SARS-CoV-2: Immunologisches Gedächtnis schützt langfristig
Die Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 steigt und steigt. Allerdings erkranken bei weitem nicht mehr so viele Menschen schwer an COVID-19 wie noch in den vorangegangenen Wellen. Dies hat wohl auch mit dem immunologischen Gedächtnis zu tun.
Wie die Universität Zürich in einer aktuellen Mitteilung erklärt, werden nach einer SARS-CoV-2-Infektion oder einer Coronavirus-Impfung bestimmte Abwehrzellen gebildet, die einen langfristigen Immunschutz verleihen. Diese langlebigen Gedächtnis-T-Zellen tragen wesentlich dazu bei, schwere COVID-19-Krankheitsverläufe zu verhindern. Forschende der Universität Zürich haben jetzt entschlüsselt, wie dieses immunologische Gedächtnis entsteht. Ihre Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.
Langfristig schützende Immunität
Es ist nach wie vor ungeklärt, wie eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 oder eine Immunisierung durch Impfungen zu einer langfristig schützenden Immunität führen kann. Onur Boyman, Direktor der Klinik für Immunologie, und sein Forschungsteam von der Universität Zürich sowie vom Universitätsspital Zürich, haben jetzt genauer untersucht, wie sich ein solcher Langzeitschutz ausbildet. Zusammen mit Forschenden der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich haben sie jene Signalmoleküle identifiziert, die entscheiden, wann aus einer Immunzelle eine sogenannte Gedächtnis-T-Zelle gebildet wird.
Signalmoleküle identifiziert
Den Angaben zufolge reichen die von B-Zellen produzierten, virusspezifischen Antikörper allein für die effektive Abwehr von SARS-CoV-2 nicht aus. Ebenso wichtig für die Immunität gegen das Coronavirus ist die zelluläre Immunantwort. Zentral sind hier virusspezifische T-Zellen des Typs „CD8+“, die jene Körperzellen erkennen, die vom Virus infiziert sind, und diese abtöten.
Diese zytotoxischen T-Zellen bekämpfen somit jene Erreger, die sich in den Wirtszellen verstecken, und verhindern so, dass Millionen neuer Viren freigesetzt werden. „Diese T-Zellen sind aber nur kurze Zeit aktiv und sterben rasch ab. Wichtig für einen langfristigen Immunschutz sind langlebige Gedächtnis-T-Zellen, die bei einem erneuten Viruskontakt sehr rasch aktiv werden“, erläutert Boyman. Dieses Phänomen wird als immunologisches Gedächtnis bezeichnet.
Bisherige Studien haben die gesamten CD8+-T-Zell-Populationen, die gegen das Virus gebildet werden, untersucht. Den Schweizer Forschenden ist es nun gelungen, einzelne virusspezifische T-Zell-Klone von Personen, die sich mit SARS-CoV-2 infiziert haben, von der akuten Infektion bis zu einem Jahr nach der Genesung nachzuzeichnen. Und damit auch diejenigen Signalmoleküle zu identifizieren, die für den Übergang von der akuten Zelltötungs- zur langfristigen Gedächtnisphase verantwortlich sind – eine Art molekulare Signatur.
Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, war die Signatur der langlebigen CD8+ Gedächtnis-T-Zellen bereits während der akuten Infektion vorhanden. Somit ließen sie sich von ihren kurzlebigen Pendants unterscheiden. „Die eindeutige Signatur der Gedächtniszellen enthält Signale für Immunbotenstoffe wie etwa Interferone, die bei der Abwehr von SARS-CoV-2, aber auch generell bei der Kontrolle von Virusinfektionen wichtig sind“, erläutert Onur Boyman.
Jeder Mensch reagiert anders
Die Studie trägt dazu bei, zu verstehen, wie das immunologische Gedächtnis gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 gebildet und aufrechterhalten wird – oder nicht. Denn während manche Infektionen zu einem robusten und langanhaltenden Immungedächtnis führen, ist das bei anderen nicht der Fall.
Zudem ermöglicht die neu identifizierte Signatur herauszufinden, bei welcher Art der Infektion – milder oder schwerer Verlauf beziehungsweise auf die Schleimhäute begrenzter oder systemischer Verlauf – eine langfristige Immunität gebildet wird.
Auch die Impfstoffe, die unterschiedliche Inhalts- und Hilfsstoffe enthalten, haben Einfluss auf die Immunantwort. „Auch wenn jeder Mensch etwas anders auf das Virus oder einen Impfstoff reagiert, trägt die zelluläre Immunität bei geimpften und genesenen Personen wesentlich dazu bei, schwere Krankheitsverläufe zu verhindern“, sagt Boyman. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universität Zürich: Immunologisches Gedächtnis schützt langfristig vor Coronavirus, (Abruf: 02.02.2022), Universität Zürich
- Sarah Adamo, Jan Michler, Yves Zurbuchen, Carlo Cervia, Patrick Taeschler, Miro E. Raeber, Simona Baghai Sain, Jakob Nilsson, Andreas E. Moor & Onur Boyman: Signature of long-lived memory CD8+ T cells in acute SARS-CoV-2 infection; in: Nature, (veröffentlicht: 07.12.2021), Nature
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.