COVID-19: Neuer Behandlungsansatz entdeckt
Die meisten Menschen wünschen sich ein schnellstmögliches Ende der Corona-Pandemie. Daher ist es neben präventiven Maßnahmen, wie Impfkampagnen und Kontaktreduzierungen, ebenso wichtig, möglichst schnell wirksame Therapien und Medikamente gegen die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöste Krankheit COVID-19 zu entwickeln. Forschende aus Deutschland sind hier nun einen Schritt weiter gekommen.
Bereits seit Pandemiebeginn wird mit hohem Tempo an Therapieoptionen gegen COVID-19 geforscht. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz haben jetzt einen neuen Ansatz zur medikamentösen Behandlung von SARS-CoV-2-Infektionen entdeckt.
Gerinnungsstörungen verhindern
Laut einer aktuellen Mitteilung konnten die Forschenden zeigen, dass das gerinnungshemmende Protein rNAPc2 (recombinant Nematode Anticoagulant Protein c2) eine vielversprechende Behandlungsoption bei schweren COVID-19-Verläufen darstellt.
Den Angaben zufolge wirkt der Wirkstoff direkt auf die Blutgerinnung und hat das Potenzial, Gerinnungsstörungen und damit einhergehende Entzündungen bei SARS-CoV-2-Infektionen zu verhindern. Diese scheinen eine zentrale Rolle für die Prognose von COVID-19-Patientinnen und -Patienten zu spielen.
Ausgehend von den Forschungsergebnissen zu rNAPc2 hat die Universitätsmedizin Mainz nun eine Patentübertragungsvereinbarung mit dem Wirkstoffinhaber ARCA biopharma abgeschlossen.
Erfolgversprechende Behandlungsmöglichkeit
„Die Forschung zum Einsatz von rNAPc2 bei COVID-19 zeigt einmal mehr, dass die Universitätsmedizin Mainz Keimzelle für wegweisende wissenschaftliche Erkenntnisse ist“, sagt Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann, Wissenschaftlicher Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz.
„Neben den Grundlagen für den COVID-19-Impfstoff von BioNTech wurde in Mainz jetzt auch die Basis für eine neue, erfolgversprechende medikamentöse Behandlungsmöglichkeit geschaffen“, so der Experte.
Wirkmechanismus unterscheidet sich
„Bereits zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie hat es Hinweise auf ein deutlich erhöhtes Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln vor allem bei Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen gegeben“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Wolfram Ruf, Wissenschaftlicher Direktor des Centrums für Thrombose und Hämostase (CTH) der Universitätsmedizin Mainz, der die Untersuchungen an der Universitätsmedizin Mainz geleitet hat.
Wie in der Mitteilung erklärt wird, beruhe die häufige Thrombosebildung bei den Betroffenen auf einer erhöhten Gerinnungsfähigkeit des Blutes. Diese sogenannte Hyperkoagulation werde auf eine entzündliche Reaktion (Inflammation) im Zuge der Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 zurückgeführt.
„Die thrombo-inflammatorischen Prozesse bei COVID-19 waren Ausgangspunkt für unsere Forschung mit dem Wirkstoff rNAPc2“, so Ruf.
Laut dem Forschungsteam greift rNAPc2 direkt in die frühen Prozesse der Blutgerinnung ein, indem es den sogenannten Tissue Factor (Gewebefaktor) hemmt. Beim Tissue Factor handelt es sich um ein Protein, welches die Blutgerinnung aktiviert und eine zentrale Rolle bei der Entzündungsreaktion im Rahmen von Virusinfektionen sowie bei der Virusverbreitung spielt.
Der Wirkmechanismus von rNAPc2 unterscheidet sich damit grundlegend von der Wirkweise des bisher zur Thromboseprophylaxe bei COVID-19-Erkrankten eingesetzten Gerinnungshemmers Heparin.
Heparin stimuliert als sogenanntes indirektes Antikoagulans die Wirkung des körpereigenen, gerinnungshemmenden Proteins Antithrombin und hemmt damit die späteren Phasen der Blutgerinnung.
Gerinnungshemmende Wirkung
Den Angaben zufolge weisen frühere klinische und präklinische Untersuchungen, unter anderem für den Einsatz bei der Ebola-Infektion, darauf hin, dass rNAPc2 neben der gerinnungshemmenden Wirkung auch über entzündungshemmende und antivirale Eigenschaften verfügt.
Seit Dezember 2020 wird der Wirkstoff in einer internationalen, multizentrischen klinischen Phase 2b-Studie von dem US-Biotechunternehmen ARCA biopharma bei stationär behandelten COVID-19-Patientinnen und -Patienten mit erhöhten Blutgerinnungswerten untersucht.
Es soll dabei herausgefunden werden, ob durch eine Behandlung mit rNAPc2 Thrombosen besser verhindert werden können als durch die Standardtherapie mit dem Gerinnungshemmer Heparin.
„Basierend auf unseren Forschungsergebnissen erhoffen wir uns durch die Therapie mit rNAPc2 nicht nur eine bessere Verhinderung der Thrombosen bei COVID-19-Patienten, sondern auch eine verbesserte Unterdrückung der mit der Gerinnungsaktivierung einhergehenden Entzündungsreaktion“, so Ruf.
Sollte sich rNAPc2 in den klinischen Studien bei COVID-19 als erfolgreich erweisen, könnte dies eine Anwendung bei weiteren thrombo-inflammatorischen Erkrankungen ermöglichen. Dazu zählt unter anderem das sogenannte Antiphospholipid-Syndrom (APS), eine schwerwiegende Komplikation, die bei Autoimmunerkrankungen wie dem systemischen Lupus erythematodes auftreten kann. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz: Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz entdecken neuen Therapieansatz für COVID-19, (Abruf: 12.07.2021), Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
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