Gefäßen der Netzhaut winzige Blutungen, Aussackungen oder Gefäßneubildungen, steht der Gang zum Internisten an“, so Geerling.
Entzündung an der Gefäßhaut
Des Weiteren zeigen sich mitunter infektiöse Erkrankungen zuerst am Auge. „Eine Borreliose beispielsweise kann sich als Entzündung an jedem Teil des Auges bemerkbar machen, an der Bindehaut, Hornhaut oder am Lid“, erklärt der DOG-Experte.
Und auch eine Tuberkulose kann die Augen befallen und eine Entzündung an der Gefäßhaut im Augeninneren auslösen, eine sogenannte Uveitis. „Die Patienten registrieren eine starke Rötung, vor allem aber eine Sehverschlechterung“, so Geerling.
Für eine Syphilis, die auf die Augen übergreift, gilt Ähnliches. In diesen Fällen gilt: „Laboruntersuchungen und die Überweisung an den Spezialisten schaffen Klarheit, ob eine solche Infektion vorliegt. Dann muss die zugrundeliegende Infektionskrankheit zum Beispiel mit Antibiotikatabletten oder -Infusionen behandelt werden“, sagt Geerling.
Fehlregulation des Immunsystems
Auch Multiple Sklerose (MS) und Rheuma zählen zu entzündlichen Erkrankungen, die sich am Auge manifestieren können – allerdings ist hier keine Infektion der Auslöser, sondern eine Fehlregulation des Immunsystems.
„Bei älteren Menschen meldet sich eine Riesenzellarteriitis, eine schwere Form einer rheumatischen Gefäßentzündung, oft mit plötzlichem Sehverlust und schweren Kopfschmerzen in der Schläfengegend“, erklärt der DOG-Experte.
Ein wichtiger Hinweis sind hier verhärtete, geschlängelte Schläfenarterien, die auf leichten Druck hin schmerzen. Dann droht dem Sehnerven Gefahr. „Der Sehnerv kann durch die Entzündung der Blutgefäße eine Art Schlaganfall erleiden, was zum Verlust des Sehvermögens führt“,
hebt Geerling hervor.
Die akute Riesenzellarteriitis muss zügig mit Kortison behandelt werden. Zeigt sich eine MS am Auge, leidet die Patientin oder der Patient häufig unter Sehstörungen durch eine Sehnerventzündung.
„Man sieht unscharf, kann nicht mehr lesen, die Farben erscheinen blass, die Kontraste sind verschwommen und die Augenbewegungen schmerzen“, so Geerling. Die Augenärztin oder der Augenarzt sammeln weitere Hinweise: Ist die Pupillenreaktion verändert, treten Schmerzen auf, wenn man leicht auf das Auge drückt?
Bei Verdacht auf MS folgt eine Magnetresonanztomographie und die Überweisung an eine Neurologin oder einen Neurologen.
Mitunter kann ein Rheuma der Gelenke und Wirbelsäule als erstes die Augen befallen – häufig in Form einer Regenbogenhautentzündung. Hier kann die Augenärztin oder der Augenarzt dafür sorgen, dass frühzeitig eine medikamentöse und physiotherapeutische Behandlung begonnen werden kann und eine Gelenkversteifung verhindert wird. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft: Von Bluthochdruck bis Schilddrüsenerkrankung: Was man am Auge alles erkennen kann, (Abruf: 04.05.2021), Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.