Verringerte Luftverschmutzung durch Maßnahmen gegen COVID-19 rettet Leben
In der Vergangenheit haben wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass sich durch eine reduzierte Luftverschmutzung die Gesundheit erheblich verbessert. Dies wird nun auch während der Corona-Pandemie bestätigt. Die sauberere Luft, die dank der Maßnahmen gegen COVID-19 vielerorts messbar ist, senkt die Zahl vorzeitiger Todesfälle und Asthmaerkrankungen bei Kindern.
Weniger Straßenverkehr, kaum Flugzeuge in der Luft, gedrosselte Kraftwerke: Die Lockdown-Regelungen, die im Zusammenhang mit der Coronakrise getroffen wurden, haben den Ausstoß von Schadstoffen schlagartig reduziert. Dadurch hat sich die Luftqualität seit Beginn der Corona-Pandemie teilweise deutlich verbessert. Dies wirkt sich auch positiv auf die Gesundheit aus.
Positiver Effekt auf die menschliche Gesundheit
Wie das Max-Planck-Institut für Chemie in einer aktuellen Mitteilung schreibt, verhindern die drastischen Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus nicht nur viele möglicherweise tödliche COVID-19-Fälle.
Der damit verbundene beispiellose wirtschaftliche Rückgang etwa im Straßen- und Luftverkehr, bei der Stromerzeugung oder in der Industrie wirkt sich auch auf die globale Luftqualität aus.
Die sauberere Luft hat wiederum einen positiven Effekt auf die menschliche Gesundheit, wie ein internationales Forschungsteam ermittelte: weniger Luftverschmutzung führt zu weniger vorzeitigen Todesfällen vor allem unter Erwachsenen und Asthmaerkrankungen bei Kindern.
Tausende vorzeitige Todesfälle vermieden
„Wir schätzen, dass schon in den ersten zwei Wochen der Lockdowns weltweit etwa 7400 vorzeitige Todesfälle und 6600 Fälle von Asthma bei Kindern vermieden wurden“, so Jos Lelieveld, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie und einer der Autoren einer kürzlich veröffentlichten Studie.
Den Angaben zufolge wurden jeweils die ersten zwei Wochen der Lockdowns in den jeweiligen Ländern ausgewertet. Demnach wurden allein in China und Indien als Folge der geringeren Feinstaubwerte etwa 1.400 beziehungsweise 5.300 vorzeitige Todesfälle vermieden.
Da diese beiden Länder sowohl die höchsten Verschmutzungswerte als auch die höchste Bevölkerungsdichte haben, profitieren sie am deutlichsten von den Schadstoffrückgängen.
Luftverschmutzung, insbesondere mit Feinstaub belastete Luft verkürzt die Lebenserwartung signifikant. Sie führt zu Atemwegs- und Herzkreislauferkrankungen und beeinflusst dadurch die Zahl vorzeitiger Todesfälle.
Millionen Asthmafälle bei Kindern verhindern
Die Forschenden schätzen auch, dass weltweit 780.000 vorzeitige Todesfälle unter Erwachsenen und 1,6 Millionen Asthmafälle bei Kindern vermieden werden könnten. Die Voraussetzung wäre jedoch, dass die Schadstoffkonzentrationen in der Luft bis zum Ende des Jahres weiterhin niedrig blieben.
Laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern veranschaulichen diese Ergebnisse die potenziellen gesundheitlichen Vorteile, die sich aus einer verminderten Luftverschmutzung ergeben.
„Wir wollen keinesfalls sagen, dass die aktuellen Einschränkungen für die Wirtschaft wünschenswert oder nachhaltig sind. Die aktuelle Situation zeigt aber die Bedeutung der oft übersehenen globalen Luftverschmutzungskrise“, erklärt Zander Venter vom norwegischen Institut für Naturforschung in Oslo.
Er ist Erstautor der Studie, die vor kurzem auf dem Preprint-Server medRxiv veröffentlicht wurde. Das Manuskript, das das Forschungsteam bei einer wissenschaftlichen Zeitschrift eingereicht hat, befindet sich derzeit im Begutachtungsprozess.
Deutlicher Rückgang der Feinstaubmengen in Bodennähe
Die Auswirkungen der erzwungenen Lockdowns ermittelten die Forschenden, indem sie Daten von Satelliten und von mehr als 10.000 Messstationen in 27 Ländern auswerteten, darunter verschiedene europäische Staaten wie Deutschland und Spanien, aber auch aus China und Chile.
Laut den Daten hat sich die Luftverschmutzung jeweils in den ersten beiden Wochen der Lockdowns im Mittel um etwa 20 Prozent verringert.
Dabei stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einigen Ländern einen deutlichen Rückgang der Stickstoffdioxid-, Ozon- und Feinstaubmengen in Bodennähe fest.
Luftverschmutzung auch nach der Coronakrise reduzieren
Um die Daten der Luftqualität mit den vorzeitigen Todesfällen in Verbindung zu bringen, bestimmten die Forschenden zunächst die Belastung mit Stickstoffdioxid, Ozon und Feinstaub (PM2,5) in den jeweiligen Ländern.
Anschließend berechneten die Fachleute mithilfe von epidemiologischen Methoden die tägliche Gesundheitsbelastung bezogen auf die Bevölkerungsdichte pro Land.
Die Zahl der bis zum Jahresende vermeidbaren Todesfälle und neuen Asthmaerkrankungen ergibt sich laut der Mitteilung aus einer Prognose darüber, wie sich die Konzentrationen von Stickoxiden, Ozon und Feinstaub bis Ende des Jahres ändern würden, falls die Einschränkungen weiterhin bestünden.
Weil eine längerfristige Verminderung der Luftschadstoffe sich deutlich positiver auf die Gesundheit auswirken würde als eine Reduktion für zwei Wochen, stiegen die Zahlen vermeidbarer vorzeitiger Todesfälle unter Erwachsenen und Asthmaerkrankungen bei Kindern bis zum Jahresende überproportional stark an.
„Um die Luftverschmutzung auch nach der Coronakrise langfristig zu reduzieren, sollten wir den Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Energieträger anstreben“, so Jos Lelieveld. “Das würde nicht nur die Gesundheit von Menschen weltweit verbessern, sondern mittelfristig auch das Klima schützen.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Max-Planck-Institut für Chemie: Corona-Sperren: Sauberere Luft rettet Leben, (Abruf: 29.04.2020), Max-Planck-Institut für Chemie
- Zander S Venter, Kristin Aunan, Sourangsu Chowdhury, Jos Lelieveld: COVID-19 lockdowns cause global air pollution declines with implications for public health risk; medRxiv, (veröffentlicht: 14.04.2020), medRxiv
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.