Vorteile und Nachteile einer Impfung für Jugendliche?
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) befürwortet Impfungen von Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren. Zusätzlich erklärten die Fachleute, dass sie bereit seien, am Erfolg der Impfkampagne in großem Umfang mitzuarbeiten. Es gibt aber auch Forschungsarbeiten, die eher gegen die Impfung von Kindern und Jugendlichen zum jetzigen Zeitpunkt sprechen.
Es ist möglich, dass in Kinder- und Jugendpraxen großflächig gegen COVID-19 geimpft wird, wenn der Biontech/Pfizer-Impfstoff durch die Europäischen Arzneimittelagentur EMA eine Zulassung bekommt und es zusätzlich noch eine entsprechende Empfehlung der Ständigen Impfkommission STIKO gibt, so dass die Voraussetzungen für das Impfen von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen zwölf und 16 Jahren erfüllt sind, berichtet der BVKJ.
Beratung für Eltern vor möglicher Impfung
Natürlich solle das Impfangebot ausschließlich freiwillig wahrgenommen werden und vorher müsse eine Beratung der Eltern erfolgen. Wenn diese keine Probleme sehen, können sie eine Entscheidung für eine Impfung treffen, bei Zweifeln könne die Impfung des Nachwuchses jedoch auch einfach abgelehnt werden, so die Fachleute.
Impfung besonders wichtig für chronisch kranke Kinder
„Die ab dem Sommer voraussichtlich möglich werdenden Impfungen für Jugendliche zwischen zwölf und 16 Jahren sind ein wichtiger Schritt, um auch diese Altersgruppe – und hier vor allem chronisch kranke Kinder – vor COVID-19 und seinen Folgen, etwa Long Covid, zu schützen. Gleichzeitig werden wir mit den Impfungen dieser Altersgruppe zur Herdenimmunität der gesamten Bevölkerung und zu Lockerungen der derzeitigen Pandemiebeschränkungen beitragen“, erklärt der Fachmann Dr. Thomas Fischbach.
Die Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte spielen nach Ansicht des BVKJ eine entscheidende Rolle dabei, dass eine mögliche Impfkampagne zuerst bei Jugendlichen und dann später bei Kindern optimal abläuft. Denn sie haben ein besonderes Vertrauensverhältnis zu ihren Patientinnen und Patienten und zusätzlich haben sie Kenntnisse ihrer medizinischen Vorgeschichte. Impfen und die dazugehörige Beratung sei eine der Kernkompetenzen von Kinder- und Jugendärztinnen und bzw. -ärzten. Impfungen in Impfzentren oder in Schulen wären nach Ansicht der Fachleute in der Lage, bei dieser Aufgabe Unterstützung zu leisten.
Für die Zukunft ist es daher laut BVKJ wichtig, dass entscheidungstragende Personen der Politik niedergelassene Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte bei der Erarbeitung eines Konzepts für Impfungen gegen COVID-19 bei Kindern und Jugendlichen miteinbeziehen. „Nur mit den Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten kann die Impfkampagne ein Erfolg werden“, fügt Dr. Fischbach in einer Pressemitteilung des BVKJ e.V. hinzu.
Argumente gegen Impfung von Kindern
Es gibt aber auch Fachleute, beispielsweise von der Emory University und der Pennsylvania State University, welche sich gegen eine Impfung von Kindern und Jugendlichen aussprechen. Dafür nennen sie drei Hauptgründen: Ein begrenzt nutzender Schutz in Altersgruppen, in denen es nur zu leichten Erkrankungen kommt. Zweitens begrenzte Auswirkungen auf die Übertragung aufgrund des Spektrums an Antigentypen und der nachlassenden impfstoffinduzierten Immunität. Und zuletzt die Möglichkeit unbeabsichtigter Folgen im Zusammenhang mit Unterschieden in der impfstoffinduzierten und infektionsinduzierten Immunität, so die Forschenden aus den USA.
Schweregrad von Erkrankung bei Kindern sehr gering
Die amerikanischen Fachleute erklären hierzu weiter, dass der Schweregrad von COVID-19 bei Kindern unter zwölf Jahren ähnlich wie bei Influenza ausfällt. Angesichts der knappen Imfpstoffe und der hohen entstehenden Kosten dürfe die Impfung von Kindern daher keine Priorität sein. Sollte eine Variante auftauchen, welche schwere Erkrankungen bei Kindern verursacht (wie das Middle East Respiratory Syndrome), würde die Impfung von Kindern zur Priorität.
Geringere Infektion und Übertragung durch Kinder?
Kinder und Jugendliche im Schulalter haben häufig mehr soziale Kontakte, als dies bei älteren Menschen der Fall ist. Daher könne die Impfung von Kindern zu einer reduzierten Verbreitung des Erregers beitragen, was ältere und anfälligere Erwachsene vor einer Exposition schützen könnte, räumen die Forschenden ein. Allerdings scheinen Kinder sowohl für eine Infektion als auch für die Übertragung von SARS-CoV-2 weniger anfällig zu sein als Erwachsene. Dies habe sich beispielsweise bereits in Ländern wie Norwegen gezeigt, wo die Übertragungsraten niedrig blieben, trotz geöffneter Grundschulen.
Bringt Impfung von Kindern einen zu geringen Nutzen?
Die bereits genannten Punkte deutet nach Ansicht der Forschenden darauf hin, dass kleine Kinder nur eine begrenzte Rolle bei der Aufrechterhaltung von Übertragungsketten spielen und die Impfung von Kindern wahrscheinlich nur von geringem Nutzen für die Reduzierung des Risikos für andere Menschen ist.
Häufigere saisonale Epidemien dank Impfung?
Abhängig von der relativen Dauer der durch Impfstoffe und Infektion induzierten Immunität und der Geschwindigkeit der viralen Antigenveränderung könnte die Impfung von Kindern außerdem die Häufigkeit großer saisonaler Epidemien erhöhen, erläutern die Forschenden. Dies würde zu einem allgemeinen Anstieg der virusbedingten Morbidität und Mortalität beitragen, schreiben die Fachleute in dem englischsprachigen Fachblatt „BMJ“.
Impfung im Kindesalter nicht notwendig
Sollte die Infektion im Kindesalter (und die Re-Exposition bei Erwachsenen) weiterhin typischerweise mild verlaufen, werde eine Impfung im Kindesalter nicht notwendig sein, um die Pandemie aufzuhalten. Der marginale Nutzen sollte daher im Zusammenhang mit den lokalen Gesundheitsressourcen, einer gerechten Verteilung der Impfstoffe weltweit und einem differenzierteren Verständnis der Unterschiede zwischen Impfstoff und infektionsinduzierter Immunität betrachtet werden, fügen die Forschenden aus den USA hinzu.
Zirkulation von SARS-CoV-2 wünschenswert?
Sobald die meisten Erwachsenen geimpft sind, könnte nach Ansicht der Forschungsgruppe die Zirkulation von SARS-CoV-2 sogar wünschenswert sein, da sie wahrscheinlich zu einer Primärinfektion im frühen Lebensalter führt, die vorteilhaft bei späteren erneuten Infektionen wäre. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte: Kinder- und Jugendärzte für baldige Impfungen von Jugendlichen ab 12 Jahren bereit (veröffentlicht 12.05.2021)
- Jennie S Lavine, Ottar Bjornstad, Rustom Antia: Vaccinating children against SARS-CoV-2, in BMJ (veröffentlicht 13.05.2021), BMJ
Wichtiger Hinweis:
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