Nützt die High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung?
Fachleute haben untersucht, ob Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder chronischer Atemschwäche von einer High-Flow-Therapie (HFT) zur Selbstanwendung profitieren.
Millionen Menschen leiden an COPD („chronic obstructive pulmonary disease“). Die chronisch-obstruktive Lungenkrankheit, die im Volksmund auch als Raucherhusten oder Raucherlunge bezeichnet wird, ist bislang nicht heilbar. Kann Betroffenen eine High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung helfen?
Nutzen bleibt unklar
Mangels aussagekräftiger Studien bleibt unklar, ob Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) oder chronischer Atemschwäche Typ 1 von einer High-Flow-Therapie (HFT) profitieren.
Zu diesem Fazit kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) nach einer Nutzenbewertung dieser Behandlungsform gegenüber einer Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT) oder gegenüber einer nicht invasiven Beatmung (NIV).
Laut einer Mitteilung hatte der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) das IQWiG beauftragt, die Vor- und Nachteile der High-Flow-Therapie bei Patientinnen und Patienten mit stabiler, fortgeschrittener COPD oder mit chronischer Atemschwäche mit Sauerstoffmangel (chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1) zu untersuchen.
Die Behandlung sollte dabei zu Hause, in stationärer Pflege oder Reha etc. selbst angewendet werden.
Für den Abschlussbericht waren aber keine Daten verfügbar, die für eine Nutzenbewertung ausreichend gewesen wären.
Geschwächte Atmung unterstützen
Wie in der Mitteilung erklärt wird, wird bei der High-Flow-Therapie über eine Nasensonde befeuchtete und erwärmte Raumluft mit erhöhten Flussraten zugeführt, bei Bedarf lässt sich auch eine Sauerstoffzufuhr ergänzen. Dadurch sollen die geschwächte Atmung und der Sekretabbau unterstützt sowie die Atemmuskelpumpe entlastet werden.
Abhängig vom Typ der Ateminsuffizienz unterscheiden sich die Pathophysiologie und damit auch die Wirkprinzipien der Therapie: Bei chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1 mit Beeinträchtigung der Lunge und entsprechender Atemschwäche (pulmonale Insuffizienz) in Verbindung mit einer Sauerstoffunterversorgung (Hypoxämie) benötigen die Erkrankten eine andere Behandlung als bei respiratorischer Insuffizienz Typ 2, bei der die Atemmuskelpumpe beeinträchtigt ist (ventilatorische Insuffizienz) und die mit einem Kohlendioxid-Überschuss im Blut (Hyperkapnie) verbunden ist.
Den Angaben zufolge ist das vorrangige Therapieziel, unabhängig vom Insuffizienztyp, das Vermeiden von akuten Verschlechterungen der chronischen Luftnot (Exazerbationen). Die zentralen Behandlungsansätze unterscheiden sich jedoch: Zur Therapie der (chronischen) Hypoxämie bei Ateminsuffizienz Typ 1 wird eine (Langzeit-)Sauerstofftherapie (LTOT) empfohlen. Dafür stehen verschiedene Applikationen, beispielsweise Atemmasken, zur Verfügung.
Zur Behandlung der hyperkapnischen Insuffizienz Typ 2 hingegen muss neben der Sauerstoffgabe auch die CO₂-Abgabe unterstützt werden, sodass eine invasive (Intubation) oder eine nicht invasive Beatmungstherapie (mit Atemmasken oder -helm) eingesetzt wird.
Weitere Studien notwendig
Das IQWiG-Projektteam hat für die verschiedenen Indikationen sowohl abgeschlossene als auch laufende randomisierte kontrollierte Studien (RCT) zur High-Flow-Therapie identifiziert. Diese reichen aber nicht aus, um den Nutzen der HFT bei Patientinnen und Patienten mit respiratorischer Insuffizienz Typ 1 bewerten zu können.
Für eine belastbare Nutzenaussage dieser Therapie sind weitere Studien notwendig, um mehr Evidenz zu generieren. Auf der Basis des festgestellten Potenzials hat das IQWiG daher zwei Erprobungsstudien vorgeschlagen.
Wegen der unterschiedlichen Behandlungsmechanismen ist es laut den Fachleuten nicht sinnvoll, die Studien zur HFT als Vergleich zur Langzeit-Sauerstofftherapie (LTOT) beziehungsweise nicht invasiven Beatmung (NIV) gemeinsam zu betrachten.
Das IQWiG schlägt deshalb eine Erprobung in zwei Studien vor: Die HFT sollte bei COPD und chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1 zusätzlich zur LTOT im Vergleich zu einer reinen LTOT untersucht werden. Bei COPD und chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 2 kann die Anwendung der HFT als Alternative zur NIV erfolgen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung bei COPD und Ateminsuffizienz Typ 1: Nutzen nicht belegt, (Abruf: 14.07.2021), Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
- Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG): Abschlussbericht: High-Flow-Therapie zur Selbstanwendung bei fortgeschrittener chronisch obstruktiver Lungenerkrankung oder chronischer respiratorischer Insuffizienz Typ 1, (Abruf: 14.07.2021), Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.