Nervenschrittmacher bewirkt erfolgreiche Linderung bei Clusterkopfschmerzen
Clusterkopfschmerzen zählen zu den schlimmsten Kopfschmerzen überhaupt und sind für Betroffene oftmals kaum zu ertragen. Bisher blieben die Behandlungsmöglichkeiten allerdings sehr beschränkt. Auf der 88. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO KHC) in Erfurt wird nun die Anwendung eines Nervenschrittmachers bei Clusterkopfschmerz-Patienten als durchaus vielversprechende Behandlungsalternative vorgestellt, berichtet die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften.
Durch den Einsatz eines Nervenschrittmachers können Clusterkopfschmerzen erfolgreich gelindert werden, so Professor Dr. med. Dr. h. c. Thomas Klenzner, Stellvertretender Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf, in einer Pressemitteilung zu der 88. Jahresversammlung der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. Auf der Versammlung wird der Experte die Ergebnisse des klinischen Einsatzes dieser relativ neuen Methode vorstellen. Bei zwei Drittel der Betroffenen sei ein Abklingen oder zumindest eine verkürzte Dauer der Clusterkopfschmerzen erreichbar, so der Prof. Klenzner vorab.
Schwerste Kopfschmerzattacken ohne erkennbaren Auslöser
Clusterkopfschmerzen bilden laut Aussage des Experten eine der schwersten und am schwierigsten zu behandelnden Kopfschmerzformen. Rund einer von 500 Menschen sei davon betroffen, Männer dreimal häufiger als Frauen. Die Schmerzen treten dabei oft unvermittelt sowie ohne erkennbare Auslöser auf und sind durch eine tageszeitliche Rhythmik gekennzeichnet, berichtet Prof. Klenzner. Häufig würden die Attacken während des Schlafs einsetzen und zwischen 15 und 180 Minuten dauern.
Einseitige Kopfschmerzen in episodischer Häufung
Bei Clusterkopfschmerzen tritt „der Hauptschmerz meist einseitig um das Auge herum oder hinter dem Auge (auf) und wechselt praktisch nie die Seite“, erklärt der Stellvertretende Direktor der HNO-Klinik am Universitätsklinikum Düsseldorf. Der Schmerz werde von den Betroffenen als „unerträglich heftig, reißend, bohrend, manchmal auch als brennend geschildert.“ Dabei sei ein Wechsel zwischen Perioden mit starker Häufung (engl. cluster) der Kopfschmerzattacken und unterschiedlich langen, beschwerdefreien Intervallen festzustellen.
Begrenzte Behandlungsoptionen bei Clusterkopfschmerz
Behandelt werden die Clusterkopfschmerzen meist mit Migräne-Mitteln in Form sogenannter Triptane. Um eine schnelle Wirkung zu erreichen, werden diese unter die Haut gespritzt oder als Nasenspray eingesetzt. Des Weiteren wird der Inhalation von 100-prozentigem Sauerstoff über eine Gesichtsmaske ebenfalls eine schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. Doch beide Therapien seien umständlich in der Anwendung und sie erzielen nicht bei allen Patienten die erhoffte Wirkung, berichtet Professor Klenzner.
Nervenschrittmacher eine relativ neue Alternative
Als alternative zu der medikamentösen Behandlung wird seit kurzem auch die Implantation eines Nervenschrittmachers durchgeführt. Diese Behandlung basiere auf der Erkenntnis, dass der Trigeminus-Nerv wesentlich an der Schmerzentstehung beteiligt ist. Der Gesichtsnerv besitze eine Umschaltstation, einen Nervenknoten, der als Ganglion sphenopalatinum (SPG) bezeichnet wird, erläutert der Experte.. „Seit längerem ist bekannt, dass eine Betäubung des Ganglions den Clusterkopfschmerz lindern kann“, so Professor Klenzner weiter. Das SPG befinde sich unter der Schädelbasis hinter dem Oberkieferknochen in einer Knochengrube und es habe früher bereits Behandlungen gegeben, bei denen dies durch Injektionen von Kokain oder Alkohol betäubt wurde. Das sei allerdings schwierig und riskant gewesen und nur selten durchgeführt worden.
Stimulator durch die Patienten steuerbar
Mit dem Nervenschrittmacher soll eine ähnliche betäubende Wirkung des SPG erreicht werden , wobei die Patienten diese selbstständig steuern können, erläutert Prof. Klenzner. Hierfür werde den Betroffenen ein Nervenstimulator von der Größe eines Fingernagels durch eine Wand der Mundhöhle hindurch in der Nähe des SPG implantiert. Dabei sei der Impulsgeber mit einem Elektrodedraht versehen, der über mehrere Kontakte das SPG elektrisch stimuliert. Die Patienten können nach der Operation den SPG-Stimulator mit einer Fernbedienung an der Wange aktivieren und damit den Cluster-Kopfschmerz abschwächen, so der Experte weiter. Dieses Verfahren habe in der Studie „Pathway CH-1“ den Schmerz bei zwei Dritteln der Patienten beseitigt oder die Attacken verkürzt und auch die Zahl der Schmerzattacken vermindert.
Bisher rund 400 Nervenschrittmacher implantiert
Bislang wurden weltweit laut Professor Klenzner rund 400 Patienten mit einem Nervenschrittmacher versorgt, darunter zehn Patienten in Düsseldorf. Das operative und technische Procedere sei hierbei relativ anspruchsvoll und erfordere eine umfangreiche Vorbereitung sowie gründliches Training. Anhand eines virtuellen 3D-Modells des Schädels werde für jeden Patienten das passende Modell ausgewählt und während der Operation erfolge bereits eine Probestimulation. Von den Patienten in Düsseldorf haben laut Prof. Klenzner alle die Implantation im Wesentlichen gut toleriert und vier Wochen nach der Operation sei ein Rückgang der Anfallshäufigkeit und der Schmerzstärke festzustellen gewesen. „Die SPG-Stimulation wird ihren Platz in der klinischen Versorgung finden“, so die Überzeugung von Prof. Klenzner. (fp)
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