Schweden testet Bevölkerung auf SARS-CoV-2-Antikörper
Menschen in Schweden, die zwischen 20 und 64 Jahre alt sind, haben im Vergleich zu Personen in anderen Altersgruppen am häufigsten eine Covid-19-Erkrankung. Schwedens Chef-Virologe Anders Tegnell geht auf Grundlage von ersten Ergebnissen aus Stichprobentests in der Bevölkerung davon aus, dass rund jede fünfte Person in Stockholm, Schwedens Hauptstadt, bereits Antikörper gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgebildet hat.
Das Schwedische Gesundheitsamt untersucht derzeit stichprobenartig Blutproben der schwedischen Bevölkerung, die im Laufe des Frühlings 2020 entnommen wurden, auf Antikörper gegen SARS-CoV-2. Das vorläufigen Ergebnis für Woche 18, dass auf der Webseite der Public Health Authority of Sweden einsehbar ist, zeigt, dass insgesamt 7,3 Prozent der Blutproben von Menschen in Stockholm Antikörper gegen SARS-CoV-2 aufweisen. In anderen Regionen Schwedens war der Anteil geringer, beispielsweise 4,2 Prozent in Skåne und 3,7 Prozent in Västra Götaland.
War bereits jede fünfte Person in Stockholm mit SARS-CoV-2 infiziert?
In einer Pressekonferenz betont Schwedens Chef-Virologe Anders Tegnell, dass der reale Anteil der Personen, die Antikörper gegen SARS-CoV-2 aufweisen, in Stockholm bereits über 20 Prozent liegen müsste, da die Zahlen in der Untersuchung den Zustand der Pandemie zum Zeitpunkt Anfang April widerspiegele. Es dauere einige Wochen, bis das körpereigene Immunsystem Antikörper entwickelt, weshalb der Anteil heute wesentlich höher sein dürfte.
Stichproben sollen die Coronavirus-Verrbeitung besser abbilden
Das schwedische Gesundheitsamt testet derzeit fortlaufend Blutproben auf SARS-CoV-2-Antikörper, die aus neun Regionen Schwedens entnommen wurden, aus Jämtland, Jönköping, Kalmar, Skåne, Stockholm, Uppsala, Västerbotten, Västra Götaland und Örebro. In dem vorliegenden Zwischenergebnis wurden 1.104 Proben ausgewertet, die bis zur Woche 18 des Jahres 2020 entnommen wurden.
Junge und alte Menschen waren weniger betroffen
Die Analyse zeige auch, dass Menschen zwischen 20 und 64 Jahren am häufigsten Antikörpern gegen Covid-19 aufwiesen. Insgesamt waren 6,7 Prozent der Stichproben in dieser Gruppe positiv. In der Altersgruppe von 0 bis 19 Jahren enthielten nur 4,7 Prozent der Proben Antikörper und in der Altersgruppe von 65 bis 70 Jahren waren es nur 2,7 Prozent. Da in Schweden keine Schulen geschlossen wurden, ist dies ein Hinweis darauf, dass sich SARS-CoV-2 unter Kindern und Jugendlichen weniger stark ausbreitet.
Schweden geht einen eigenen Weg durch die Pandemie
Schweden geht im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern einen Sonderweg in der Coronavirus-Pandemie. Das Land setzt vorwiegend auf die Eigenverantwortung der Bürgerinnen und Bürger und verhängte keine großen Ausgangsbeschränkungen. Auch Cafés, Bars, Restaurants, Geschäfte sowie Schulen für Kinder unter 16 Jahren blieben geöffnet.
Alles hat seinen Preis
Für den eigenwilligen Weg ernteten die Schweden sowohl Bewunderung als auch Kritik. Mit knapp 33.000 Infizierten und rund 4.000 Todesfällen übersteigt Schweden die Infektions- und Todesfälle aller anderen skandinavischen Länder. Auch die Übersterblichkeit lag in Schweden in den vergangenen Wochen deutlich über den Quoten der Nachbarländer. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Ärzteblatt: SARS-CoV-2: Jeder 5. Stockholmer hat Antikörper (veröffentlicht: 22.05.2020), aerzteblatt.de
- Public Health Authority of Sweden: Första resultaten från pågående undersökning av antikroppar för covid-19-virus (veröffentlicht: 20.05.2020), folkhalsomyndigheten.se
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.