Empfohlene Regeln zur Fensterlüftung von Innenräumen
Infektiöse Aerosole scheinen bei der Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 eine große Rolle bei der Ansteckung zu spielen. Anders als bei der direkten Übertrag können sich kleinste Virus-Teilchen in der Luft anreichern und über einen längeren Zeitraum eine Art infektiöse Wolke bilden. Insbesondere in Innenräumen besteht die Gefahr, dass sich solche Aerosole bilden. Richtiges Lüften ist eine einfache Methode, um der Bildung entgegenzuwirken.
Die Technische Universität Berlin und das Umweltbundesamt erinnern an die wichtige Rolle der richtigen Belüftung von Innenräumen zum Schutz vor dem neuartigen Coronavirus – auch hinsichtlich des bevorstehenden Schulbeginns, wo erstmals wieder eine große Menge von Menschen regelmäßig Zeit in geschlossenen Räumen zusammen verbringen werden.
Mit einfachen Regeln Aerosol-Bildung verhindern
Professor Dr. Martin Kriegel ist Leiter des Hermann-Rietschel-Instituts an der Technischen Universität Berlin. Er erforscht bereits seit Jahren die Ausbreitung von Aerosolen. Zahlreiche Krankheiten können sich über die infektiösen Wolken ausbreiten. Die gute Nachricht ist dabei, dass man mit einfachen Maßnahmen die Entstehung verhindern kann. „Entscheidend ist es, dass wir die bestehenden Regeln zum Lüften beachten“, so Kriegel. Sonderregeln seien derzeit nicht nötig.
Menschen verschlechtern die Raumluftqualität
Sobald sich Menschen in Innenräumen aufhalten, belasten sie die Qualität der Raumluft. Dies liegt zum einen daran, dass sie Sauerstoff verbrauchen und Kohlendioxid (CO₂) produzieren. Zum anderen werden Aerosole ausgeatmet, also Ansammlungen von kleinsten Teilchen, die längere Zeit in der Luft schweben können. Diese Aerosole können potenziell mit Krankheitserregern wie dem neuartigen Coronavirus belastet sein. Wenn andere Personen in dem Raum solche Aerosole einatmen, besteht ein Infektionsrisiko.
Wie wird Raumluftqualität gemessen?
Die sogenannte Pettenkofer-Zahl wird bereits seit 130 Jahren für die Einschätzung der Luftqualität verwendet. Demnach liegt der Grenzwert für eine gute Luftqualität in Innenräumen bei unter 1000 ppm CO₂. „Zahlreiche Studien zeigen, dass die meisten Menschen kein Gefühl dafür haben, wann und wie oft gelüftet werden muss, um die CO2-Konzentration unterhalb des Grenzwertes zu halten“, betont der Aerosol-Experte. Kriegel empfiehlt deshalb, sich an die Leitfäden zur Fensterlüftung zu halten, die das Umweltbundesamt herausgegeben hat. Besonders gelte dies für Arbeitsstätten, Büros oder Schulen, die über keine Lüftungsanlagen verfügen.
Häufiges Lüften empfohlen
„Wendet man diese Regeln an, wird man feststellen, dass viel öfter gelüftet werden muss, als man denkt“, unterstreicht Professor Kriegel. Ein gutes Gefühl für die Häufigkeit könne man über die Messung der CO₂-Konzentration entwickeln. Bevor der Grenzwert von 1000 ppm CO₂ überschritten wird, sollte eine Lüftung durchgeführt werden, denn parallel zur CO₂-Konzentration steige auch die Bildung von Aerosolen. Diese sei jedoch weitaus schwerer zu messen. „Somit ist die CO₂-Messung ein guter Indikator für die richtige Frischluftzufuhr“, erläutert der Experte.
Derzeit keine Sonderregeln erforderlich
„Erst wenn nachgewiesen werden kann, dass es trotz guter Luftqualität zu einem gesteigerten Infektionsgeschehen über Aerosole kommt, könnten wir zusätzliche Maßnahmen wie den Einbau von Luftreinigungsgeräten oder Ähnliches ergreifen“, berichtet der Professor. Bis dahin sollte man sich an den Regeln zur Einhaltung der Luftqualität orientieren. Dies ist dabei zu beachten:
- Die Stoßlüftung bei weit geöffnetem Fenster über einige Minuten Dauer ist dem Ankippen der Fenster vorzuziehen.
- Angekippte Fenster belüften Räume nicht effektiv, selbst bei dauerhafter Anwendung.
- An Schulen sollte zur Verminderung der Kohlendioxidbelastung auch während des Unterrichtes gelüftet werden.
- Bei Neubauten und Sanierungen sollten stark belegte Räumen mit einer raumlufttechnischen Anlage versehen werden.
- Wenn keine CO₂-Messung erfolgt sollte so oft wie möglich gelüftet werden.
(vb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Technische Universität Berlin: Coronavirus: Richtig lüften will gelernt sein (veröffentlicht: 10.08.2020), tu.berlin
- Umweltbundesamt: Infektiöse Aerosole in Innenräumen (veröffentlicht: 04.08.2020), umweltbundesamt.de
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Lüftung - Technische Regeln für Arbeitsstätten (Stand: Januar 2012), baua.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.