SARS-CoV-2-Variante Omikron weicht Antikörpern aus
Wie auch in anderen Ländern steigen die registrierten Omikron-Fälle in Deutschland rasch an. Noch sind die Daten zur neuen Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 rar. Aber wissenschaftliche Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass diese Virus-Variante den Immunschutz durch Impfungen umgehen kann. Und laut einer neuen Studie ist Omikron weitgehend resistent gegen aktuelle Antikörper.
Wie das Deutsche Primatenzentrum GmbH (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in einer aktuellen Mitteilung berichtet, zeigen Zellstudien, dass die SARS-CoV-2-Variante Omikron Antikörpern ausweicht, die nach Infektion und Impfung gebildet wurden, und gegen mehrere therapeutische Antikörper resistent ist.
Antikörper von Genesenen hemmen Omikron kaum
Die Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 verbreitet sich mit besorgniserregender Geschwindigkeit. Sie könnte schon bald die derzeit weltweit dominierende Delta-Variante ablösen. Es ist jedoch nur wenig dazu bekannt, ob die gegenwärtig verfügbaren Impfstoffe und Medikamente gegen die Omikron-Variante wirksam sein werden.
Um die Wirksamkeit der Impfungen und therapeutischen Antikörpern einzuschätzen, hat ein Forschungsteam um Stefan Pöhlmann und Markus Hoffmann vom DPZ in Göttingen sowie Forschenden an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen, der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg sowie des Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig untersucht, wie effizient die Omikron-Variante durch Antikörper von Genesenen und Geimpften neutralisiert wird.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass Antikörper von Genesenen die Omikron-Variante kaum hemmen. Die Studienergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Cell“ (Cell, PDF) veröffentlicht. Eine Hemmung durch T-Zellen, die sich nach der Infektion bilden, ist laut den Fachleuten noch zu untersuchen.
Auch die nach zweifacher Impfung mit dem Präparat von BioNTech-Pfizer gebildeten Antikörper wiesen gegen die Omikron-Variante eine deutlich geringere Wirksamkeit als gegen die Delta-Variante auf. Den Angaben zufolge wurde eine bessere Hemmung nach dreifacher BioNTech-Pfizer-Impfung ebenso wie nach Kreuzimpfung mit Oxford-AstraZeneca und BioNTech-Pfizer beobachtet.
Außerdem konnten die Forschenden zeigen, dass die meisten der in der Studie untersuchten therapeutischen Antikörper, die für die Behandlung von COVID-19 eingesetzt werden, nicht gegen die Omikron-Variante wirksam sind. Die Ergebnisse deuten aber auch darauf hin, dass eine dritte Immunisierung mit dem BioNTech-Pfizer Impfstoff (Booster) sowie eine Kreuzimmunisierung mit Oxford-AstraZeneca und BioNTech-Pfizer gut gegen die Omikron-Variante schützen könnten.
Die meisten gegenwärtig verfügbaren Antikörper wirkungslos
Eine Infektion mit SARS-CoV-2 und Impfungen führen zur Bildung von Antikörpern, die wesentlich zum Schutz vor einer schweren Erkrankung beitragen. Außerdem werden Kombinationen von Antikörpern, die biotechnologisch hergestellt werden, für die Behandlung von COVID-19 eingesetzt.
Das Spike-Protein des Coronavirus vermittelt den Eintritt des Erregers in Zellen und stellt den zentralen Angriffspunkt für Antikörper dar, die das Virus hemmen (neutralisieren). Deshalb ist es wichtig herauszufinden, ob das Omikron-Spike von Antikörpern gehemmt wird, die nach Impfung oder Infektion gebildet werden oder gegenwärtig für die COVID-19-Therapie eingesetzt werden.
Diese Fragen haben die Forscherinnen und Forscher mit Hilfe von ungefährlichen Virus-ähnlichen Partikeln untersucht, die das Omikron-Spike tragen und für die Analyse des Virus-Eintritts und seiner Hemmung gut geeignet sind.
Derzeit werden oft Kombinationen aus den Antikörpern Casirivimab und Imdevimab sowie aus Etesevimab und Bamlanivimab für die Behandlung von COVID-19 eingesetzt. Die Tests des DPZ-Teams zeigten aber, dass diese Antikörper gegen das Omikron-Spike weitgehend wirkungslos sind. Nur ein Antikörper, Sotrovimab, hemmte das Omikron-Spike.
„Unsere Zellkulturstudien legen nahe, dass die meisten gegenwärtig für die COVID-19-Therapie verfügbaren Antikörper gegen Omikron wirkungslos sein werden. Sotrovimab ist eine Ausnahme und könnte ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Omikron infizierten Patientinnen und Patienten werden“, erläutert der Erstautor der Studie, Markus Hoffmann.
Anpassung der Therapien und der Impfstoffe
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben weiterhin untersucht, ob Erkrankte, die sich während der ersten Corona-Welle in Deutschland infizierten, Antikörper aufweisen, die vor der Omikron-Variante schützen. Die Antikörper hemmten zwar das Spike des Virus, das für die erste Welle verantwortlich war, hatten aber kaum Wirkung gegen das Omikron-Spike.
Daher ist davon auszugehen, dass diese Personen keinen robusten Immunschutz gegen die Omikron-Variante aufweisen, wobei eine Hemmung durch T-Zellen, die auch während der Infektion gebildet werden, noch analysiert werden muss.
Auch Antikörper, die nach zweimaliger Immunisierung mit dem Vakzin von BioNTech-Pfizer gebildet wurden, hemmten das Omikron-Spike deutlich schlechter als die Spike-Proteine anderer Varianten. Eine bessere Schutzwirkung wurde nach dreimaliger Immunisierung mit BioNTech-Pfizer sowie nach Kreuzimpfung mit Oxford-AstraZeneca/BioNTech-Pfizer beobachtet.
Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass die zweifache Immunisierung mit BioNTech-Pfizer möglicherweise nicht so gut vor der Omikron-Variante schützt wie vor der Delta-Variante. Die dreifache Immunisierung mit BioNTech-Pfizer sowie die Kreuzimpfung mit Oxford-AstraZeneca/BioNTech-Pfizer könnten dagegen einen stärkeren Schutz aufbauen.
„Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Antikörpertherapien für COVID-19 an die Omikron-Variante angepasst werden müssen. Auch eine Anpassung des BioNTech-Pfizer Impfstoffes sollte erwogen werden. Eine dreifache Immunisierung mit BioNTech-Pfizer (Booster) sowie die Kreuzimpfung mit Oxford-AstraZeneca/BioNTech-Pfizer könnten dagegen Schutz vor der Omikron-Variante bieten“, so Pöhlmann. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung: Omikron-Variante weitgehend resistent gegen aktuelle Antikörper, (Abruf: 29.12.2021), Deutsches Primatenzentrum GmbH - Leibniz-Institut für Primatenforschung
- Hoffmann, M., Krüger, N., Schulz, S., Cossmann, A., Rocha, C., Kempf, A., Nehlmeier, I., Graichen, L., Moldenhauer, A.-S., Winkler, M.S., Lier, M., Dopfer-Jablonka, A., Jäck, H.-M., Behrens, G.M.N., Pöhlmann, S.: The Omicron variant is highly resistant against antibody-mediated neutralization – implications for control of the COVID-19 pandemic; in: Cell (PDF), (veröffentlicht: 23.12.2021), Cell
Wichtiger Hinweis:
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