Kein Schmerzensgeld vom TÜV für fehlerhafte Brustimplantate
31.01.2014
In Deutschland muss der TÜV Rheinland kein Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Brustimplante des französischen Herstellers PIP zahlen. Das entschied das Oberlandesgericht Zweibücken. Die Richter wiesen die Schmerzensgeld-Klage einer 64-Jährigen ab, da nicht nachweisbar sei, dass der TÜV seine Prüfpflicht vernachlässigt habe. Die Klage wurde zur Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zugelassen. In Frankreich muss der TÜV möglicherweise Schadensersatzzahlungen an 1.600 betroffene Frauen leisten.
Schmerzensgeld-Klage wegen fehlerhafter Brustimplante abgewiesen
Einer Frau aus der Vorderpfalz wurden Brustimplantate der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP) nach einer Operation zur Krebsvorsorge eingesetzt. Wie im Jahr 2011 bekannt wurde, waren die Silikonkissen mit billigem Industriesilikon gefüllt statt mit hochwertigem medizinischem Material. Betroffene Frauen haben dadurch ein deutlich erhöhtes Risiko für Entzündungen in der Brust und weitere Komplikationen. Der TÜV war für die Prüfung der Produktionsprozesse bei PIP zuständig, so dass dem Hersteller auf dieser Grundlage das europäische CE-Siegel verliehen wurde. Weltweit wurden Hunderttausenden Frauen die mangelhaften Brustimplantate eingesetzt. In Deutschland sind mehr als 5000 Frauen betroffen.
Die 64-jährige Frau erhebt in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe gegen den TÜV. Die Prüforganisation habe PIP nicht ausreichend überwacht. Medienberichten aus dem vergangenen Jahr zufolge hat es tatsächlich Ungereimtheiten gegeben. So berichtete das „Handelsblatt“ von interne Berichten (https://www.heilpraxisnet.de/naturheilpraxis/tuev-wusste-von-fehlerhaften-pip-brustimplantaten-9017643.php), die dokumentieren, dass der TÜV im Februar 2001 eine Sonderprüfung bei PIP angemeldet hatte und ab 2002 keine Zertifizierungen mehr für das Qualitätsmanagement der Hydrogel-Produkte ausstellte. Dennoch führte der TÜV keine Kontrollen durch und zertifizierte das Qualitätsmanagement der Silikon-Implantate zudem noch bis zum Jahr 2010.
TÜV war nur für Überprüfung des Qualitätssicherungssystems, aber nicht für Kontrolle des Silikons zuständig
Nachdem die Frau in erster Instanz vor dem Landgericht Frankenthal mit einer Klage gescheitert war, zog sie vor das Oberlandesgericht Zweibrücken. Die 64-Jährige verlangte Schmerzensgeld von zunächst 100.000 Euro und später von 40.000 Euro vom TÜV. Doch auch beim Oberlandesgericht entschieden die Richter nicht zu ihren Gunsten. Dem Gericht zufolge gab es keinen Beweis dafür, dass der TÜV seine Prüfpflichten verletzt hat. Es sei lediglich die Aufgabe gewesen, das Qualitätssicherungssystem des Herstellers zu überprüfen. Die Beschaffenheit der Produkte selbst würden nicht darunter fallen, so die Richter. Folglich habe der TÜV auch nicht kontrollieren müssen, ob PIP das richtige Silikon für die Implantate verwende. Diese Prüfung habe in der Verantwortung der französischen Behörden gelegen.
Der TÜV reagierte erwartungsgemäß sehr positiv auf das Urteil. Die Entscheidung der Richter zeige, dass die Prüforganisation gemäß aller gesetzlichen Vorgaben gehandelt habe, erklärte die Prozessbevollmächtigte Ina Brock. Es sei zu keiner Zeit bekannt gewesen, dass PIP in betrügerischer Weise gehandelt habe. Zudem verfüge der TÜV auch nicht über die Mittel, um dies aufzudecken.
Aber auch die Klägerseite wertete das Urteil als Erfolg. Immerhin sei die Revision beim BGH zugelassen worden. Davon werde man Gebrauch machen, so Rechtsanwalt Christoph Manthei. Möglicherweise lande der Fall letztendlich vor dem Europäischen Gerichtshof. (ag)
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