Falsches Sicherheitsgefühl bei den Schutzmasken
Bei der Eindämmung der Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 setzen viele Staaten auch auf eine verpflichtende Vorgabe zum Tragen von Schutzmasken. Eine aktuelle Studie zeigt allerdings, dass ohne die richtigen begleitenden Botschaften die Masken zu einer weiteren Ausbreitung von COVID-19 führen können. Denn entscheidend ist die Anzahl der Kontakte und hier könnten die Masken ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln.
„Der wichtigste Risikofaktor für die Übertragung der Krankheit, war die Anzahl der täglichen Kontakte der Teilnehmenden mit anderen Erwachsenen und Senioren“, berichtet die University of Vermont von den neuen Studienergebnissen. Das Tragen von Schutzmasken sei zwar eine wirksame Strategie, müsse jedoch mit einem Vorbehalt versehen werden: „Wenn diese Praxis nicht von einer angemessenen öffentlichen Aufklärung begleitet wird, könnte sie zu mehr Infektionen führen“, berichtet die Universität. Veröffentlicht wurde die entsprechende Studie in dem Fachmagazin „JMIR Public Health and Surveillance“.
Virusverbreitung und Risikofaktoren untersucht
Im Rahmen der aktuellen Studie versuchte das Forschungsteam um Eline M. van den Broek-Altenburg von der University of Vermont herauszufinden, wie die stark das Coronavirus tatsächlich in der Bevölkerung verbreitet ist und welche Faktoren Einfluss auf das Infektionsrisiko haben.
Insgesamt wurden für die Studie 1.694 Personen zwischen dem 30. April und dem 13. Mai 2020 zu ihrer Arbeits- und Wohnsituation, ihrem Einkommen, ihrem Verhalten, soziodemografischen Merkmalen und ihrem Gesundheitszustand vor der Pandemie befragt. Außerdem wurde bei 454 dieser Personen Polymerase-Kettenreaktionstests (PCR-Test) und zwei serologische Untersuchungen durchgeführt.
Anhand der positiven PCR-Tests haben die Forschenden die ungefähre Prävalenz des Virus in der Bevölkerung, die Hospitalisierungsrate und die Infektionssterblichkeitsrate abgeschätzt. Und anhand der Antworten aus der Befragung wurden mögliche Risikofaktoren ermittelt, einschließlich der Anzahl der von den Studienteilnehmern angegebenen Kontakte. „Durch die Korrelation der beiden Datensätze konnten die Forschenden bestimmen, welche Verhaltensweisen und Umstände das Erkrankungsrisiko der Befragten erhöhten“, so die Mitteilung der University of Vermont.
Nur ein Fünftel der Infektionen erkannt
In der Studie wurde deutlich, dass vermutlich fünfmal mehr Personen in dem Studienzeitraum mit dem Coronavirus infiziert waren, als tatsächlich registriert wurden. „Wenn man nur symptomatische Patienten testet, wird man nie herausfinden können, wie viele Menschen das Virus bereits gehabt haben. Mit unserer Stichprobenstudie konnten wir zeigen, dass Vermont bisher nur weniger als ein Fünftel der Menschen getestet hat, die das Virus wahrscheinlich schon hatten“, betont die Studienleiterin.
Hier seien daher deutlich mehr Tests auch unter asymptomatischen Personen erforderlich. „Wenn man weiß, wie viele Menschen krank sind oder waren, ist man viel besser in der Lage, genaue Vorhersagen zu treffen, was in der Zukunft passieren wird, und die entsprechende Politik zu gestalten“, so van den Broek-Altenburg.
Masken ein Risikofaktor?
Bezüglich der möglichen Risikofaktoren war laut Aussage der Forschenden vor allem bei der Anzahl der persönlichen Kontakte ein erheblicher Effekt festzustellen. „. Eine höhere Anzahl von täglichen Kontakten mit Erwachsenen und älteren Erwachsenen erhöht die Wahrscheinlichkeit, sich zu infizieren“, schreibt das Forschungsteam.
Hinzu kommt, dass diejenigen, die eine Maske außerhalb der Arbeit trugen, mehr tägliche Kontakte hatten als diejenigen, die keine Maske trugen, und infolgedessen erkrankte ein höherer Anteil unter ihnen an COVID-19. Die Studienleiterin hat hierfür auch eine mögliche Erklärung. „Wenn Sie eine Maske tragen, haben Sie möglicherweise das trügerische Gefühl, geschützt zu sein und haben mehr Interaktionen mit anderen Menschen”, so Eline M. van den Broek-Altenburg. Die Botschaft, dass Menschen eine Maske tragen müssen, sei wichtig, aber nicht ausreichend.
Es muss darauf hingewiesen werden, „dass Masken keinen Freifahrtschein dafür geben, so viele Menschen zu sehen, wie man möchte“; betont die Forscherin. „Sie müssen Ihre Kontakte immer noch strikt einschränken“, mahnt die Expertin. Auch sollten öffentliche Aufklärungskampagnen deutlich machen, wie man eine Maske sicher trägt, um die Infektionen zu begrenzen, fügte van den Broek-Altenburg hinzu.
Einfluss der Wohnsituation
Weiterhin stellte das Forschungsteam fest, das auch die Wohnsituation einen erheblichen Einfluss auf das Infektionsrisiko hat. Denn die Wohnumgebung beeinflusse die Anzahl der Kontakte. „Ein höherer Anteil derjenigen, die in Wohnungen lebten, wurde mit dem Virus infiziert, verglichen mit Personen, die in Einfamilienhäusern lebten“, berichten die Forschenden. „Wenn Sie in einer Wohnung leben, werden Sie täglich mehr Menschen sehen, als wenn Sie in einem Einfamilienhaus leben, daher müssen Sie besonders wachsam sein, was die soziale Distanzierung angeht“, betont die Studienleiterin. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Eline M. van den Broek-Altenburg, Adam J. Atherly, Sean A. Dieh, Kelsey M. Gleason, Victoria C. Hart, Charles D. MacLean, Daniel A. Barkhuff, Mark A. Levine, Jan K. Carney: Jobs, Housing, and Mask Wearing: Cross-Sectional Study of Risk Factors for COVID-19; in: JMIR Public Health and Surveillance (veröffentlicht 11.01.2021), JMIR
- University of Vermont: New study: Without right messaging, masks could lead to more COVID-19 spread (veröffentlicht 14.01.2021), uvm.edu
Wichtiger Hinweis:
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