Erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen nach COVID-19
Eine Erkrankung an COVID-19 erhöht noch bis zu ein Jahr nach der Erstinfektion das Risiko, dass betroffene Personen psychische Störungen wie Angstzustände und Depressionen entwickeln. Weitere Auswirkungen können gestörter Substanzkonsum und Schlafstörungen sein.
In einer aktuellen Untersuchung unter Beteiligung von Fachleuten der University in Saint Louis wurde festgestellt, dass Menschen, welche eine akute Phase von COVID-19 durchlebt haben, einem erhöhten Risiko für eine Reihe von psychischen Störungen ausgesetzt sind. In dem englischsprachigen Fachblatt „BMJ“ berichten die Forschenden, dass nach COVID-19:
- ein 60 Prozent höheres Risiko für die Diagnose einer psychischen Störungen besteht,
- Schlafstörungen und depressive Störungen drohen,
- ein erhöhtes Risiko für gestörten Substanzkonsum vorliegt,
- neurokognitive Beeinträchtigungen auftreten können.
Verbindung zwischen COVID-19 und psychischen Erkrankungen
In der Vergangenheit gab es bereits Studien, deren Ergebnisse darauf hindeuteten, dass an COVID-19 erkrankte Menschen einem erhöhten Risiko für Angstzustände und Depressionen ausgesetzt sind.
Das Problem war jedoch, dass diese Untersuchungen nur eine kleine Auswahl von Ergebnissen zur psychischen Gesundheit umfassten und Teilnehmende lediglich über einen Zeitraum von maximal sechs Monate medizinisch überwacht wurden, berichtet das Team.
In der aktuellen Studie wurden dagegen Daten aus den nationalen Gesundheitsdatenbanken des US Department of Veterans Affairs verwendet, um das Risiko für psychische Erkrankungen bei an COVID-19 erkrankten Personen abzuschätzen, erläutern die Forschenden.
Die Teilnehmenden hatten zwischen März 2020 und Januar des Jahres 2021 mindestens 30 Tage nach einem positiven PCR-Test überlebt. Die Fachleute glichen die Daten von 153.848 erkrankte Personen und mit zwei Kontrollgruppen ohne COVID-19 ab. Es nahmen überwiegend Männer teil, deren Durchschnittsalter bei 63 Jahren lag.
Die Menschen mit COVID-19 wurden in weitere zwei Gruppen unterteilt. Eine Gruppe mit Teilnehmenden, welche während der akuten Phase der Infektion in ein Krankenhaus eingeliefert wurde und eine zweite Gruppe mit Personen, die keine stationäre Behandlung benötigten, so das Team.
Teilnehmende wurden für ein Jahr medizinisch überwacht
Alle drei Gruppen wurden für einen Zeitraum von einem Jahr medizinisch überwacht, um das Risiko für psychische Beschwerden wie Angstzustände, Depressionen und Stresserkrankungen, Störungen des Substanzkonsums, neurokognitive Beeinträchtigungen und Schlafstörungen zu bestimmen.
60 Prozent höheres Risiko für psychische Probleme
Es zeigte sich, dass Menschen mit COVID-19 nach einem Jahr ein um 60 Prozent höheres Risiko für eine psychische Diagnose oder Verschreibung aufwiesen, verglichen mit Personen aus der nicht infizierten Kontrollgruppe, berichtet das Team.
Schlafstörungen und depressive Störungen nach COVID-19
Bei der separaten Untersuchung der psychischen Störungen fiel auf, dass nach COVID-19 ein Jahr lang das Auftreten von Schlafstörungen um 24 pro 1.000 Personen erhöht war. Bei depressiven Störungen erhöhte sich die Prävalenz um 15 pro 1.000 Personen.
Außerdem zeigte sich, dass elf zusätzliche Personen von 1.000 neurokognitive Beeinträchtigungen entwickelten und vier zusätzliche Menschen pro 1.000 Störungen des Substanzkonsums entwickelten, berichten die Forschenden.
Welche Personen waren besonders stark betroffen?
Das am stärksten erhöhte Risiko betraf Menschen, welche während der ersten (akuten) Phase von COVID-19 in ein Krankenhaus eingeliefert wurden, berichten die Fachleute. Aber auch Personen, die nicht ins Krankenhaus eingeliefert wurden, seien betroffen gewesen.
Zusätzlich zeigte sich, dass Menschen mit COVID-19 ein höheres Risiko für psychische Störungen hatten, als Personen nach einer Erkrankung an saisonaler Influenza. Wurden Menschen wegen COVID-19 in ein Krankenhaus eingeliefert, war dies zudem mit einem höheren Risiko für psychische Störungen verbunden, verglichen mit Personen, die aus einem anderen Grund ins Krankenhaus eingeliefert wurden, berichten die Forschenden.
Erhöhtes Risiko für psychische Störungen nach COVID-19
Zusammengenommen deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Menschen, welche die akute Phase von COVID-19 überleben, ein erhöhtes Risiko für eine Reihe von psychischen Störungen aufweisen. Daher sollte der Bekämpfung psychischer Störungen bei diesen Personen eine Priorität eingeräumt werden, so die Fachleute.
COVID-19 und der damit verbundene Lockdown haben unbestritten auch bei der Allgemeinbevölkerung vorübergehende Ängste (im Zusammenhang mit der Bedrohung) ausgelöst, erklärt Professor Scott Weich von der University of Sheffield in einer Pressemitteilung. Doch Menschen, die an COVID-19 erkrankt waren, hatten laut der aktuellen Studie ein zusätzlich erhöhtes Risiko. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
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