Multigentest hilft Chemotherapien bei Brustkrebs gezielter einzusetzen
In der Brustkrebstherapie werden mitunter Multigentests eingesetzt, um zu ermitteln, wie hoch das Metastasierungsrisiko ist. Deutschen Wissenschaftlern zufolge hilft dieser Test, Chemotherapien gezielter einzusetzen und somit die Heilungschancen zu verbessern.
Häufigste Krebserkrankung bei Frauen
Brustkrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Frauen. Allein in Deutschland werden jedes Jahr bis zu 70.000 Neuerkrankungen gezählt. Viele Patientinnen müssen sich einer Chemotherapie mit belastenden Nebenwirkungen unterziehen. Doch schon seit langem wird von Fachleuten darauf hingewiesen, dass diese bei Brustkrebs nicht immer sinnvoll ist. Im vergangenen Jahr wurde über neue Gentests berichtet, die unnötige Chemotherapien bei Brustkrebs erübrigen sollen. Manche Gentests können aber auch den gezielten Einsatz von Chemotherapien bei Brustkrebs ermöglichen, wie Wissenschaftler aus München feststellten.
Multigentests in der Brustkrebstherapie
Seit einigen Jahren wird in der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar bei Patientinnen mit einer bestimmten Brustkrebs-Variante – hormonrezeptor-positivem, HER2-negativem Brustkrebs – ein sogenannter Multigentest eingesetzt.
Laut einer Mitteilung der Technischen Universität München (TUM) lässt sich mit diesem anhand von Gewebeproben und weiteren klinischen Merkmalen eine Aussage darüber treffen, wie hoch das Risiko für die Patientin ist, dass sich in Zukunft Metastasen bilden.
Ein Team des Brustzentrums am Klinikum rechts der Isar der TUM hat nun Ergebnisse aus der klinischen Routine vorgestellt.
Laut diesen hilft der am Klinikum eingesetzte Multigentest tatsächlich, Chemotherapien gezielter einzusetzen und damit die Heilungschancen zu verbessern.
Chemotherapie kann eine unnötige schwere Belastung sein
„Anhand des Testergebnisses, das neben molekularbiologischen Tumoreigenschaften auch die individuellen Faktoren Tumorgröße und Lymphknotenbefall mit einbezieht, entscheiden Ärztinnen und Ärzte, ob zusätzlich zu einer operativen Entfernung des Tumors und der anschließenden antihormonellen Behandlung auch eine Chemotherapie sinnvoll ist“, erläutert Prof. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik.
„Bei einem niedrigen Risiko einer Metastasierung kann eine Chemotherapie eine unnötige schwere Belastung sein, bei einem hohen Risiko kann die Therapie verhindern, dass später neue Tumoren entstehen.“
Dr. Johannes Ettl, leitender Oberarzt am interdisziplinären Brustzentrum der Frauenklinik, stellte die Ergebnisse der unabhängigen, nicht von einem Test-Hersteller beauftragten Versorgungsstudie zu dem im Brustzentrum eingesetzten Test, auf dem San Antonio Breast Cancer Symposium in den USA, einem der weltweit wichtigsten Fachkongresse für Brustkrebs, vor.
Gegenstand der Untersuchung war der EndoPredict-Test, einer der vier in Deutschland am häufigsten eingesetzten Multigentests bei Brustkrebs.
Bei seiner Einführung 2011 war er der erste Test, der sowohl Gensignaturen als auch klassische klinische Parameter wie die Tumorgröße und den Befall von Lymphknoten berücksichtigte.
Tests helfen beim gezielteren Einsatz von Chemotherapien
Für die Studie analysierten die Forscher, wie die Brustkrebs-Erkrankung von 373 Patientinnen in den Jahren nach dem Beginn der ersten Behandlung und dem damit verbundenen Test tatsächlich verlief.
Der Test hatte für 238 Patientinnen (63,8 Prozent) ein niedriges Risiko, für 135 (36,2 Prozent) ein hohes Risiko ergeben.
Es zeigte sich, dass nach einem mittleren Beobachtungszeitraum von 3,5 Jahren bei Patientinnen in der „Hochrisiko-Gruppe“ im Vergleich zur „Niedrigrisiko-Gruppe“ in der Praxis die Wahrscheinlichkeit doppelt so hoch war, dass der Brustkrebs wieder auftrat und sogar fünfmal so hoch war, dass sich Metastasen in anderen Organen bildeten.
Unter den Niedrigrisikopatientinnen und den Hochrisikopatientinnen, die zusätzlich zur Antihormontablette mit Chemotherapie behandelt wurden, lebten nach drei Jahren 96,6 Prozent (Niedrigrisiko-Gruppe) beziehungsweise 96,3 Prozent (Hochrisiko und Chemotherapie) ohne Brustkrebs.
Bei den Patientinnen mit hohem Risiko, bei denen trotz der testbasierten Empfehlung der Ärztinnen und Ärzte keine Chemotherapie eingesetzt wurde, waren es dagegen nur 91,5 Prozent.
„Unsere Beobachtungsstudie liefert erstmals Daten aus der klinischen Routine-Versorgung, die zeigen, dass der Test tatsächlich wichtige Anhaltspunkte für die Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie liefern kann“, so Prof. Marion Kiechle.
„Gensignaturtests sind wichtige Werkzeuge, die uns helfen, Chemotherapien gezielter einzusetzen und sowohl einen unnötigen Einsatz dieser stark belastenden Therapien als auch einen potenziell folgenschweren Verzicht auf eine Chemotherapie bei hohem Metastasierungsrisiko zu vermeiden.“ (ad)
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