Studie belegt Wirksamkeit von Cannabis bei Parkinson
In einer aktuellen Studie wurde erstmals die Wirksamkeit eines Cannabinoids bei Parkinson-Beschwerden untersucht. Dabei zeigte sich eine nachweisliche Besserung der Symptome. Der bereits zugelassene Cannabis-Wirkstoff Nabilon ist somit eine neue potenzielle Therapie zur Linderung von nichtmotorischen Parkinson-Leiden.
Forschende der Innsbrucker Universitätsklinik für Neurologie haben das für Chemotherapie-induzierte Übelkeit zugelassene Cannabinoid Nabilon auf die Wirksamkeit bei Parkinson untersucht. Dabei zeigte sich, dass der Cannabis-Wirkstoff vor allem nichtmotorische Symptome wie Angstzustände und Schlafstörungen lindert, die oft bei Parkinson auftreten. Die Forschungsergebnisse wurden in dem renommierten Fachjournal „Annals of Neurology“ präsentiert.
Nichtmotorische Symptome bei Parkinson
Parkinson wird oft von sogenannten nichtmotorischen Symptomen (NMS) begleitet. Zu diesen zählen beispielsweise Funktionsstörungen des autonomen Nervensystems, Geruchsstörungen, Stimmungsschwankungen, Impulskontrollstörungen, Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit, Wahrnehmungsstörungen sowie Halluzinationen. Darüber hinaus treten bei Parkinson häufig Schlafstörungen wie Schlaflosigkeit, Tagesmüdigkeit oder Störungen des Traumschlafs (REM-Schlafverhaltensstörung) auf.
Nur wenig Therapiemöglichkeiten bei NMS
„Viele davon können die typischen motorischen Symptome der Parkinson-Krankheit um Jahre oder sogar Jahrzehnte vorwegnehmen“, erläutert der Neurologe und korrespondierende Studienautor Klaus Seppi. Die Belastung durch NMS nehme oftmals im Laufe der Krankheit zu. Zur Behandlung dieser Beschwerden gebe es bislang jedoch nur wenig Daten aus kontrollierten klinischen Studien. „Die verfügbaren Behandlungsoptionen sind begrenzt beziehungsweise die Ergebnisse oft unbefriedigend“, betont Seppi.
Marihuana gilt bereits als „Hausmittel“ bei Parkinson
Die Wirksamkeit von Cannabis zur Linderung solcher Beschwerden scheint sich unter Parkinson-Betroffenen schon herumgesprochen zu haben. „Die potenzielle therapeutische Wirkung von Cannabinoiden auf Motorik und NMS bei Parkinson ist ein wichtiges Thema und wird häufig von Patientinnen und Patienten im Behandlungsraum angesprochen“, berichtet Studienerstautorin Marina Peball. Eine Befragung zeigte, dass 95 Prozent der Parkinson-behandelnden Ärztinnen und Ärzte bereits um die Verschreibung von medizinischen Marihuana gebeten wurden.
Erste belastbare Daten zur Wirksamkeit
Ausreichende Belege für die Wirksamkeit gab es bislang jedoch nicht. Die zur Verfügung stehenden Studien waren entweder zu klein oder unkontrolliert. Aus diesem Grund entschloss sich die Innsbrucker Arbeitsgruppe zur Durchführung einer belastbaren Untersuchung. „In unserer Studie haben wir die Wirkung von Nabilon auf die kontrollierte Behandlung von NMS bei Parkinson randomisiert und doppel-blind sowie Placebo-kontrolliert bei einer hohen Zahl an Patientinnen und Patienten untersucht“, unterstreicht Seppi.
Was ist Nabilon?
In der Studie wurde das Cannabinoid Nabilon verwendet. Der synthetische Wirkstoff gleicht dem Tetrahydrocannabinol (psychoaktive Komponente in der Cannabispflanze). Auch die pharmakologischen Eigenschaften ähneln sich in dem synthetischen Gegenstück. „Wir haben uns zur Durchführung dieser Studie mit Nabilon entschieden, da dessen Hersteller AOP Orphan das Medikament und das dazugehörige Placebo zur Verfügung gestellt hat“, schildert Seppi. Andere Präparate auf Cannabis-Basis wären aber ebenso infrage gekommen.
Erstmals Wirksamkeit von Cannabis bei Parkinson belegt
„Unsere Ergebnisse zeigen eine Verbesserung der gesamten NMS-Belastung mit Nabilon, was sich insbesondere in einer Verminderung der Angstzustände und Schlafstörungen widerspiegelt“, resümieren die Forschenden. Die Behandlung wurde im Allgemeinen gut vertragen.
Forschungsteam empfiehlt Cannabis zur Parkinson-Behandlung
„Angesichts der Daten und möglichen Wirkmechanismen können wir sagen, dass Nabilon nichtmotorische Symptome bei Patientinnen und Patienten mit Parkinson zu verbessern scheint“, folgert das Team. Die aktuelle Studie ergänzt somit die bisher begrenzten Beweise zur Wirksamkeit von Behandlungen auf Cannabis-Basis bei Parkinson-Betroffenen mit NMS. (vb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Innsbruck: Erstmals nachgewiesen: zugelassenes Cannabinoid lindert Symptome bei Parkinson (24.09.2020), i-med.ac.at
- Marina Peball, Florian Krismer, Hans‐Günther Knaus, u.a.: Non‐Motor Symptoms in Parkinson's Disease are Reduced by Nabilone; in: Annals of Neurology, 2020, onlinelibrary.wiley.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.