Corona-Impfung: Vektorimpfstoffe Ursache für Hirnvenenthrombosen
Nach Corona-Impfungen sind in seltenen Fällen Hirnvenenthrombosen aufgetreten. Diese führten in manchen Fällen zum Tod der Geimpften. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Greifswald berichten nun, dass allein Vektorimpfstoffe für diese Impfnebenwirkung verantwortlich sind.
Anfang vergangenen Jahres hatten Forschende von der Universitätsmedizin Greifswald die Ursachen für die Entstehung von Hirnvenenthrombosen nach einer Impfung gegen COVID-19 mit dem Vektorimpfstoff AstraZeneca aufgeklärt, einen Labortest zum Nachweis sowie eine Behandlungsmöglichkeit entwickelt. Nun liegen die Ergebnisse der ersten Studie mit betroffenen Frauen und Männern aus ganz Deutschland vor. Diese wurden in der Fachzeitschrift „New England Journal Medicine“ veröffentlicht.
Sehr seltene, aber gefährliche Impfnebenwirkungen
Laut einer Mitteilung (Universitätsmedizin Greifswald; PDF) geht aus den Ergebnissen klar hervor, dass allein die verabreichten Vektorimpfstoffe AstraZeneca sowie Johnson & Johnson für die sehr seltenen, aber gefährlichen Impfnebenwirkungen verantwortlich sind und nicht das Spike-Protein oder die Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2.
Antikörper werden durch Impfstoff-Bestandteile ausgelöst
Bei einer Impfung gegen COVID-19 mit Adenovirusvektor-Impfstoffen kommt es zu Reaktionen des Immunsystems. In sehr seltenen Fällen können dabei Komplikationen entstehen, wie zum Beispiel Hirnvenenthrombosen.
Die Ursache für die schwere sogenannte impfstoffinduzierte immunthrombotische Thrombozytopenie (VITT) sind laut den Fachleuten Antikörper gegen das Thrombozytenprotein Plättchenfaktor 4 (PF4), die die Blutgerinnung stark aktivieren. Diese Antikörper werden durch Bestandteile im Impfstoff, die sich an PF4 binden, ausgelöst.
Betroffene aus ganz Deutschland
Wie der Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin an der Universitätsmedizin Greifswald, Professor Dr. Andreas Greinacher, erklärt, betreut die Greifswalder Ärztin und Nachwuchswissenschaftlerin Dr. Linda Schönborn seit März 2021 insgesamt 69 Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland, bei denen eine VITT diagnostiziert wurde.
Das Durchschnittsalter der Studienteilnehmenden betrug 48 Jahre, die jüngste Person ist 18 und die älteste 80 Jahre alt. Etwa 60 Prozent der betreuten Gruppe sind Frauen. „Diese Patientinnen und Patienten benötigen Unterstützung bei vielen Fragen und Unsicherheiten, was sie nach einer schweren VITT-Erkrankung beachten müssen“, sagt Greinacher.
„Weil VITT so selten ist, hat in Europa keiner der behandelnden Ärztinnen und Ärzte so viel Erfahrung mit der Erkrankung wie die Greifswalder Arbeitsgruppe. Die VITT-Patienten haben im Gegenzug unsere Forschung aktiv unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar“, so der Mediziner.
Wissenschaftlicher Nachweis anhand Erkrankter
Dr. Linda Schönborn hat mit Hilfe der ehemaligen VITT-Patientinnen und -Patienten nun sicher widerlegen können, dass die Immunantwort gegen SARS-CoV-2 oder das Spike-Protein die gefährlichen PF4-Antikörper bei einer Hirnvenenthrombose auslösen.
„Von den 69 VITT-Patienten haben elf Frauen und Männer im weiteren Verlauf eine Covid-19-Erkrankung durchlaufen. Bei keinem der Patientinnen und Patienten stiegen nach Covid-19 die Anti-PF4-Antikörpern wieder an. Niemand entwickelte erneut eine Thrombozytopenie oder eine neue Thrombose“, erläutert die Ärztin.
„Wenn beide Immunantworten miteinander verbunden wären, müssten VITT-Überlebende mit einer Covid-19-Erkrankung einen Anstieg der Anti-PF4-Antikörper zeigen, der möglicherweise sogar eine Thrombozytopenie und Thrombose erneut auslöst. Das geschieht jedoch nicht“, so die Wissenschaftlerin.
„Damit gibt es nach bisherigen laborbasierten Studienergebnissen nun erstmals auch den wissenschaftlichen Nachweis anhand tatsächlich erkrankter Menschen, der einen Zusammenhang zwischen der Anti-SARS-CoV-2- und der Anti-PF4-Immunantwort ausschließt.“
Zusammensetzung der Impfstoffe auf Adenovirus-Vektorbasis
Somit ist klar, dass die seltenen thrombotischen Erkrankungen allein ein Problem der Zusammensetzung der Impfstoffe auf Adenovirus-Vektorbasis, also der Vakzine der Unternehmen AstraZeneca und Johnson & Johnson, sind, die durch eine Modifizierung der Impfstoffe ausgeräumt werden könnten.
„Unser Befund, dass Covid-19 bei VITT-Patienten keine Anti-PF4-Antikörper reaktiviert und Thrombosen auslöst, liefert weitere Einblicke in die Entstehung, Entwicklung und Behandlung von VITT und erleichtert die Entscheidungsfindung bezüglich einer weiteren Covid-19-Impfung mit einem mRNA-Impfstoff“, sagt Greinacher. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsmedizin Greifswald: Jetzt ist sicher: Allein die Vektorimpfstoffe sind für schwere prothrombotische Nebenwirkungen (VITT) verantwortlich (PDF), (Abruf: 28.06.2022), Universitätsmedizin Greifswald
- Linda Schönborn et al: SARS-CoV-2 Infection in Patients with a History of VITT; in: New England Journal Medicine, (veröffentlicht: 27.06.2022), New England Journal Medicine
Wichtiger Hinweis:
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