Bundesverwaltungsgericht erlaubt Diesel-Fahrverbote: Wenn sonst nichts hilft kommen Länder nicht drumrum
Nachweislich gefährden Diesel-Abgase nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gesundheit. Diesem Umstand hat nun auch das Bundesverfassungsgericht Geltung getragen. So urteilten die Richter: “Die Luftreinhaltepläne für abgasbelastete Städte müssen auch Fahrverbote für Diesel-Pkw vorsehen, wenn anders die europarechtlichen Grenzwerte für Stickoxide nicht eingehalten werden können”. Das hat am Dienstag, 27. Februar 2018, das Bundesverwaltungsgericht zu den Luftreinhalteplänen Düsseldorf (Az.: 7 C 26.16) und Stuttgart (Az.: 7 C 30.17) entschieden. Um die Verhältnismäßigkeit zu wahren, fordern die Leipziger Richter aber Ausnahmen und schlagen Verbote in Stufen vor – für Euro-5-Fahrzeuge erst ab September 2019.
Jedes Jahr sterben weltweit über 100.000 Menschen durch Stickoxide aus Dieselabgasen. Zehntausende Todesfälle könnten vermieden werden, wenn die vorgeschriebenen Grenzwerte eingehalten werden würden.
Damit wies das Bundesverwaltungsgericht die Revisionen der Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gegen Urteile der Verwaltungsgerichte Düsseldorf (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 13. September 2016, Az.: 3 K 7695/15) und Stuttgart (Urteil vom 19. Dezember 2017, Az.: 13 K 14557/17; JurAgentur-Meldung vom Folgetag) weitgehend ab. Danach sind Fahrverbote nicht ausgeschlossen und von den Behörden zumindest zu prüfen.
Nach dem Leipziger Urteil gilt dies jedenfalls dann, wenn Fahrverbote die einzige geeignete Maßnahme sind, um die Grenzwerte zeitnah einhalten zu können.
Zur Begründung verwies das Bundesverwaltungsgericht auf das europäische Recht. Danach gilt seit 2010, dass das Jahresmittel für Stickoxide nicht über 40 Mikrogramm liegen darf und der Stundengrenzwert über 200 Mikrogramm höchstens 18 Mal im Jahr erreicht wird. Könnten diese Werte noch nicht eingehalten werden, müsse der Zeitraum einer Überschreitung nach EU-Recht „so kurz wie möglich“ gehalten werden (so kürzlich auch der Europäische Gerichtshof zu Polen, Urteil und JurAgentur-Meldung vom 22. Februar 2018, Az.: C-336/16).
Zwar lasse Bundesrecht Fahrverbote speziell für Dieselfahrzeuge bislang nicht zu. Dies müsse aber außer Acht bleiben, wenn das EU-Recht sonst nicht umgesetzt werden kann. Zudem hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart auch die Einbeziehung von Benzinern unterhalb der Schadstoffklasse Euro 3 gefordert.
Das Bundesverwaltungsgericht betonte, dass bei Fahrverboten auch der ebenfalls im EU-Recht verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben muss. Daher könnten etwa in Stuttgart Fahrverbote zunächst nur für ältere Fahrzeuge gelten, etwa bis zur Abgasnorm Euro 4. Euro-5-Fahrzeuge dürften erst dann einbezogen werden, wenn mindestens vier Jahre lang auch Diesel-Pkw nach der schärferen Euro-6-Norm auf dem Markt sind – also „nicht vor dem 1. September 2019“. Zudem müsse es Ausnahmen geben, etwa für Handwerker und Anwohner.
Dass die Kontrolle von Fahrverboten ohne entsprechende Plaketten schwierig ist, führe nicht zur Rechtswidrigkeit solcher Verbote, betonten die Leipziger Richter abschließend. sb, mwo/fle
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