Corona verstärkt auch die Adipositas-Pandemie
Im Zuge der COVID-19-Pandemie haben sich die Ernährungs- und Bewegungsmuster vieler Menschen verschlechtert. In einer aktuellen Umfrage wurde nun deutlich, dass insbesondere Menschen mittleren Alters und Personen mit bereits bestehenden Gewichtsproblemen im Zuge der Pandemie zugenommen haben. Damit ist COVID-19 auch Antreiber der Adipositas-Pandemie.
Ein Forschungsteam der Technischen Universität München (TUM) hat gemeinsam mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa untersucht, wie sich das Ernährungs- und Bewegungsverhalten von Erwachsenen und damit auch ihr Gewicht im Verlauf der Pandemie verändert hat. Dabei wurde deutlich, dass etwa 40 Prozent der Befragten seit dem Beginn der Pandemie Gewicht zugelegt haben und mehr als 50 Prozent bewegten sich weniger als vor der Pandemie.
Auswirkungen auf Ernährung und Bewegung untersucht
Negative Auswirkungen auf die Ernährung und das Bewegungsverhalten durch die Pandemie werden bereits seit längerem diskutiert. Mit der aktuelle Befragung versuchten die Forschenden hier eine Einschätzung des tatsächlichen Ausmaßes zu ermöglichen. Insgesamt wurden im April 2021 in einer online Befragung 1.001 Erwachsene im Alter zwischen 18 und 70 Jahren für die Studie befragt. Professor Hans Hauner und Professorin Renate Oberhoffer-Fritz von der TUM haben nun im Rahmen eines Expertengesprächs zu den Daten Stellung genommen.
Verstärkte Gewichtsprobleme
„Dass sie seit Beginn der Corona-Pandemie zugenommen haben, geben überdurchschnittlich häufig die 30- bis 44-Jährigen (48 Prozent) sowie die Befragten an, die bereits zuvor ein Gewichtsproblem hatten (53 Prozent)“, berichtet die TUM in einer Mitteilung zu den Ergebnissen der Umfrage. Je höher der Body-Mass-Index (BMI) der Befragten war, desto häufiger hätten sie angegeben, seit Beginn der Pandemie weiter zugenommen zu haben.
„Corona befeuert damit die Adipositas-Pandemie“, betont Professor Hauner, Leiter des Else Kröner Fresenius Zentrums für Ernährungsmedizin (EKFZ) an der TUM. Im Durchschnitt habe die Gewichtszunahme bei 5,6 Kilogramm gelegen, bei den Befragten mit einem höheren BMI von über 30 sei sogar eine Gewichtszunahme von durchschnittlich 7,2 Kilogramm feststellbar gewesen. Diese Gewichtszunahme ist auch im Hinblick auf das COVID-19-Risiko äußerst bedenklich.
Adipositas und COVID-19
Denn Adipositas gilt als Treiber der COVID-19-Pandemie, da mit dem BMI auch das Risiko schwerer COVID-19-Verläufe steigt. „So entsteht ein Teufelskreis aus dem Zusammenspiel von Corona und Adipositas“, erklärt Professor Hauner. Auch ohne COVID-19 koste zu hohes Gewicht in Deutschland bereits jährlich etwa 80.000 bis 100.000 Menschenleben. „Der Kollateralschaden durch die Fokussierung auf Corona ist daher im Bereich der vielen lebensstilbedingten Krankheiten enorm“, so der Experte.
Veränderungen beim Ernährungsverhalten
Bei den Ursachen der Gewichtszunahme ist das Ernährungs- und Bewegungsverhalten maßgeblich entscheidend, allerdings gaben über 60 Prozent der Befragten an, ihr Ernährungsverhalten habe sich seit Beginn der Pandemie nicht grundlegend verändert. Jedoch wurde in der Pandemie häufiger aus Langeweile gegessen und dabei überwiegend auf ungünstige Lebensmittel wie Süßigkeiten, Fastfood oder zuckergesüßte Getränke zurückgegriffen, berichten die Forschenden. Dieses Verhalten sei vor allem bei Menschen festzustellen, die sich durch die Pandemie psychisch belastet fühlen.
Weniger körperliche Aktivität
Bei dem Bewegungsverhalten waren im Zuge der Pandemie deutlich größere Veränderungen feststellbar und 52 Prozent der Befragten gaben an, sich seit Beginn der Corona-Krise weniger als vorher zu bewegen. „Je höher der BMI, desto häufiger (60 Prozent) geben die Befragten an, dass sie sich jetzt weniger bewegen“, berichtet die TUM. Als Gründe für den Bewegungsrückgang wurden vor allem weniger Bewegung im Alltag (54 Prozent) und die geschlossenen Räumlichkeiten für Einzel- oder Gruppensport wie Turnhallen oder Fitnessstudios (53 Prozent) genannt.
Gesunde Ernährung und Sport bleiben wichtig
Grundsätzlich sind „Aktivität und Bewegung wichtig, um unsere Gesundheit und auch unser Wohlbefinden zu stärken“, betont Professorin Renate Oberhoffer-Fritz. Dabei sollten „Erwachsene mindestens 150 Minuten pro Woche mit moderater bis hoher Intensität aktiv sein“, so die Expertin. Klassische Ausdauersportarten wie Radfahren, Laufen und Schwimmen seien gut geeignet.
Bezüglich der Ernährung gelte, dass der Energiebedarf eines Erwachsenen – je nach Alter, Geschlecht und Gewicht – zwischen 1.500 und 2.500 kcal pro Tag liegt, so Professor Hauner. Liegt die Kalorienzufuhr über dem Energiebedarf, bilden sich vermehrt Fettpolster. Bei körperlicher Aktivität steigt allerdings auch der Energiebedarf.
„Das Ziel beim Essen muss eine gute, aber nicht übermäßige Versorgung mit den Energieträgern Kohlenhydrate, Fette, Eiweiß sowie mit Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen sein, also eine vollwertige Ernährung“, betont Professor Hauner. „Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige körperliche Bewegung sind entscheidende Voraussetzungen für Gesundheit, Fitness und Leistungsfähigkeit“, ergänzt Professorin Oberhoffer-Fritz. Dies gilt auch in Zeiten der Pandemie. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Technische Universität München (TUM): „Corona befeuert eine andere Pandemie“ (veröffentlicht 02.06.2021), tum.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.