SARS-CoV-2-Mutationen können T-Killerzellen die Arbeit erschweren
Wesentlichen Einfluss auf den Verlauf einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 hat die körpereigene Immunantwort. Eine große Sorge ist hier, dass bei weiteren Mutationen des Virus die körpereigenen Abwehrmechanismen noch weniger greifen könnten.
Neben den Antikörpern sind auch sogenannte T-Killerzellen für die körpereigene Abwehr gegen SARS-CoV-2 entscheidend. Durch bestimmte Mutationen kann sich das Coronavirus jedoch „für die Immunantwort durch T-Killerzellen unerkennbar machen kann“, berichtet ein Forschungsteam der MedUni Wien und des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften von seinen aktuellen Untersuchungsergebnissen. Veröffentlicht wurden diese in dem Fachmagazin „Science Immunology“.
Antikörper und T-Killerzellen entscheidend
Wie die Reaktion des Immunsystems bei einer SARS-CoV-2-Infektion aussieht, wurde mit den Forschungsergebnissen des vergangenen Jahres immer deutlicher. Antikörper und T-Killerzellen spielen hierbei eine entscheidende Rolle. „Während Antikörper direkt an Viren andocken, um diese unschädlich zu machen, erkennen T-Killerzellen virale Eiweiß-Fragmente auf infizierten Zellen und töten diese in der Folge ab, um die Virusproduktion zu stoppen“, erläutert die MedUni Wien.
Beeinträchtigte Immunantwort bei Mutationen
In verschiedenen Studien habe sich jedoch bereits gezeigt, dass SARS-CoV-2-Mutationen die Antikörper-Immunantwort und damit auch die Wirksamkeit von Impfstoffen beeinträchtigen können. Inwiefern die T-Killerzellen bei den mutierten Viren ebenfalls in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, blieb bislang allerdings unklar.
In verschiedenen Studien habe sich jedoch bereits gezeigt, dass SARS-CoV-2-Mutationen die Antikörper-Immunantwort und damit auch die Wirksamkeit von Impfstoffen beeinträchtigen können. Inwiefern die T-Killerzellen bei den mutierten Viren ebenfalls in ihrer Funktion beeinträchtigt werden, blieb bislang allerdings unklar.
In der aktuellen Studie untersuchte das Forschungsteam der MedUni Wien und des CeMM nun die Auswirkung von Virusmutationen in sogenannten T-Zell Epitopen, also jenen Regionen, die von T-Killerzellen erkannt werden. Anhand der Sequenzierung von 750 SARS-CoV-2 Virusgenomen, sei deutlich geworden, dass viele Mutationen in SARS-CoV-2 tatsächlich dazu in der Lage sind, die T-Zell-Epitope zu verändern, erläutert Dr. Andreas Bergthaler vom CeMM.
„Mithilfe bioinformatischer und biochemischer Untersuchungen sowie Laborexperimenten mit Blutzellen von COVID-19-Patienten konnten wir zeigen, dass mutierte Viren von T-Killerzellen an dieser Stelle nicht mehr erkannt werden können“, so Bergthaler weiter. Allerdings sehen die Forschenden keinen Grund zu der Annahme, dass sich SARS-CoV-2 der Immunantwort des Menschen komplett entziehen könnte.
Wirkung von Impfstoffen beeinträchtigt?
Die neuen Erkenntnisse liefern wichtige Einblicke dazu, wie SARS-CoV-2 mit dem Immunsystem interagiert und auch ein Zusammenhang der Mutationen mit der Wirkung von Impfstoffen ist damit nach Ansicht der Forschenden nicht auszuschließen. So stünden den T-Killerzellen bei den natürlichen Infektionen in der Regel mehrere Epitope für die Erkennung zur Verfügung und bei einer Mutation an einer Stelle, sei es wahrscheinlich, dass noch andere Epitope die Anwesenheit des Virus verraten.
Doch die meisten der aktuellen Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 richten sich ausschließlich gegen das sogenannte Spike-Protein, welches nur eines von 26 Viruseiweißstoffen darstellt, erläutern die Forschenden. Dadurch reduziere sich auch die Zahl jener Epitope, die grundsätzlich für die Erkennung durch T-Killerzellen zur Verfügung stehen.
Bei dem Spike-Protein liegen in der Regel ein bis sechs dieser T-Zell-Epitope vor und wenn das Virus in einer dieser Regionen mutiert, „steigt das Risiko, dass die infizierten Zellen nicht von den T-Killerzellen erkannt werden“, so Dr. Johannes Huppa von der MedUni Wien.
„Vor allem für die Weiterentwicklung der Impfstoffe müssen wir daher genau im Auge behalten, wie das Virus mutiert und welche Mutationen sich global durchsetzen“, ergänzt Dr. Judith Aberle von der MedUni Wien. Bisher seien jedoch wenige Hinweise dafür erkennbar, „dass Mutationen in T-Killerzell-Epitopen sich verstärkt verbreiten.“
Effektivere Impfstoffe das Ziel
Die Forschungsarbeit liefert nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch Ansätze für die Entwicklung von „effektiveren Impfstoffen mit dem Potenzial, möglichst viele T-Killerzellen über eine Vielzahl von Epitopen zu aktivieren.“ Ziel seien dabei Impfstoffe, die neutralisierende Antikörper und T-Killerzellen-Antworten für einen möglichst breiten Schutz auslösen. (fp)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Universität Wien (MedUni Wien): SARS-CoV-2-Mutationen können die Immunüberwachung von menschlichen T-Killerzellen erschweren (04.03.2021), meduniwien.ac.at
- Benedikt Agerer, Maximilian Koblischke, Venugopal Gudipati, Luis Fernando Montaño-Gutierrez, et al.: SARS-CoV-2 mutations in MHC-I-restricted epitopes evade CD8+ T cell responses; in: Science Immunology (veröffentlicht 04.03.2021), sciencemag.org
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.