Corona: Verbesserung der Situation erwartet
Kontaktbeschränkungen, Masken tragen, geschlossene Geschäfte, Absage von Konzerten und kulturellen Veranstaltungen und vieles mehr: Ein kleines Virus hat die Welt verändert. Die Corona-Pandemie hat dafür gesorgt, dass das Jahr 2020 für viele das ungewöhnlichste ihres bisherigen Lebens war. Doch im kommenden Jahr wird die Situation besser. Damit rechnet wohl nicht nur eine der prominentesten Virologinnen des Landes.
Die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek ist neben Christian Drosten eine der profiliertesten Stimmen von Forscherinnen und Forschern in der Corona-Pandemie. Wie blickt sie auf das kommende Jahr?
Geringere Einschränkungen
Zum Jahreswechsel haben wohl noch nie so viele Menschen weltweit den gleichen Wunsch gehabt: dass die Corona-Pandemie 2021 zu Ende geht. Kaum jemand hat sich 2020 so intensiv mit dem Coronavirus beschäftigt wie Sandra Ciesek. Die Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie am Universitätsklinikum Frankfurt geht davon aus, dass die Einschränkungen im kommenden Jahr geringer werden und es zu einer Entspannung kommt – allerdings nur langsam.
Entspannung ab Frühsommer 2021
„Ich rechne damit, dass sich die Situation im Frühsommer verbessert“, sagte die Wissenschaftlerin, die auch die hessische Landesregierung berät, der Deutschen Presse-Agentur: weil dann vieles wieder draußen stattfinden könne und weil dann die Impfungen erste Wirkung in der Hochrisikogruppe zeigen könnten.
Ciesek warnte aber davor, den zeitlichen Versatz zu unterschätzen. „Es ist ja nicht so, dass man direkt mit dem Impfen Todesfälle vermeidet“, erklärte sie. Zwischen Neuansteckung und Tod bei schwerem Verlauf lägen oft „viele, viele Wochen“.
Einen Rückgang der Übersterblichkeit erwartet sie „grob geschätzt vielleicht im März. Bis dahin sind die Todeszahlen vor allem abhängig von der Anzahl der Neuinfektionen und die anderen Maßnahmen bleiben unsere einzige Waffe.“
Wie lange wir noch mit Einschränkungen leben müssen, hänge vor allem von diesen Tagen ab. „Die größte Gefahr ist, dass es nach Weihnachten und Silvester noch mal einen deutlichen Anstieg an Infektionen gibt. Die zweite Gefahr ist, dass nicht genug Menschen bereit sind, sich impfen zu lassen.“
In diesem „worst case“-Szenario wäre Corona noch lange nicht überwunden. Im „best case“-Senario „lassen sich fast alle impfen und halten sich ab jetzt an die Regeln“. Dann würde die Lage „spätestens im Sommer“ deutlich besser als sie momentan ist.
Keine Wunder erwarten, aber auch kein Pessimismus
Die Gefahr, dass das Virus sich verändert und alles von vorn beginnt, schätzt die Virologin als nicht sehr groß ein. Theoretisch könnte sich das Virus so verändern, dass der Impfstoff nicht mehr wirkt. Denkbar sei aber auch eine andere Mutation, sagte Ciesek: dass das Virus sich abschwächt. Aus virologischer Sicht, so Ciesek, sei beides „eher unwahrscheinlich“.
Mit Blick auf 2021 seien noch viele wissenschaftliche Fragen offen: „Dringend geforscht werden muss an den Spätfolgen. Das ist ein großer Komplex, den wir noch zu schlecht erforscht haben“, sagte Ciesek. Und natürlich müsse auch die Suche nach Medikamenten weitergehen. „Bei Arzneimitteln waren die Daten ja bisher enttäuschend. Hier ist sicherlich noch viel zu tun.“
Wunder dürfe man dabei aber nicht erwarten. „Ich persönlich glaube nicht, dass da 2021 ein Durchbruch kommen wird. Dass es eine Pille gibt, die man zu Beginn der Erkrankung einnimmt und die verhindert, dass man schwer erkrankt – daran glaube ich nicht fürs nächste Jahr.“
Fehler bei der zweiten Welle
2020 lief aus Cieseks Sicht manches gut, manches nicht. „Das größte Versäumnis war für mich der Umgang mit dem Beginn der zweiten Welle“, sagte die Virologin. „Da haben wir einfach sehr zögerlich reagiert. Was für mich auch ein Fehler war: dass wir sensible Gruppen auch außerhalb der Pflegeheime zu wenig beachtet haben, zum Beispiel Sammelunterkünfte oder Wohnheime.“
Zu Beginn der Pandemie habe Deutschland besser reagiert als viele andere Länder: „Bei der ersten Welle haben wir schnell reagiert, wir haben viel getestet, die Gesellschaft hatte einen starken Zusammenhalt – das hat sich in der zweiten Welle völlig gedreht.“ (ad; Quelle: dpa)
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