Größtes Sterberisiko durch Bluthochdruck bei Frauen
Wer chronisch an zu hohem Blutdruck leidet, riskiert seine Herz-Kreislauf-Gesundheit. Der “leise Tod” wird von den meisten Betroffenen nicht bemerkt- und das macht es auch so gefährlich. Die Folgeerkrankungen sind Herzinfarkt und Herzschwäche. Oftmals führt Bluthochdruck dann zum Tod. Weltweit leiden Millionen Menschen unter Hypertonie.
Weltweit haben immer mehr Menschen einen zu hohen Blutdruck. Ein zu hoher oberer Blutdruckwert ist bei Frauen heute das wichtigste Gesundheitsrisiko. Bei Männern ist nur noch das Tabakrauchen für mehr verlorene Lebensjahre verantwortlich. Dies geht aus den jüngsten Ergebnissen der Global Burden of Disease-Studie hervor, die jetzt in der Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht wurden. Die Deutsche Hochdruckliga e. V. DHL® – Deutsche Gesellschaft für Hypertension und Prävention führt die Zunahme von Hochdruckerkrankungen neben dem zunehmenden Lebensalter insbesondere auf Übergewicht und Bewegungsmangel zurück; beides gefährdet auch in Deutschland die Gesundheit der Bevölkerung. Hier ist auch politisches Handeln gefragt.
Die Global Burden of Disease (GBD)-Studie ist die größte epidemiologische Studie zum Gesundheitszustand der Weltbevölkerung. Das Institute for Health Metrics and Evaluation in Seattle ermittelt für die GBD regelmäßig Zahlen zur Häufigkeit von Krankheiten und ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität, die als DALY (disease-adjusted life years) gemessen werden. Ein DALY setzt sich als Maßzahl zusammen aus der Summe der durch vorzeitigen Tod verlorenen Lebensjahre und den mit Krankheit und/oder Behinderung gelebten Lebensjahren.
Bluthochdruck wichtigster Risikofaktor
Die neueste Bestandsaufnahme hat den Einfluss von 84 Risikofaktoren auf die Gesundheit ermittelt. Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass ein zu hoher Blutdruck im Jahr 2016 weltweit bei Männern für 124,1 Millionen DALY und bei Frauen für 89,9 Millionen DALY verantwortlich war. „Bei Frauen war ein zu hoher Blutdruck damit das wichtigste Gesundheitsrisiko, bei Männern wird er nur noch vom Tabakrauchen übertroffen”, erläutert DHL®-Vorstandsvorsitzender Professor Dr. med. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik der UMM Universitätsmedizin Mannheim.
Ein erhöhter Blutdruck verursacht bei den meisten Menschen keine Beschwerden. „Zum Verlust an Lebensqualität kommt es, weil der Bluthochdruck unbemerkt Organe wie beispielsweise das Herz oder die Niere schädigen kann,” erläutert Professor Dr. med. Peter Trenkwalder, Stellvertretender DHL-Vorstandsvorsitzender und Chefarzt der Medizinischen Klinik am Klinikum Starnberg. Nach den Ergebnissen der GBD waren vor allem ischämische Herzerkrankungen, also Herzinfarkte, und Schlaganfälle für die hohen DALY-Zahlen verantwortlich. Professor Krämer betont: „Mit rechtzeitigen Blutdruckeinstellungen lassen sich rund die Hälfte aller Schlaganfälle und Herzinfarkte vermeiden.”
Im Vergleich zu einer früheren GBD-Studie, die 1990 von der Weltgesundheitsorganisation initiiert wurde, ist der Einfluss des Bluthochdrucks gestiegen. Für den Anstieg der Hochdruckerkrankungen macht die Untersuchung vor allem Übergewicht verantwortlich. „Ein Anstieg des Körpergewichts ist in Kombination mit einem Bewegungsmangel die wichtigste zivilisatorische Ursache des Bluthochdrucks”, erläutert Professor Trenkwalder.
Bewegung und Abnehmen helfen
Ein erhöhter Blutdruck lässt sich häufig nicht-medikamentös über Lebensstiländerungen – regelmäßige Bewegung, die richtige Ernährung, ein normales Gewicht sowie der Verzicht auf Alkohol und Nikotin – in den Griff bekommen. Sollte trotzdem eine begleitende medikamentöse Therapie nötig sein, gibt es heute eine breite Auswahl von weitgehend nebenwirkungsfreien Arzneimitteln. Diese führen bei den meisten Patienten zu befriedigenden Blutdruckwerten. Die Zahlen dokumentieren für Professor Krämer den unverändert hohen Handlungsbedarf auch für Deutschland. Die GBD-Studie sollte auch die deutsche Bevölkerung sensibilisieren, das Risiko nicht zu unterschätzen.
In Deutschland sind unverändert rund 25 Mio. Deutsche von einem zu hohen Blutdruck betroffen. „Bei der Hälfte der Betroffenen in Deutschland ist der Blutdruck inzwischen aber gut eingestellt”, sagt Professor Krämer. „Die andere Hälfte hat jedoch noch einen zu hohen Blutdruck. Auch in Deutschland gibt es zudem noch viele Menschen, die nicht wissen, dass ihr Blutdruck zu hoch ist, die sich nicht behandeln lassen oder die nicht ausreichend behandelt sind. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird in den nächsten Jahren trotz rückläufiger Bevölkerungszahl der absolute Anteil an Hypertonikern stark ansteigen. Professor Krämer betont: „Es warten gewaltige Herausforderungen auf unser Gesundheitssystem.”
Prävention müsse für Krankenkassen attraktiver werden. „Die Hochdruckliga fordert daher, den Risikostrukturausgleich dahingehend zu ändern, dass sich Prävention für die Krankenkassen wieder lohnt. Denn dann werden sie versuchen, die Früherkennung und Vermeidung von Bluthochdruck – als wichtigste Ursache für Herz- und Kreislauferkrankungen – intensiv zu fördern.”
Darüber hinaus fordert die Deutsche Hochdruckliga auch, die individuelle Behandlung von schwer einstellbaren Bluthochdruck-Patienten zu verbessern. Die Behandlungsprozesse müssten sich stärker am Patienten orientieren, nicht an veralteten Strukturen. „Der Patient muß wieder im Mittelpunkt stehen”, sagt Professor Trenkwalder. Hier gelte es, Drehtüreffekte beziehungsweise Über- und Fehlbehandlungen zu verhindern. „Das geht nur durch eine konzertierte Zusammenarbeit über Sektoren-, Facharzt- und Krankenkassengrenzen hinweg.”
Quellen:
GBD 2016 Risk Factors Collaborators. Global, regional, and national comparative risk assessment of 84 behavioural, environmental and occupational, and metabolic risks or clusters of risks, 1990–2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. Lancet 2017; 390: 1345-422
Neuhauser, Hannelore et al. Bluthochdruck in Deutschland. Daten aus sieben bevölkerungsbasierten epidemiologischen Studien (1994–2012). Deutsches Ärzteblatt International 2016; 113(48): 809-15
Autoren- und Quelleninformationen
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