Darmerkrankungen häufig als Reizdarm diagnostiziert – manchmal steckt weitaus mehr dahinter
Durchfall, Krämpfe und ähnliche Beschwerden kennt wohl jeder. Die meisten Menschen unterschätzen solche Symptome. Oft wird gehofft, dass diese Erkrankungen von alleine wieder verschwinden. Viele wollen sich den peinlichen Besuch beim Arzt ersparen und denken, dass sich das Problem durch Tee und Bettruhe lösen lässt. Dennoch sollten diese Schwierigkeiten nicht unterschätzt werden. Es können auch chronische Krankheiten wie entzündliche Darmerkrankung in Form von Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa dahinterstecken.
320.000 Menschen in Deutschland leiden an chronischen Darmerkrankungen
Erkrankungen und Beschwerden, die mit Darmproblemen zusammenhängen, sind meist unangenehm. Viele Betroffene sprechen nicht gerne über ihr Problem. Oft hoffen die Erkrankten, dass sich das Problem innerhalb einiger Tage von alleine erledigt. Wer aber ständige starke Bauchkrämpfe hat oder immer wieder über anhaltende Beschwerden klagt, könnte eine chronische entzündliche Darmerkrankung haben.Wer mit solchen Problemen zum Arzt geht, bekommt oft die Diagnose Reizdarm. Laut der Deutschen Morbus Crohn / Colitis ulcerosa Vereinigung (DCCV) ist dieser Begriff zu einem Modewort in der Medizin geworden. Die Beschwerden können auch Anzeichen für eine ernsthafte, schwerwiegende Krankheit sein. Wie die Nachrichtenagentur dpa unter Berufung auf die DCCV verlauten lies, sind mehr als 320.000 Menschen in Deutschland betroffen. Die häufigsten Formen der Erkrankungen sind Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.
Erkrankungen nur schwer zu erkennen
Bei der Colitis ulcerosa ist der Dickdarm chronisch entzündet. Bei Morbus Crohn kann hingegen jeder Abschnitt des Verdauungstraktes betroffen sein. Laut Prof. Britta Siegmund, Direktorin der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie an der Charité in Berlin steht dabei nicht immer Durchfall im Vordergrund. „Manchmal sind die Symptome eher ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber oder Schmerzen“, zitierte die dpa die Expertin. Die weniger bekannte mikroskopischen Kolitis ist der DCCV zufolge von den Symptomen dem Reizdarmsymptom sehr ähnlich. Prof. Ahmed Madisch (Hannover), der mit der DCCV zusammenarbeitet, erläuterte dazu: „Ein Reizdarm und die mikroskopische Kolitis lassen sich auf den ersten Blick kaum voneinander unterscheiden. Das ist ein großes Problem.“ In solchen Fällen bringt nur eine Darmspiegelung mit anschließenden Gewebeproben wirklich Klarheit. Bei vielen Patienten wird dies ansonsten fälschlicherweise als Reizdarm diagnostiziert und somit verkehrt behandelt.
Richtige Therapien können schnell helfen
Bei der mikroskopischen Kolitis gibt es gute Therapieoptionen. Medikamente helfen den meisten Erkrankten schnell und zuverlässig. Dazu bringt die DCCV das Beispiel der 61 Jährigen Rentnerin Edda Günther. Die Seniorin wurde von einem auf den anderen Tag plötzlich von schweren Durchfällen geplagt. Egal was die Rentnerin zu sich nahm, es wurde nach einer halben Stunde von ihrem Körper ausgeschieden. Dies führte zu großen Beeinträchtigungen in ihrem Tagesablauf. Orte, an denen es keine Toiletten gab, mied Edda Günther. Ihr Gastroenterologe stellte bei einer Darmspiegelung mit Gewebeentnahmen fest, dass eine mikroskopische Kolitis die Ursache für ihre quälenden Durchfälle war. Die medikamentöse Therapie griff bereits nach zwei Wochen und beendete die Beschwerden der Frau. Edda Günther hat seit dem keine Symptome mehr und auch ihre Lebensqualität kehrte zurück.
Laut DCCV tritt die mikroskopische Kolitis zu 75 bis 80 Prozent bei Frauen über 50 Jahren auf. Forscher gehen davon aus, dass in dieser Bevölkerungsgruppe in zehn Prozent der Fälle eine mikroskopische Kolitis die Ursache für den Durchfall ist.
Chronische Darmerkrankungen nicht heilbar
Prof. Siegmund erklärte gegenüber der dpa, dass chronisch entzündliche Darmerkrankungen nicht heilbar seien. Aber es ist möglich, die meisten Patienten mit Medikamenten so einzustellen, dass sie ein normales und beschwerdefreies Leben führen können. Natürlich gäbe es auch Fälle in denen Probleme auftreten und eine Therapie nicht anschlägt. Meist sei hier das Problem, dass die Krankheit zu spät erkannt und somit nicht optimal behandelt wird. Nicht immer könnten alle Beschwerden durch Medikamente optimal therapiert werden. Wenn sich Narben, Fisteln oder Engstellen gebildet haben, sei eine Operation zwingend notwendig.
Richtiger Umgang mit der Krankheit verbessert die Lebensqualität
Durch was genau chronisch entzündliche Darmerkrankungen ausgelöst werden, ist noch nicht bekannt. Betroffene sollten aber in beschwerdefreien Zeiten ein gesundes Leben führen. Sport und eine gute Ernährung könnten helfen, die Lebensqualität zu erhöhen. Wichtig ist auch, dass der Freundes- und Bekanntenkreis informiert wird und somit die Möglichkeit hat richtig, mit der Krankheit umzugehen. Es sollte klar sein, dass zum Beispiel längere Aktivitäten, bei denen es in der Nähe keine Toilette gibt, für solche Erkrankten unmöglich sind, äußerte Wolfgang Kruis, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Pulmologie und allgemeine Innere Medizin des Evangelischen Krankenhauses Kalk in Köln gegenüber der dpa. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.