COVID-19: Wie viele Menschen waren bereits infiziert?
Die tatsächliche Ausbreitung des Coronavirus in der Bevölkerung und den Anteil der Personen, der möglicherweise bereits immun ist, plant das Robert Koch-Institut (RKI) in mehreren großangelegten Antikörper-Studien zu ermitteln. Die erste wird bereits kommende Woche starten.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Robert Koch-Instituts versuchen in den geplanten Studien zu ermitteln, wie weit das neue Coronavirus SARS-CoV-2 in Deutschland tatsächlich verbreitet ist, wie viele Menschen bereits eine Infektion durchgemacht haben und welcher Anteil jetzt zumindest für eine gewisse Zeit immun ist. Wichtige Informationen, die bisher fehlen, aber den künftigen Verlauf der Pandemie maßgeblich mitbestimmen werden.
Hohe Dunkelziffer bei den Infektionen
Zwar sind alle Infektionen mit SARS-CoV-2 in Deutschland meldepflichtig, doch ist von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen, da nicht alle Infizierten so starke Symptome entwickeln, dass sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 verlaufen oftmals mild oder gänzliche ohne Symptome, erläutert das RKI.
PCR-Test erfasst keine Antikörper
Des Weiteren werden bei Verdacht auf einen akute Infektion derzeit sogenannte PCR-Tests eingesetzt, die nach dem Erbgut des Virus (meist in einem Rachenabstrichen) suchen. Inwiefern bereits Antikörper gebildet wurden, spielt bei den Tests jedoch keine Rolle.
Antikörper bilden sich ein bis zwei Wochen nach Infektion
Mittlerweile sind allerdings Tests zum Nachweis von Antikörpern verfügbar, die eine zurückliegende Infektion feststellen können. Die Antikörper lassen sich dabei frühestens ein bis zwei Wochen nach der Infektion nachweisen. Das RKI wird diese Tests nutzen, um in verschiedenen Studien genauere Einblick in das Ausbruchsgeschehen zu erlangen.
Untersuchung von Blutspenden
So sollen beispielsweise ab kommender Woche in Zusammenarbeit mit den Blutspendediensten alle 14 Tage serologische Untersuchungen von 5.000 Blutproben erfolgen, um Rückschlüsse auf die Verbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung zu ermöglichen. „Erste Ergebnisse werden Anfang Mai 2020 erwartet“, so die Mitteilung des RKI. Bei der Laboranalytik arbeite das RKI eng mit dem von Prof. Christian Drosten geleiteten Institut für Virologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin zusammen.
Studien an den Hotspots für COVID-19
Ebenso plant das RKI „seroepidemiologische Studien an mehreren besonders betroffenen Orten („Hotspots“) in Deutschland.“ Hierfür werden in jedem Ort etwa 2.000 Teilnehmende im Alter ab 18 Jahre mehrfach untersucht und zusätzlich unter anderem zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumstände und psychischer Gesundheit befragt. Der Studienbeginn ist laut RKI für Mitte April 2020 vorgesehen und mit ersten Ergebnissen könne im Mai 2020 gerechnet werden.
Ziel sei es, „durch die Bestimmung von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 in repräsentativen Stichproben der Einwohner die Immunität in der Bevölkerung vor Ort abzuschätzen.“ Auch könne der Anteil asymptomatischer Infektionen besser abgeschätzt werden und es lassen sich ggf. Risikofaktoren für einen schweren Verlauf in der Bevölkerung ermitteln. Bei der Planung und Durchführung arbeitet das RKI mit Forschenden um Prof. Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig zusammen.
Repräsentative Studie mit 15.000 Teilnehmenden
Des Weiteren ist dem RKI zufolge eine bundesweite bevölkerungsrepräsentative seroepidemiologische Studie vorgesehen, bei der Antikörpern gegen SARS-CoV-2 in einer bundesweit repräsentativen Stichprobe erfasst werden. Hierfür sollen 15.000 Personen im Alter ab 18 Jahre an 150 Studienorten deutschlandweit untersucht werden und die Teilnehmenden werden zusätzlich ebenfalls zu klinischen Symptomen, Vorerkrankungen, Gesundheitsverhalten, Lebensumstände und psychischer Gesundheit befragt. „Studienbeginn ist voraussichtlich Mitte Mai 2020, erste Ergebnisse werden im Juni 2020 erwartet“, so die Mitteilung des RKI.
Genaueres Bild über das SARS-CoV-2-Geschehen
Mit Hilfe der geplanten Studien hofft das RKI wichtige Erkenntnisse über die tatsächliche Verbreitung des Coronavirus, die Immunität, den Anteil asymptomatischer Infektionen, die Sterberate und Risikofaktoren für einen schweren Verlauf in der Bevölkerung zu gewinnen. „Von diesen Studien erwarten wir uns ein genaueres Bild über das SARS-CoV-2-Geschehen in Deutschland“, fasst RKI-Präsident Professor Lothar H. Wieler zusammen.
„Die Ergebnisse der Antikörper-Studien sind von großer Bedeutung, um den Verlauf und Schwere der Pandemie genauer abschätzen und die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen besser bewerten zu können“, so Prof. Wieler. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Robert Koch-Institut (RKI): Wie viele Menschen sind immun gegen das neue Coronavirus? Robert Koch-Institut startet bundesweite Antikörper-Studien (veröffentlicht 09.04.2020), rki.de
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