Cholesterin senken: Verfügbare Therapien bleiben oft ungenutzt
Hohe Blutfettwerte sind ein entscheidender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Vor allem Menschen, bei denen eine erhöhte Gefahr für kardiovaskuläre Ereignisse besteht, sollten daher ihren zu hohen Cholesterinspiegel senken. Doch häufig bleiben verfügbare Therapien dafür ungenutzt. Das hat laut Fachleuten auch damit zu tun, dass Betroffene durch überholte und falsche Informationen verunsichert sind.
Erhöhte Cholesterinwerte sind eine Ursache für schwere Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems wie Herzinfarkt, Schlaganfall oder Verschlüsse von Schlagadern in den Beinen (periphere arterielle Verschlusskrankheit). Denn zu viel Fett im Blut kann die Gefäße verstopfen. Vor allem Personen aus Risikogruppen sollten daher Maßnahmen ergreifen, um ihr Cholesterin zu senken. Aber obwohl wirksame und verträgliche Konzepte zur Verfügung stehen, werden sie oft nicht genutzt.
Neuer LDL-Wert für Herz- oder Gefäßkranke
Wie die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) in einer aktuellen Mitteilung erklärt, ist Cholesterin ein natürlicher fettartiger Stoff, der in allen Zellen vorkommt und unter anderem ein wichtiger Grundbaustein für Hormone ist.
Im Blut wird Cholesterin in sogenannten Lipoproteinen wie LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin (High Density Lipoprotein) transportiert. Überschüssiges LDL-Cholesterin lagert sich in den Gefäßinnenwänden ab, was zu Arteriosklerose (Arterienverkalkung) führen kann. Daher wird es auch als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet.
HDL-Cholesterin kann den Anteil an schädlichen Fetten im Blut senken und gilt deswegen als das „gute“ Cholesterin.
Für Menschen ohne Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen gelten ein Gesamtcholesterinwert von weniger als 200 mg/dl (5,2 mmol/l) und ein LDL-Wert von weniger als 116 mg/dl beziehungsweise 3 mmol/l als günstig.
Seit einiger Zeit gilt ein neuer LDL-Wert für Herz- oder Gefäßkranke von weniger als 55 mg/dl LDL-C, wird in der Fachzeitschrift „European Heart Journal“ berichtet.
Auch andere Risikofaktoren spielen eine Rolle
Den Zusammenhang von zu viel Cholesterin im Blut und dem Auftreten von Gefäßverkalkung haben Forschende bereits im Jahr 1913 nachgewiesen. „Je höher das LDL-Cholesterin, desto höher das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu erleiden“, erklärt Professor Dr. med. Alexander Mann, Ärztlicher Leiter des Endokrinologikums Frankfurt am Main.
„Das heißt aber nicht, dass jede Person mit einem hohen LDL-Cholesterin eine kardiovaskuläre Erkrankung erleiden wird.“ Im Umkehrschluss biete jedoch auch ein niedriges LDL-Cholesterin keinen absoluten Schutz.
Genetische Veranlagung, Empfindlichkeit der Gefäßwände und andere Risikofaktoren wie etwa Diabetes, Nikotinkonsum oder Bluthochdruck würden ebenfalls das Risiko erhöhen.
Ärztinnen und Ärzte berücksichtigen daher das individuelle kardiovaskuläre Risiko bei der Wahl der Therapieart. So kann bei ansonsten gesunden Menschen oft schon eine Lebensstiländerung mit fettarmer Kost und mehr Sport ausreichen, das LDL-Cholesterin zu senken.
Medikamenteneinnahme für manche Personen unverzichtbar
Bei Patientinnen und Patienten mit hohem und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko, zum Beispiel Menschen, die an Diabetes mellitus Typ-2 leiden, ist die Einnahme von Medikamenten zur Erreichung gesunder Cholesterinwerte aber unverzichtbar. Das belegen verschiedene Studien.
Laut der DDG zeigen Untersuchungen aber auch, dass längst nicht alle Betroffenen cholesterinsenkende Medikamente einnehmen: So liegt einer in dem Fachblatt „European Journal of Preventive Cardiology“ veröffentlichten Studie zufolge in Deutschland das als besonders schädlich geltende LDL-Cholesterin bei weniger als 30 Prozent der Betroffenen unter dem – zum Zeitpunkt der Studie noch gültigen – Zielwert von 70 mg/dl.
„Die Risikominimierung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird aktuell nicht von den therapeutischen Möglichkeiten begrenzt, sondern vielmehr davon, dass sie nicht genutzt werden“, so der Endokrinologe.
Dies liege auch daran, dass viele überholte und falsche Informationen über Cholesterin in Umlauf sind. Das verunsichere die Erkrankten und halte sie von einer Medikamenteneinnahme ab.
Hoher HDL-Cholesterin-Spiegel allein reicht nicht
Durch welchen molekularen Mechanismus das LDL-Cholesterin reduziert wird, ist nicht von Bedeutung: „Jede Senkung führt zur Verminderung kardiovaskulärer Erkrankungen“, erklärt auch Professor Dr. med. Stephan Petersenn, Mediensprecher der DGE aus Hamburg.
Der Umfang der kardiovaskulären Risikoreduktion hängt hierbei sowohl vom Maß der LDL-Cholesterinsenkung als auch davon ab, wie lange diese durchgeführt wird. Dabei gelte: „Je höher das kardiovaskuläre Risiko eines Patienten ist, desto niedriger sein persönliches LDL-Cholesterinziel.“
Der Mediziner räumt auch mit einem Vorurteil auf: „Ein erhöhtes LDL-Cholesterin wird leider nicht durch einen hohen HDL-Cholesterin-Spiegel ausgeglichen, wie viele annehmen.“
Zur Senkung des LDL-Cholesterins gibt es verschiedene therapeutische Möglichkeiten, die Ärztinnen und Ärzte in Form eines Stufenschemas einsetzen, die auf die jeweiligen Patientinnen und Patienten abgestimmt werden. Darüber hinaus gibt die DDG einige Tipps zu den Ernährungsprinzipen zur Senkung des kardiovaskulären Risikos:
- Gesamtfettaufnahme reduzieren
- Langkettige gesättigte durch einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren ersetzen
- Omega-3- gegenüber Omega-6-Fettsäuren ersetzen
- Trans-Fettsäuren vermeiden
- Cholesterinaufnahme reduzieren
- Empfehlung der WHO befolgen: Erwachsene sollten mindestens 150 Minuten pro Woche und Kinder täglich mindestens eine Stunde körperlich aktiv sein
- Möglichst weniger als sechs Tassen Kaffee pro Tag trinken.
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft: Herz-Risikopatienten müssen Cholesterinspiegel senken: Medikamente jedoch aufgrund von Vorurteilen oft ungenutzt, (Abruf: 22.06.2022), Deutsche Diabetes Gesellschaft
- Mach F, Baigent C, Catapano AL et al.: 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The Task Force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS); in: European Heart Journal, (veröffentlicht online: 31.08.2019 und in: Volume 41, Issue 1, Pages 111–188, 1 Januar 2020), European Heart Journal
- Kornelia Kotseva, Guy De Backer, Dirk De Bacquer, et al.: Primary prevention efforts are poorly developed in people at high cardiovascular risk: A report from the European Society of Cardiology EURObservational Research Programme EUROASPIRE V survey in 16 European countries; in: European Journal of Preventive Cardiology, (veröffentlicht: 08.05.2021), European Journal of Preventive Cardiology
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Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.