Impfstoff wird auf Wirksamkeit bei Coronavirus-Infektionen getestet
COVID-19, die durch das neuartige Coronavirus Sars-CoV-2 ausgelöste Atemwegsinfektion, verbreitet sich international. Weltweit arbeiten Forschungsinstitute an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen das Virus. Bis ein solcher vorhanden ist, könnte ein Impfstoff helfen, der gegen Tuberkulose entwickelt wurde.
Immer mehr Menschen fragen sich, wann der erste Impfstoff gegen COVID-19 verfügbar ist. Vor kurzem wurde berichtet, dass ein Forschungsinstitut in Israel einen solchen bereits in wenigen Wochen bereitstellen könnte. Auch deutsche Forschende arbeiten an Impfstoffen. Bis es soweit ist, könnte ein Mittel helfen, das gegen eine andere Erkrankung entwickelt wurde.
Studie an mehreren Kliniken in Deutschland
Der Verlauf der Coronavirus-Pandemie wird stark davon abhängen, wie schnell Medikamente oder Impfstoffe gegen das SARS-Co-Virus 2 entwickelt werden können.
Laut einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) wollen Forschende nun in mindestens einer Phase-III-Studie untersuchen, ob der ursprünglich von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Infektionsbiologie gegen Tuberkulose entwickelter Impfstoff-Kandidat VPM1002 auch bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 wirksam ist.
Den Angaben zufolge soll die großangelegte Studie an mehreren Kliniken in Deutschland durchgeführt werden und wird ältere Menschen sowie Beschäftigte im Gesundheitswesen umfassen, die besonders von der Erkrankung bedroht sind.
VPM1002 könnte so helfen, die Zeit bis zu einem Impfstoff zu überbrücken, der spezifisch gegen SARS-CoV-2 wirksam ist.
Schutz vor Virusinfektionen der Atemwege
Wie die MPG erklärt, basiert VPM1002 auf einem Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten Impfstoff namens BCG. Studien an Mäusen zeigen, dass der BCG-Impfstoff nicht nur vor Tuberkulose, sondern auch vor Virusinfektionen der Atemwege schützen kann.
Demzufolge haben an Grippe erkrankte Mäuse weniger Influenza-A-Viren im Blut, wenn sie zuvor mit BCG geimpft wurden. Dadurch wiesen die Tiere weniger Schädigungen der Lungen auf. Eine Impfung mit BCG erhöht weiteren Studien zufolge auch die Resistenz der Tiere gegenüber anderen Viren wie beispielsweise Herpesviren vom Typ 1 und 2.
Darüber hinaus gibt es aus den Niederlanden und Großbritannien Hinweise darauf, dass BGC als sogenannter Bystander-Impfstoff gegen das neue Coronavirus helfen könnte. Eine Impfung mit BCG aktiviert offenbar auch das Immunsystem gegen eine Virusinfektion. Der Impfstoff verringert dadurch die Gefahr schwerer Krankheitsverläufe und senkt so die Todesrate.
Impfstoff enthält abgeschwächte Tuberkulose-ähnliche Bakterien
Wie es in der Mitteilung heißt, enthält VPM1002 abgeschwächte Tuberkulose-ähnliche Bakterien. Diese sind genetisch so verändert, dass Immunzellen sie besser erkennen können.
Der ursprünglich am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie von der Gruppe um Stefan H.E. Kaufmann entwickelte Impfstoff-Kandidat schützt dadurch wirksamer vor Tuberkulose als der alte Impfstoff und soll bei Neugeborenen sowie zur Auffrischung einer Impfung bei Erwachsenen eingesetzt werden.
Neuste Studien haben ergeben, dass VPM1002 auch bei Krebserkrankungen wirksam sein und eine Rückkehr von Blasentumoren verhindern kann.
Symptome einer Infektion mit dem neuen Coronavirus besser mildern
Forschende haben diese Weiterentwicklung des BCG-Impfstoffs in einer Reihe von Studien an Mäusen sowie mehreren klinischen Studien untersucht. So hat etwa 2018 eine Phase-II-Studie bestätigt, dass VPM1002 von Neugeborenen gut vertragen wird und wirksam ist.
Den Angaben zufolge wird der Impfstoff derzeit in einer weiteren Phase-III-Studie an erwachsenen Probanden in Indien getestet. Diese soll Mitte 2020 abgeschlossen sein. „Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass eine Impfung mit VPM1002 sicher und wirksamer als eine Standart-Impfung mit BCG ist“, erläutert Stefan H.E. Kaufmann.
Das höhere Sicherheitsprofil von VPM1002 und die verbesserte Wirksamkeit lassen hoffen, dass der neue Impfstoff auch die Symptome einer Infektion mit dem neuen Coronavirus besser mildern kann als der BCG-Impfstoff.
„Hinzu kommt, dass VPM1002 mithilfe modernster Produktionsmethoden hergestellt werden kann“, erklärt Adar C. Poonawalla der Hersteller und Geschäftsführer von Serum Institute of India. „So könnten innerhalb kürzester Zeit Millionen von Dosen bereitgestellt werden.“
Vielversprechende Gespräche mit Behörden
Die beteiligten Partner, Vakzine Projekt Management (VPM) sowie das Serum Institute of India, haben bereits vielversprechende Gespräche mit den Behörden geführt, um eine Phase-III-Studie in Deutschland mit VPM1002 durchzuführen und die Wirksamkeit des Impfstoffs bei älteren Menschen und Beschäftigen im Gesundheitswesen zu untersuchen.
„Diese Bevölkerungsgruppen sind besonders von der aktuellen Pandemie betroffen,“ sagt Leander Grode Geschäftsführer der VPM, „und könnten daher besonders von einer Impfung mit VPM1002 profitieren“.
Bei einem positiven Ergebnis könnte VPM1002 laut der MPG dazu beitragen die Gesundheitssysteme zu entlasten, bis ein Impfstoff zur Verfügung steht, der spezifisch gegen SARS-CoV-2 wirksam ist.
Die Max-Planck-Gesellschaft hat die Lizenz für den Impfstoff bereits 2004 an die Firma Vakzine Projekt Management (VPM) vergeben. Ab 2012 entwickelte das Unternehmen den Impfstoff zusammen mit dem Serum Institute of India weiter, einem der größten Impfstoffhersteller weltweit. Dieses Unternehmen hat die VPM mittlerweile mehrheitlich übernommen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Max-Planck-Gesellschaft: Immunschub gegen das Coronavirus, (Abruf: 22.03.2020), Max-Planck-Gesellschaft
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.