Chlor-Geruch zeigt Sauberkeit im Schwimmbad an
Ob Urin, Hautschuppen oder Schweiß: Im Schwimmbecken finden sich viele unangenehme Substanzen. Doch davon bekommt man als Besucher normalerweise nichts mit, denn das Desinfektionsmittel Chlor zersetzt die Keime im Badewasser. Anhand des typischen Schwimmbad-Geruchs können Badegäste daher erkennen, wie es um die Hygiene im Becken steht.
Chlor ist zunächst geruchsneutral
Nicht jeder geht gerne ins Schwimmbad. Denn beim Gedanken, was sich alles im Wasser befinden könnte, verspürt so mancher ein Ekelgefühl. „Dagegen wird doch Chlor eingesetzt“, lautet hier oft die Antwort. Das stimmt soweit, denn das Desinfektionsmittel wird eingesetzt, um das Wasser im Becken sauber zu halten.
Bedeutet ein starker Chlor-Geruch im Bad also, dass es dort besonders sauber ist? Nein, ganz im Gegenteil. Denn der typische Schwimmbad-Geruch entsteht nicht allein durch das Chlor, sondern erst, wenn der Stoff Urin zersetzt. „Wenn es stark nach Chlor riecht, heißt das, dass viel Harnstoff ins Wasser eingetragen wurde“, erklärt Alexander Kämpfe, Fachgebietsleiter für Schwimm- und Badebeckenwasser im Umweltbundesamt (UBA), im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“.
Chlor ist eines der reaktivsten chemischen Elemente und reagiert schnell mit anderen Substanzen. Trifft das geruchlose „freie“ Chlor auf Harnstoff, entsteht „gebundenes“ Chlor, zu dem beispielsweise Trichloramin gehört. Erst diese Verbindung sorgt für den starken Geruch, den wir als vermeintlichen Chlorgeruch wahrnehmen.
Haut gibt kleine Mengen Harnstoff ab
Der Harnstoff gelangt größtenteils durch Urin ins Becken – von Kindern, die ins Wasser pinkeln, Senioren mit Blasenschwäche oder Schwimmern, die schlicht zu bequem sind, um ein WC aufzusuchen. Ein kleiner Teil Harnstoff wird zudem aus der Haut ausgewaschen, wo er normalerweise zu den natürlichen Feuchtigkeitsfaktoren gehört und für Elastizität und Geschmeidigkeit sorgt.
Badende sollten sich gründlich abduschen
„Einmal ins Becken zu pinkeln trägt etwa sechs Gramm Harnstoff ins Becken ein“, so Kämpfe. Das entspreche dem Experten zufolge der Menge von fast 40 Bade-Gästen, die den Harnstoff nur über die Haut eintragen. Denn Berechnungen des Umweltbundesamtes haben ergeben, dass pro Schwimmbad-Besucher im Schnitt 0,16 Gramm Harnstoff ins Wasser gelangen.
Badende sollten daher vor dem Schwimmen zur Toilette gehen sich gründlich abduschen, denn durch das Waschen würden 75 bis 97 Prozent des Harnstoffs entfernt, erläutert Alexander Kämpfe. „Zwingen“ wolle man die Schwimmer aber nicht, denn „das sind ja BadeGÄSTE“, so Jörg Rosbach von den Frankfurter Bäder-Betrieben.
Dementsprechend bringen viele Besucher weiterhin Substanzen ins Becken, welche von den Betreibern des Bades wieder entfernt werden müssen. „Je mehr Leute da sind, desto größer ist die Biofracht“, sagt Rosbach. Um zu prüfen, wie es im Bad um die Hygiene steht, solle der eigenen Nase vertraut werden. „Wenn Sie das Schwimmbad schon im Eingang riechen, dann ist was faul“, so der Experte.
Bis zu 75 Liter Urin im Wasser
Dass Schwimmer ins Becken pinkeln, ist keine Ausnahme. Vielmehr kamen kanadische Forscher durch eine Studie zu dem Ergebnis, dass sich ausnahmslos in jedem öffentlichen Schwimmbecken Urin findet. Die Wissenschaftler untersuchten mehr als 30 Becken und konnten in großen 50-Meter Becken durchschnittlich 75 Liter Urin nachweisen. Kleinere 25-Meter Becken kamen auf rund 30 Liter Pipi im Wasser.
Methode zur Entdeckung von Becken-Pinklern
Um die Becken-Pinkler auf frischer Tat ertappen zu können, stellten US-Forscher im Jahr 2014 ein Verfahren vor, durch welches Urin und Fäkalien im Wasser grün leuchten. Hierfür vermischten sie das Wasser mit Zink-Ionen, die mit einem Nebenprodukt des Urins einen phosphoreszierenden Stoff bildeten, welcher unter Schwarzlicht leuchtete. Die neue Methode sei laut Kämpfe „kontrovers diskutiert“ worden und aus ethischen Gründen nie zum Einsatz gekommen. Denn man wolle z.B. Personen, die unter Inkontinenz leiden, nicht diskriminieren.
Schwimmbrille gegen rote Augen
Harnstoff findet sich also in jedem Becken, wodurch der Einsatz von Desinfektionsmittel auch weiterhin nötig sein wird. Doch stellt die Verbindung von Chlor und Urin eine Gefahr für unsere Gesundheit dar? „Das kommt auf die Konzentration an und darauf, wie empfindlich man ist“, erklärt Hermann Josef Kahl gegenüber der „dpa“. Trichloramin könne zu Atembeschwerden führen, was für Menschen mit Asthma problematisch werden kann.
Durch die Verbindung komme es zu Reizungen der Augen und der Schleimhäute in Nase und Rachen, so der Sprecher des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte. Ohne Chlor wären dem Experten zufolge die Gefahren jedoch größer. Um rote Augen zu vermeiden, könne eine Schwimmbrille helfen und die Schleimhautreizungen würden normalerweise wieder abklingen, sagt der Kinderarzt. (nr)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.