Post-COVID: Neue Erkenntnisse zu Risikofaktoren
Eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann sowohl nach einem schweren als auch nach einem milden Verlauf von COVID-19 oder auch nach unbemerkter Infektion längerfristige gesundheitliche Folgen haben. Forschende haben nun neue Erkenntnisse zu den Risikofaktoren für diese Langzeitfolgen gewonnen.
Noch Wochen und Monate nach einer COVID-19-Erkrankung können gesundheitliche Langzeitfolgen bestehen. Von einem „Post-COVID-19-Syndrom“ist die Rede, wenn jenseits von zwölf Wochen nicht anderweitig erklärbare Symptome oder Gesundheitsstörungen bestehen oder neu auftreten, erklärt das Bundesgesundheitsministerium auf dem Portal „Zusammen gegen Corona“. Nun gibt es dazu neue Erkenntnisse.
- Viele Menschen, die mit SARS-CoV-2 infiziert waren, leiden auch noch Monate nach durchgestandener Infektion an anhaltenden Beschwerden.
- Forschende berichten nun, wie häufig diese Langzeitfolgen, auch Post-COVID-Syndrom genannt, auftreten.
- Zudem haben sie mögliche Risikofaktoren des Krankheitsbildes identifiziert.
Erforschung des Krankheitsbildes
Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Erschöpfung: Selbst nach einer durchgestandenen SARS-CoV-2-Infektion leiden einige Patientinnen und Patienten noch Monate später unter einer Vielzahl an Beschwerden. Diese Symptome beschreiben das sogenannte „Post-COVID-Syndrom“.
Um das Krankheitsbild zu erforschen, haben das Institut für Allgemeinmedizin und Interprofessionelle Versorgung und das Institut für klinische Epidemiologie am Universitätsklinikum Tübingen jetzt gemeinsam eine Studie durchgeführt.
Laut einer Mitteilung führten die Forscherinnen und Forscher gemeinsam mit den Gesundheitsämtern der Landkreise Reutlingen, Tübingen und dem Enzkreis im Rahmen der Studie eine Befragung unter allen Erwachsenen mit positivem PCR-Test durch.
An der Befragung haben sich insgesamt 1.907 Personen beteiligt. Durch den bevölkerungsbasierten Forschungsansatz war es möglich, vor allem Betroffene zu befragen, die während der Akutphase ihrer Infektion mit dem Coronavirus ambulant beziehungsweise zuhause behandelt werden konnten.
Den Angaben zufolge machte diese Personengruppe 87 Prozent der Studienteilnehmenden aus. Bereits vorliegende Studien, in denen häufig nur die Patientinnen und Patienten befragt wurden, die aufgrund eines schweren Krankheitsverlaufs behandelt werden mussten, können somit ergänzt werden.
Die aktuellen Ergebnisse wurden im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht.
Hälfte der ambulant behandelten Erkrankten betroffen
Das Team um Instituts- und Studienleiterin Prof. Dr. Stefanie Joos stellte fest, dass 46 Prozent der ambulant behandelten Patientinnen und Patienten auch 12 Wochen nach der Infektion weiterhin unter Beschwerden leiden.
Wesentlich häufiger, mit 73 Prozent, berichteten Patienten und Patientinnen, die während der akuten Erkrankungsphase ihrer Infektion schwer an COVID-19 erkrankt waren und im Krankenhaus behandelt werden mussten, über Langzeitsymptome.
Als häufigste Symptome beider Gruppen identifizierte das Forschungsteam Müdigkeit, körperliche Erschöpfung, Konzentrationsstörungen sowie Geschmacks- und Geruchsverlust. Das Risiko, nach einer Infektion Post-COVID zu entwickeln, war laut den Fachleuten bei Frauen 1,8-fach erhöht.
Ebenso zeigte sich das Gesamtmaß an Begleiterkrankungen als weiteren Risikofaktor: je mehr Vorerkrankungen, unter denen Betroffene schon vor ihrer Infektion litten, desto öfter traten Post-COVID-Beschwerden auf. Die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Post-COVID-Betroffenen war im Vergleich zu Erkrankten ohne Langzeitsymptome deutlich reduziert.
Anhaltende Beschwerden nach Virusinfektionen
„Dass es nach manchen Virusinfektionen zu anhaltenden Beschwerden kommen kann, ist nicht neu“, sagt Studienkoordinator Dr. med. Christian Förster. „Trotzdem hat es uns überrascht, dass so viele Betroffene nach dieser Zeit über so gravierende Symptome berichteten.“
Aus anderen Studien ist aber bekannt, dass Betroffene mit Symptomen sich eher an Befragungsstudien beteiligen als beschwerdefreie Betroffene. Aus diesem Grund, so vermuten die Forschenden, dürfte die tatsächliche Zahl an Betroffenen geringer sein.
Zudem muss berücksichtigt werden, dass kein Vergleich mit einer SARS-CoV-2-negativen Kontrollgruppe durchgeführt werden konnte. Ob die berichteten Beschwerden tatsächlich alle auf COVID-19 zurückzuführen sind, muss deswegen in weiteren Studien geprüft werden.
Die Forschungsgruppe hofft, mit dieser Arbeit einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis dieser vielfältigen Erkrankung leisten zu können.
Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, Risikopatientinnen und -patienten zu identifizieren und diese gezielt einem gestuften Versorgungskonzept, eingebettet in lokale Versorgungsnetzwerke mit Hausärztinnen beziehungsweise Hausärzten als ersten Ansprechpartner, zuzuführen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Tübingen: Post-COVID: Neue bevölkerungsbasierte Studie gibt Aufschluss zu Häufigkeit und Risikofaktoren, (Abruf: 20.03.2022), Universitätsklinikum Tübingen
- Förster, Christian; Colombo, Miriam Giovanna; Wetzel, Anna-Jasmin; Martus, Peter; Joos, Stefanie: Persistierende Symptome nach COVID-19; in: Deutsches Ärzteblatt, (Abruf: 20.03.2022), Deutsches Ärzteblatt
- Bundesministerium für Gesundheit: Long-COVID und Post-COVID: Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung, (Abruf: 20.03.2022), Zusammen gegen Corona
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.