Operation hat bei älteren Patientinnen offenbar keinen Einfluss auf die Heilungschancen
09.09.2014
Bei älteren Brustkrebspatientinnen wird heutzutage seltener eine Operation durchgeführt als noch vor 15 Jahren. Doch wie eine niederländische Dokumentation zeigt, ändert der Verzicht auf einen Eingriff an der Überlebensrate offenbar nichts.
In den 1990er Jahren noch deutlich mehr Eingriffe
Frauen, die über 75 Jahre alt und von Brustkrebs betroffen sind, werden heute längst nicht mehr so häufig operiert, wie es noch in den 1990er Jahren üblich war. Dies mutet zunächst merkwürdig an, denn bei dem Mammakarzinom handelt es sich um den häufigsten bösartigen Tumor der Brustdrüse bzw. um die häufigste Krebsart bei Frauen in den westlichen Ländern. Doch wie niederländische Daten zeigen, hat die veränderte Therapie offenbar keinen Einfluss auf die Überlebensrate, wobei ein Rückschluss auf mögliche Vorteile der Entwicklung nur schwer gezogen werden kann. Denn immerhin sehen die Leitlinien der International Society of Geriatric Oncology und der European Society of Breast Cancer Specialists vor, dass „Patientinnen, die 70 Jahre oder älter sind, [.] die gleiche chirurgische Behandlung angeboten werden [sollte] wie jüngeren".
Brusterhaltende Behandlung heute Standard
Den Leitlinien zufolge besteht die standardmäßige Behandlung bei Brustkrebs in einer brusterhaltenden Operation, wobei große Tumore unter Umständen durch eine vorgeschaltete medikamentöse Therapie (neoadjuvante Chemotherapie) verkleinert werden. Nach der Operation erfolgt zumeist eine zusätzliche Bestrahlung der Brust, um das Risiko für einen Rückfall im verbliebenen Gewebe zu senken. In selteneren Fällen muss die Brust auch operativ abgenommen werden (Mastektomie), worauf ebenfalls in einigen Fällen eine Strahlentherapie folgt. Doch entgegen dieser Leitlinien wird heute offenbar sehr viel seltener operiert als noch vor 15 bis 20 Jahren. Zu diesem Ergebnis ist nun eine Gruppe von Chirurgen und Onkologen um Nienke de Glas vom Department of Surgery am niederländischen „Leiden University Medical Centre“ (LUMC) gekommen. „Ältere Patienten mit Brustkrebs werden oft nicht in Übereinstimmung mit den Richtlinien behandelt. Durch die Entwicklung der endokrinen Therapie kann ein Verzicht auf eine Operation bei einigen Patienten in Erwägung gezogen werden. Das Ziel dieser bevölkerungsbezogenen Studie war es, Zeittrends in der chirurgischen Behandlung zwischen 1995 und 2011 zu untersuchen und die Auswirkungen des Verzichts auf die Gesamt-Chirurgie und die relative Überlebensrate bei älteren Patienten mit resektablen Brustkrebs zu bewerten“, so die Forscher in der Oktober-Ausgabe des „British Journal of Surgery“ (BJS).
Niederländische Forscher untersuchen Daten von mehr als 26.000 Frauen
Wie die Forscher berichten, hatten sie hierfür die Daten "von insgesamt 26.292 Frauen im Alter ab 75 Jahren untersucht, bei denen im Zeitraum von 1995 bis 2011 Brustkrebs im Stadium I bis III diagnostiziert worden war". Das Ergebnis: "Während im Jahr 1995 noch 90,8 Prozent der Krebspatientinnen operiert worden waren, traf dies im Jahr 2011 nur noch auf 69,9 Prozent zu." Dabei wurde den Wissenschaftlern nach ein "klarer Zusammenhang mit dem Alter erkennbar, denn umso älter die Frauen waren, desto häufiger wurde auf einen Eingriff verzichtet". Demnach lag die Operations-Quote bei den 75- bis 79-Jährigen auch im Jahr 2011 nur wenig unter 100 Prozent, wohingegen diese bei den über 90-jährigen Patientinnen von etwa 80 Prozent in 1995 auf rund 30 Prozent in 2011gesunken war.
Anteil der primär endokrinen Behandlungen steigt zwischen 1995 und 2011 deutlich
Entsprechend stieg der Anteil der primär endokrinen Behandlungen im Laufe der Jahre deutlich: Dennwährend der Anteil 1995 lediglich bei 7,1 Prozent der älteren Frauen lag, stieg dieser bis zum Jahr 2011 auf 27,3 Prozent. Auch hier war den Forschern nach der Zusammenhang mit dem Alter deutlich: Wurden früher nur rund 20 Prozent der über 90-jährigen Frauen (sowie weniger als 10% der 75- bis 79-Jährigen) primär endokrin therapiert, waren es 2011 schon 70 Prozent.
Schlechtere Behandlung für ältere Patientinnen?
„Der Verzicht auf eine Operation ist bei älteren Patienten mit Brustkrebs in den letzten 15 Jahren in den Niederlanden häufiger geworden, dies hat jedoch nicht die allgemeine oder relative Überlebensrate verändert“, so die Forscher im BJS. Demnach hatte es den Daten nach keine Veränderung bei der Heilungschance gegeben, obwohl in den Jahren zuvor noch weit häufiger operiert und weniger endokrin behandelt worden waren. Stattdessen habe die Fünf-Jahres-Überlebensrate in den Jahren 1995 bis 2011 im Mittel bei zwischen 50 und 60 Prozent gelegen, wobei sie bei den jüngeren Frauen höher und bei den älteren höher war. Ebenso sei die Lebenserwartung der krebskranken Frauen im Vergleich zur gleichaltrigen Gesamtbevölkerung stabil bei einer Quote von etwa 80 Prozent geblieben. Ob die veränderten Therapie-Methoden nun jedoch eine positive Entwicklung darstellen, könne den Forschern nach nicht ohne Weiteres beurteilt werden. Demnach hätten sich zwar die Heilungschancen jüngerer Frauen in den letzten Jahren verbessert – dies könne aber auch ein Hinweis darauf sein, dass ältere Patientinnen wiederum keine ausreichende Behandlung erhalten, so die Wissenschaftler weiter. (nr)
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