COVID-19: SARS-CoV-2-Infektion kann Nieren schädigen
Es ist schon länger bekannt, dass eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 auch zu Schädigungen der Nieren führen kann. Eine neue Studie weist nun darauf hin, dass möglicherweise Millionen von COVID-19-Patientinnen und -Patienten eine nicht diagnostizierte akute Nierenschädigung (AKI) haben könnten.
Laut der Studie, die von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der University of Queensland (Australien) durchgeführt wurde, könnte die akute Nierenschädigung (AKI) bei COVID-19 doppelt so häufig sein, wie diagnostiziert. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „PLOS Medicine“ veröffentlicht.
Übersehene Diagnosen
Wie in einer Mitteilung der australischen Universität erklärt wird, ist AKI ein Zustand, bei dem die Nieren plötzlich keine Abfallstoffe mehr aus dem Blut filtern, was zu schweren Erkrankungen oder sogar zum Tod führen kann.
Vorhandene Daten zeigen, dass etwa 20 Prozent der Patientinnen und Patienten, die mit COVID-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, eine AKI entwickeln; bei denjenigen, die auf einer Intensivstation behandelt werden, steigt diese Zahl auf etwa 40 Prozent.
Aber die Nierenspezialistin Dr. Marina Wainstein von der University of Queensland (UQ) sagt, die wahren Zahlen könnten doppelt so hoch sein. „Ärzte sehen sich die Urinmenge an, die ein Patient ausscheidet, und den Spiegel einer Verbindung namens Kreatinin im Blut, die ansteigt, wenn die Nieren nicht gut funktionieren“, erklärt sie.
„Wenn dieser Kreatininanstieg jedoch auftritt, bevor ein Patient ins Krankenhaus kommt, kann die AKI-Diagnose übersehen werden und der Patient in diesen frühen, kritischen Tagen des Krankenhausaufenthalts nicht angemessen behandelt werden.“
Höheres Sterberisiko
Als die Forschenden auch den Abfall des Kreatininspiegels maßen, der häufig auf den anfänglichen Anstieg folgt, verdoppelte sich die Rate der AKI-Diagnosen bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten. „Das war ein ziemlich schockierender Befund“, so die Medizinerin.
Dr. Wainstein sagt, dass das „Übersehen“ von AKI bei COVID-19-Erkrankten gefährlich sei. „Obwohl sich die AKI im Krankenhaus bereits zu verbessern beginnt, zeigen unsere Untersuchungen, dass diese Patienten im Krankenhaus schlechtere Ergebnisse haben und mit größerer Wahrscheinlichkeit sterben als Patienten ohne AKI.“
Laut der Studienleiterin Dr. Sally Shrapnel von der School of Mathematics and Physics der UQ seien nun die Daten vorhanden, die zeigen, dass eine große Lücke bei den AKI-Diagnosen besteht. Es müssten weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um AKI-Patientinnen und -Patienten frühzeitig identifizieren und die schrecklichen Folgen hoffentlich verhindern zu können.
Daten von über 75.000 Erkrankten
Alle Personen, die mithilfe des Clinical Characterization Protocol (CCP) des International Severe Acute Respiratory and Emerging Infection Consortium (ISARIC) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) rekrutiert und vom 15.02.2020 bis 01.02.2021 in 1.609 Krankenhäusern in 54 Ländern mit einer SARS-CoV-2-Infektion aufgenommen wurden, wurden in die Studie eingeschlossen.
Insgesamt sind 75.670 Patientinnen und Patienten in die endgültige Analysekohorte eingeschlossen worden. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of Queensland: COVID kidney injury twice as common as diagnosed, (Abruf: 12.06.2022), University of Queensland
- Marina Wainstein, Samual MacDonald, Daniel Fryer, et al.: Use of an extended KDIGO definition to diagnose acute kidney injury in patients with COVID-19: A multinational study using the ISARIC–WHO clinical characterisation protocol; in: PLOS Medicine, (veröffentlicht: 20.04.2022), PLOS Medicine
Wichtiger Hinweis:
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