Antikörper aus dem Blut von Corona-Genesenen im Kampf gegen COVID-19
Trotz intensiver Forschung gibt es noch immer keine wirksame Therapie gegen die Coronavirus-Erkrankung (COVID-19). Daher wird auf das Blutplasma von Menschen zurückgegriffen, die bereits eine SARS-CoV-2-Infektion überstanden haben. Dieses Plasma enthält Antikörper gegen den Erreger. Damit kann Schwerkranken geholfen werden.
Eine Therapie gegen COVID-19 gibt es derzeit nicht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler überprüfen vorhandene Medikamente auf ihre Wirksamkeit und forschen an Impfstoffen. Eine weitere Möglichkeit ist die Therapie mit Antikörpern, gewonnen aus dem Blutplasma von Genesenen. Wer eine Coronavirus-Infektion überstanden hat und über genügend Antikörper gegen den Erreger im Blut verfügt, kann mit einer Blut- und Plasmaspende Schwerkranken helfen.
Plasma-Herstellung hat begonnen
Wie die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn in einer aktuellen Mitteilung schreibt, könnten Antikörper aus dem Blut von wieder genesenen COVID-19-Patientinnen und -Patienten helfen Leben zu retten.
Das Universitätsklinikum Bonn hat vor kurzem gemeinsam mit einigen anderen Einrichtungen in Deutschland die behördliche Erlaubnis erhalten, Rekonvaleszenten-Plasma zur Behandlung von schwerkranken COVID-19-Patientinnen und -Patienten herzustellen und anzuwenden.
Dank einer großen Anzahl an Spendenden und nach aufwendiger Vorbereitung in kurzer Zeit, konnte jetzt die Plasma-Herstellung auf dem Campus-Venusberg beginnen.
Derzeit keine zugelassenen Medikamente
„Zur Behandlung von Covid-19-Patienten mit schweren Verläufen gibt es keine zugelassenen Medikamente. Wir stehen quasi mit leeren Händen da“, erklärt Prof. Christian Putensen, Leiter der Operativen Intensivmedizin am Universitätsklinikum Bonn, die Motivation zusammen mit dem Blutspendedienst die Herstellung von Rekonvaleszenten-Plasma zu initiieren.
Wieder genesene COVID-19-Patientinnen und -Patienten haben Antikörper gegen das neuartige Coronavirus entwickelt, die hochkonzentriert die Immunabwehr schwer erkrankter Patientinnen und Patienten auf COVID-19-Erreger ausrichten können.
Denn die sehr spezifischen Eiweiße sorgen laut den Fachleuten dafür, dass der Körper den Eindringling erkennt und bekämpft. Wie in der Mitteilung erläutert wird, weisen erste Fallbeispiele darauf hin, dass die Gabe von Antikörpern wieder genesener COVID-19-Betroffener bei einem schwerwiegenden Verlauf wirksam sein kann.
Das Prinzip der passiven Immunisierung ist nicht neu, sondern wurde bereits 1890 als Heilverfahren gegen Diphterie von Emil von Behring entwickelt und seitdem immer wieder eingesetzt, so auch zum Beispiel bei der Spanischen Grippe und Ebola.
Positive Resonanz auf Aufruf zur Blutplasma-Spende
„Wir möchten uns bei allen für die überwältigende Reaktion auf unseren Aufruf an wieder genesene Covid-19-Patienten via Facebook ganz herzlich bedanken“, so Prof. Dr. Johannes Oldenburg, Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum Bonn.
Den Angaben zufolge haben sich innerhalb kurzer Zeit über 350 Personen beim Blutspendedienst des Universitätsklinikums Bonn gemeldet, die bereit sind, mit ihrem Plasma schwer erkrankten Menschen zu helfen. Bei allen wird geprüft, ob sie als Spendende geeignet sind.
„Neben den allgemeinen Kriterien müssen ein positiver Test auf den Corona-Virus während der Erkrankung und ein aktueller negativer Abstrich bei unserem Betriebsarzt vorliegen“, erläutert Privatdozent Dr. Heiko Rühl, Oberarzt am Bonner Universitätsinstitut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin.
Die Blutplasmaspende dauert ungefähr eine Dreiviertelstunde und läuft ab wie bei der Herstellung gerinnungsaktiver Plasmapräparate. Dabei werden die im Blutplasma enthaltenen spezifischen Antikörper gegen den COVID-19-Erreger zusammen mit dem Plasma mittels Plasmapherese-Gerät aus dem Blut gewonnen.
„Aktuell stehen dafür ausreichend genesene Covid-19-Patienten zur Verfügung. Die Plasmagewinnung wird zumindest so lange stattfinden bis gleichwertige Therapiealternativen zur Verfügung stehen und wir freuen uns daher auch in den kommenden Monaten über weitere Spendewillige“, sagt Professor Oldenburg.
Mögliche Nebenwirkungen sind überschaubar
Die Medizinerinnen und Mediziner am Universitätsklinikum Bonn wollen mit dem Projekt, das ähnlich an anderen Universitätskliniken in Deutschland gestartet ist, dazu beitragen, bei schweren Verläufen einer COVID-19-Erkrankung eine signifikante Verbesserung zu erzielen.
„Dabei scheint der zu erwartende Nutzen höher als die Risiken, denn die möglichen Nebenwirkungen sind überschaubar und gut handhabbar“, erklärt Prof. Putensen.
Die Bonner Ärztinnen und Ärzte wollen aber die sicher hergestellten Plasmaprodukte nicht nur Intensivpatientinnen und -patienten therapeutisch geben, sondern die Effekte auch engmaschig klinisch und immunologisch überprüfen. So steht noch die Frage des richtigen Zeitpunkts einer passiven Immunisierung im Raum.
„Zusammen mit dem Institut für angeborene Immunität wollen wir uns zudem die individuelle Immunantwort anschauen und die Frage klären, warum manche Patienten einen schweren Verlauf haben und andere wiederum nicht“, erläutert Privatdozent Dr. Folkert Steinhagen, Geschäftsführender Oberarzt der Operativen Intensivmedizin am Universitätsklinikum Bonn.
Spendende dürfen seit vier Wochen keine Symptome haben
Der Mitteilung zufolge stehen aktuell ausreichend genesene COVID-19-Patientinnen und -Patienten zur Verfügung. Weil die Plasmagewinnung über mehrere Monate stattfinden wird, freut sich der Blutspendedienst auch in den kommenden Monaten über weitere Spendewillige.
Voraussetzung ist, dass die Spendenden seit vier Wochen keine Symptome der COVID-19-Erkrankung mehr haben und das Coronavirus in einem Nasen-Rachen-Abstrich nicht mehr nachweisbar ist.
Mehr Informationen zur Blutspende gibt es hier. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn: Antikörper von Genesenen im Kampf gegen Corona, (Abruf: 19.04.2020), Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.