Blutungen und Blutgerinnsel nach COVID-19 Erkrankung
COVID-19 erhöht auch noch Monate nach der Erkrankung das Risiko für gefährliche Blutgerinnsel im Bein und in der Lunge. Außerdem erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit für innere Blutungen für einen Zeitraum von bis zu zwei Monaten. Diese Erkenntnis könnte einen erheblichen Einfluss auf diagnostische und prophylaktische Strategien gegen venöse Thromboembolien nach COVID-19 haben.
In einer neuen Untersuchung unter Beteiligung der Umeå University in Schweden wurde festgestellt, dass COVID-19 ein wichtiger Risikofaktor für tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen ist. Die Ergebnisse wurden in dem englischsprachigen Fachblatt „BMJ“ präsentiert.
Blutgerinnsel durch COVID-19
Laut dem Team war bereits bekannt, dass COVID-19 das Risiko für schwere Blutgerinnsel erhöht. Blutgerinnsel können gefährlichen Komplikationen, wie beispielsweise Thrombosen oder Schlaganfälle begünstigen. Unklar ist dagegen, wie lange dieses Risiko erhöht bleibt, ob sich das Risiko im Laufe der Pandemiewellen verändert hat und ob COVID-19 auch das Risiko schwerer Blutungen erhöht.
Um diese Fragen zu beantworten, untersuchte das Team das auftretende Risiko für tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen nach einer Erkrankung durch COVID-19.
Dafür verwendeten die Forschenden nationaler Register in Schweden, mit dessen Hilfe sie mehr als eine Million Menschen identifizierten, welche zwischen dem 1. Februar 2020 und dem 25. Mai 2021 eine bestätigten SARS-CoV-2-Infektion hatten.
Diese Personen wurden dann mit mehr als vier Millionen Menschen verglichen, welche kein positives SARS-CoV-2-Testergebnis hatten. Dabei wurden Alter, Geschlecht und Wohnort berücksichtigt.
Auftreten von Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen
Nach diesem Vorgang wurden von den Fachleuten zwei unterschiedliche Analysen durchgeführt. Die eine befasste sich mit den Raten von tiefen Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen bei an COVID-19 erkrankten Menschen während eines Kontrollzeitraums. Dieser umfasste sowohl die Zeit vor, als auch 180 Tage nach der Diagnose.
In ihrer zweiten Analyse berechneten die Forschende zusätzlich die Raten von tiefen Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen im Zeitraum von einem bis 30 Tagen nach der Diagnose von COVID-19. Diese Daten wurden dann mit den entsprechenden Raten in der Kontrollgruppe verglichen.
Risiko für Venenthrombose bis zu 90 Tage stark erhöht
Die Analysen ergaben, dass nach COVID-19 das Risiko für eine tiefe Venenthrombose 90 Tage lang deutlich erhöht ausfällt. Außerdem war das Risiko für eine Lungenembolie bis zu 180 Tage nach COVID-19 deutlich erhöht und die Wahrscheinlichkeit, innere Blutungen zu entwickeln, fiel bis zu 60 Tage nach Erkrankung ebenfalls deutlich höher aus.
Fünffach höheres Risiko für Venenthrombosen
Das Team errechnete nach der Berücksichtigung von verschiedenen potenziell einflussreichen Faktoren, dass in den ersten 30 Tagen nach der Infektion ein fünffach erhöhtes Risiko für tiefe Venenthrombosen bei Betroffenen vorliegt.
33-fach erhöhtes Risiko für Lungenembolien
Die Fachleute fügen hinzu, dass das Risiko für Lungenembolien 30 Tage nach der Infektion mit COVID-19 33-fach erhöht ausfalle und in diesem Zeitraum auch ein deutlich erhöhtes Risiko für innere Blutungen vorliege.
Die Ergebnisse zeigen auch ein höheres Risiko der genannten Ereignisse bei Erkrankten mit Grunderkrankungen (Komorbiditäten), mit schwererem COVID-19-Verlauf und Erkrankungen während der ersten Pandemiewelle im Vergleich zur zweiten und dritten Welle.
Den Forschenden zufolge unterstützen diese Ergebnisse Maßnahmen zur Verhinderung thrombotischer Ereignisse (Thromboprophylaxe), insbesondere bei Menschen mit einem hohen Risiko, und unterstreichen die Bedeutung der Impfung gegen COVID-19.
Leichte COVID-19-Erkrankung erhöht Risiko für Blutgerinnsel
Selbst leichte Erkrankungen an COVID-19 scheinen das Risiko für tiefe Venenthrombosen und Lungenembolien zu erhöhen, berichtet das Team.
Es wurde bei leichten Erkrankungen allerdings kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Blutungen identifiziert, obwohl bei schweren Verläufen von COVID-19 ein deutlicher Anstieg beobachtet werden konnte.
Die Forschenden räumen ein, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, daher können mögliche Ursachen nicht festgestellt werden. Zudem habe es noch einige weitere Einschränkungen gegeben, welche Einfluss auf die Ergebnisse gehabt haben könnten.
Ergebnisse waren konsistent
Trotzdem waren die erzielten Ergebnisse auch nach weiteren Analysen weitgehend konsistent und stehen im Einklang mit ähnlichen Studien über den Zusammenhang zwischen COVID-19 und thromboembolischen Ereignissen, berichtet das Team.
Laut den Ergebnissen stellt COVID-19 also einen unabhängigen Risikofaktor für tiefe Venenthrombosen, Lungenembolien und Blutungen dar, welcher das Risiko für diese Ereignisse drei, sechs und zwei Monate nach einer Erkrankung an COVID-19 erhöht.
„Unsere Ergebnisse sprechen für eine Thromboseprophylaxe zur Vermeidung thrombotischer Ereignisse, insbesondere bei Hochrisikopatienten, und unterstreichen die Bedeutung der Impfung gegen COVID-19“, schlussfolgern die Fachleute in einer Pressemitteilung.
Komplikationen durch COVID-19 keinesfalls unterschätzen
Auch wenn mittlerweile viele Beschränkungen im Bezug auf COVID-19 aufgehoben werden, zeigen die Studienergebnisse, dass weiterhin Wachsamkeit gegenüber Komplikationen selbst bei leichten COVID-19-Verläufen angebracht ist – was Thromboembolien miteinbezieht. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Ioannis Katsoularis, Osvaldo Fonseca-Rodríguez, Paddy Farrington, Erling Häggström Lundevaller, Krister Lindmark, Anne-Marie Fors Connolly: Risks of deep vein thrombosis, pulmonary embolism, and bleeding after covid-19: nationwide self-controlled cases series and matched cohort study; in: BMJ (veröffentlicht 06.04.2022), BMJ
- BMJ: Study finds increased risk of serious blood clots up to six months after covid-19 (veröffentlicht 06.04.2022), BMJ
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.