Post-COVID: Corona-Langzeitfolgen bei Kindern und Jugendlichen
Unwohlsein, schnelle Erschöpfung, Husten, Schmerzen im Hals- und Brustbereich sowie Angststörungen und Depression: Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche sind laut Analysen potenziell von Post-COVID betroffen.
Mit zunehmender Dauer der Pandemie zeichnet sich immer deutlicher ab, dass eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 auch bei mildem Krankheitslauf oder unbemerkter Infektion längerfristige gesundheitliche Folgen haben kann, schreibt das Bundesministerium für Gesundheit auf dem Portal „Zusammen gegen Corona“. Nach aktuellen Leitlinien wird von „Long-COVID“ (mehr als vier Wochen nach Infektion oder Erkrankung fortbestehende Symptome) oder von „Post-COVID-19-Syndrom“ (jenseits von zwölf Wochen noch bestehende oder neu auftretende Symptome oder Gesundheitsstörungen, die anderweitig nicht erklärt werden können) gesprochen. Analysen zeigen nun mögliche gesundheitliche Auswirkungen von COVID-19 auch bei Kindern und Jugendlichen.
Beschwerden noch nach über drei Monaten
COVID-19-Patientinnen und -Patienten erhielten mehr als drei Monate nach der akuten Infektion häufiger ärztliche Diagnosen physischer und psychischer Symptome und Erkrankungen als Menschen ohne COVID-19-Diagnose.
Das ergeben Analysen von umfangreichen Krankenversicherungsdaten, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Universitätsklinikum Dresden/Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV), Medizinische Fakultät der TU Dresden, AOK Bayern – Die Gesundheitskasse, AOK PLUS Sachsen und Thüringen, BARMER, DAK-Gesundheit, InGef – Institut für angewandte Gesundheitsforschung Berlin und Techniker Krankenkasse.
Demnach sind nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche potenziell von Post-COVID betroffen: Zu den am stärksten mit COVID-19 assoziierten dokumentierten Symptomen und Erkrankungen zählen bei Kindern und Jugendlichen unter anderem Unwohlsein und rasche Erschöpfung, Husten, Schmerzen im Hals- und Brustbereich, Angststörungen sowie Depression.
Erwachsene verzeichneten insbesondere vermehrt ärztliche Diagnosen von Geschmacksstörungen, Fieber, Husten sowie Atembeschwerden. An der Studie sind mehrere gesetzliche Krankenkassen unter Koordination des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) der Dresdner Hochschulmedizin und des Robert Koch-Instituts (RKI) beteiligt.
Die Ergebnisse wurden auf dem medizinischen Preprint-Server „medRxiv“ veröffentlicht.
Noch weitere Forschung nötig
„Dies ist international eine der ersten, großen kontrollierten Kohortenstudien zu Post-COVID. Die umfangreiche Datengrundlage unserer Partner und innovative methodische Verfahren erlauben erstmals auch belastbare Aussagen zu längerfristigen Folgen von COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen“, erläutert Prof. Dr. Jochen Schmitt vom Universitätsklinikum Dresden.
Um die Zusammenhänge zwischen COVID-19 und den Erkrankungen zu verstehen, sei noch weitere Forschung notwendig. „Künftige Analysen sollten einen Fokus auf die Persistenz möglicher Gesundheitsprobleme in der Studienpopulation legen. Zudem ist es wichtig, die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf spätere Phasen der Pandemie und damit einhergehende veränderte Versorgungsbedingungen zu untersuchen“, fügt Dr. Martin Rößler vom Universitätsklinikum Dresden an.
Daten von rund 38 Millionen Versicherten
Unter Post-COVID werden längerfristige, mindestens drei Monate nach einer Corona-Infektion fortbestehende oder neu hinzukommende Krankheitssymptome und gesundheitliche Einschränkungen zusammengefasst. Bislang ist aber nicht klar, wodurch sich Post-COVID genau auszeichnet und wie viele Menschen davon betroffen sind.
Bisherige internationale Studien weisen auf längerfristige gesundheitliche Auswirkungen bei Erwachsenen hin – die Analyse von ZEGV, RKI und Krankenkassen liefert jetzt erstmals auch Erkenntnisse zu Post-COVID bei jüngeren Altersgruppen.
Datenbasis der aktuellen Studie sind Krankenkassendaten der Jahre 2019 und 2020 von etwa 38 Millionen gesetzlich Versicherten. In die Analyse gingen Daten von über 150.000 Personen mit labormedizinisch nachgewiesener COVID-19-Erkrankung im ersten Halbjahr 2020 ein, darunter fast 12.000 Kinder und Jugendliche.
Die Analysen zeigen, dass bei Erwachsenen, jedoch auch bei Kindern und Jugendlichen mehr als drei Monate nach COVID-19-Diagnose häufiger neue Symptome und Erkrankungen diagnostiziert wurden als bei vergleichbaren Personen ohne COVID-19-Diagnose.
Die neu dokumentierten Diagnosen betreffen sowohl physische als auch psychische Erkrankungen und eine Vielzahl unterschiedlicher Organsysteme und Symptomkomplexe. In Bezug auf alle betrachteten Symptome und Erkrankungen lag die Häufigkeit neu dokumentierter Diagnosen bei Kindern und Jugendlichen mit COVID-19 um rund 30 Prozent höher als bei Kindern ohne COVID-19-Diagnose. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Technische Universität Dresden: Post-COVID: Analysen zeigen mögliche gesundheitliche Auswirkungen von COVID-19 auch bei Kindern und Jugendlichen, (Abruf: 31.10.2021), Technische Universität Dresden
- Martin Roessler, Falko Tesch, Manuel Batram, Josephine Jacob, Friedrich Loser, Oliver Weidinger, Danny Wende, Annika Vivirito, Nicole Toepfner, Martin Seifert, Oliver Nagel, Christina König, Roland Jucknewitz, Jakob Peter Armann, Reinhard Berner, Marina Treskova-Schwarzbach, Dagmar Hertle, Stefan Scholz, Stefan Stern, Pedro Ballesteros, Stefan Baßler, Barbara Bertele, Uwe Repschläger, Nico Richter, Cordula Riederer, Franziska Sobik, Anja Schramm, Claudia Schulte, Lothar Wieler, Jochen Walker, Christa Scheidt-Nave, Jochen Schmitt: Post COVID-19 in children, adolescents, and adults: results of a matched cohort study including more than 150,000 individuals with COVID-19; in: medRxiv, (veröffentlicht: 22.10.2021), medRxiv
- Bundesministerium für Gesundheit: Long-COVID und Post-COVID – Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung, (Abruf: 31.10.2021), Zusammen gegen Corona
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.