Pflegekräfte und technische Angestellte legten an der Charité die Arbeit nieder und fordern einen einheitlichen Tariflohn
02.05.2011
Seit den heutigen Morgenstunden befinden sich rund 1500 Pflegekräfte, Technische Angestellte und Reinigungskräfte an dem Universitätsklinikum Charité und am Virchow-Klinikum in Berlin im unbefristeten Streik. Der Streik hat nach Angaben der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi um Punkt 6.00 Uhr begonnen. Für den Nachmittag sind zwei Demonstrationen geplant. Bereits im Vorfeld wurden einige hundert Betten der etwa 3200 Krankenhausbetten nicht mehr belegt, um Versorgungsengpässe zu verhindern. Der Betrieb in den Notfallambulanzen ist zwar nicht eingestellt, allerdings müssen sich Patienten auf sehr lange Wartezeiten einrichten, da die Besetzung der Wochenendschichten gleicht. Patienten werden darum gebeten, auf andere Krankenhäuser auszuweichen.
Nur noch Notoperationen
Bereits am vergangenen Freitag hatte die Klinikleitung verlautbaren lassen, dass nicht medizinisch dringend notwendige Operationstermine zeitlich verschoben werden. Das gilt für alle OP-Termine, die ursprünglich für den Verlauf der Woche geplant waren. Die Verschiebungen geschahen in Absprache mit den betroffenen Patienten. Da derzeit keine Einigung in Sicht ist, stellt sich die Charité auf einen längeren Ausstand der Beschäftigten ein. Seit Beginn der Frühschicht um 6.00 Uhr befinden sich Pflegekräfte, technische Angestellte und die Reinigungskräfte in einem unbefristeten Streik. Insgesamt streiken 1500 Schwestern, Pfleger und Angestellte. Hunderte von Behandlungen, Diagnoseuntersuchungen und Therapien fallen aufgrund des Streiks aus. Der Senat von Berlin und die Klinikleitung haben die Feuerwehren sowie Rettungsleitstellen darum gebeten, Notfallpatienten in andere Kliniken zu verbringen. Für akute Fälle, die aufgrund der Ausstattung der Klinik nur in der Charité behandelt werden können, wurde eine Notdienstvereinbarung getroffen. Die Vereinbarung wurde am Freitag zwischen der Gewerkschaft und Geschäftsleitung unterzeichnet. Betroffen vom Arbeitskampf sind alle Bereiche der drei Campi Mitte, Virchow und Benjamin Franklin inklusive Notaufnahmen, Funktionsbereichen, Intensivstationen und Operationseinheiten. Zusätzlich streiken alle Servicebereiche der CFM.
300 Euro mehr Gehalt, um bundesweiten Tariflohn zu erhalten
Etwa 13.000 Berliner und Brandenburger arbeiten in der landeseigenen Charité. Jedes Jahr werden rund 500.000 Menschen ambulant und etwa 130.000 Patienten ambulant oder teilstationär versorgt. Neben dem Universitätsklinikum sind auch die Bediensteten der Tochtergesellschaft „Charité Facility Management“ (CFM) in einen unbefristeten Streik getreten. Von dem Streik sind rund 2500 Mitarbeiter der Gesellschaft betroffen. Die CFM ist für Transporte und die hauseigenen Wachschutz der Klinik verantwortlich. Nach Angaben von Verdi werden die Angestellten des Tochterunternehmens weitaus schlechter vergütet, als die Hauptbeschäftigen des Klinikkonzern. Einige Mitarbeiter erhalten demnach nur einen Bruttolohn von 5,50 Euro in der Stunden. Nach Abzug der Steuern und Krankenversicherung bleibt vom Verdienst kaum etwas übrig. Eine normal eingesetzte Krankenschwester erhält nach rund zehn Beschäftigungsjahren trotz Schichtdienste in der Nacht und am Wochenende weniger als 2500 Euro brutto. Die Streikenden fordern allerdings mindestens 2800 Euro monatlich, also 300 Euro mehr. Nach Angaben von Verdi entspräche die Erhöhung dem deutschlandweit branchenüblichen Tariflohn. „Nicht der Streik, sondern die normalen Zustände an der Klinik gefährden die Patienten“, sagte eine Gewerkschaftlerin.
Charité hoch verschuldet
Seit vielen Jahren ist die Charité in Millionenhöhe verschuldet. Im letzten Jahr hatte der Klinikchef Karl Max Einhäupl eine Jahresbilanz von minus 17,8 Millionen Euro vorgelegt. Zwar wurden auch 2010 rote Zahlen erwirtschaftet, dennoch war der Jahresergebnis besser, als in den Jahren zuvor. Für das laufende Jahr fordert der rot-rote Senat ein ausgeglichenes Ergebnis. Mindestens soll die Charité eine schwarze Null für 2011 schreiben. Aufgrund der Einsparungen könne die Klinik kaum auf die Forderungen der Mitarbeiter eingehen, hatte der ärztliche Direktor der Klinik, Ulrich Frei, am Freitag betont. Sehr wohl habe man aber Verständnis für die Forderungen der Angestellten. Allerdings befände man sich im „Schraubstock zwischen dem Anliegen der Mitarbeiter und den Vorgaben der Politik“. Das derzeit vorgelegte Angebot seitens der Gewerkschaften könne daher nicht angenommen werden. Der Senat hatte verlautbaren lassen, sich in die Tarifverhandlungen nicht einmischen zu wollen. Man stehe "aber im engen Kontakt" mit beiden Seiten.
Demonstrationen am Nachmittag geplant
Am Nachmittag wollen die Streikenden eine Demonstration durchführen. Die Demo beginnt um 15.30 Uhr am Campus der Charité Berlin-Mitte und zeitgleich am Virchow-Klinikum in Berlin-Wedding. Beide Züge wollen dann einen Protestzug durch die Innenstadt unternehmen und sich auf der Kundgebung an der Kreuzung Müllerstraße/ Fennstraße in Wedding vereinen. Im Anschluss findet um 16.30 Uhr eine Kundgebung statt, auf der die Forderungen der Bediensteten gestellt und begründet werden. (sb)
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